- Christoph Winkler
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Christoph Winkler (* 1967 in Torgau) ist ein deutscher Choreograf. Seit 1998 erarbeitete er als freischaffender Künstler in Berlin mehr als 20 Tanzstücke.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Aufgewachsen in der DDR, war Christoph Winkler als Jugendlicher mehrfacher Spartakiadesieger in Gewichtheben und Judo. Später absolvierte er eine Ausbildung an der Staatlichen Ballettschule Berlin. Es folgten Auftritte als Tänzer in MTV-Videoproduktionen und Performances in Technoclubs der Berliner Underground-Szene in den 90er Jahren. Anschließend studierte Christoph Winkler Choreografie an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. 1998 begann er, als freier Choreograf zu arbeiten. Außerdem betreibt er ein Independent-Plattenlabel für elektronische Musik.
Wichtige Stationen
- 1999 Tanzfabrik Berlin: Artist in Residence
- 2002 Tanzplattform Deutschland: FAQ und The Wandering Problem
- 2002 Tanznacht Berlin: Jerusalem
- 2002 Rencontres Chorégraphiques Internationales de Seine-Saint-Denis: Jerusalem
- 2003 Residenz in Nancy: Erarbeitung von Hinter den Linien in einer Koproduktion mit CCN/Ballet de Lorraine
- 2003 ImPulsTanz Wien: Lebenslang, getanzt von Bettina Thiel und Margaret Illmann
- 2004 Tanzplattform Deutschland: Fatal Attractions
- 2004 Dance Celebration, Lyon: Homo Sacer (Live-Übertragung von ARTE)
- 2007 Gründung der Agentur Berlin GoGos - eine Agentur für professionelles Gogo-Dancing
- 2009 Choreografie für Toronto Dance Theatre
- 2010 Projekt Intradance in Kooperation mit IOD Compagnie St. Petersburg
Winkler über seine Arbeit
„Grundlegende Prämisse meiner Arbeit ist es einen Standpunkt innerhalb von Tanz einzunehmen und so zu versuchen zum Wesenhaften dieser Ausdrucksform vorzustoßen, vielleicht sie dabei zu erweitern. Dazu ist es mir wichtig, Tanz als Multitude von Bewegung zu denken und die Vielfalt der sich daraus ergebenden strukturellen Fragen zu akzeptieren.“
– Christoph Winkler
„Vielleicht geht es um die Frage der Schaffung einer choreografischen Sprache in ihrer Nichtkommunizierbarkeit. Der Körper wird als ein Punkt des Verschwindens identifiziert, der Kampf hat lange zuvor stattgefunden, und die Blessuren und Behinderungen sind allgegenwärtig. Das bedeutet nicht Kapitulation. Kein Körper steht für eine „Null“, was zählt, ist allein die Attitude, und es ist ganz wichtig, einen Tanz vorsichtig zu entwickeln, der die zahlreichen Verletzungen zeigt und deren Folgen beinhaltet.“
– Christoph Winkler
Stücke
- Taking Steps (2010), 3 Tänzer
- Von und mit: Luke Garwood, Martin Hansen und Christine Joy Ritter
- Ride on Time - A Second Hand Phrase (2010), Solo
- True Style (2010), 4 Tänzer
- Performance: Alice Panchenko, Artem Ignatiev, Alexander Lyubashin, Tatyana Tarabanova
- A Taste of Ra (2009), 6 Performer
- Biopics (2009), 2 Soli, 60min
- Eine Geschichte (2009), 2 Performer
- Posed (2008), 4 Tänzer, 95-115 min
- Performance: Florian Bilbao, Marie-Lydie Nokouda, Jörg Schiebe, Mirko Winkel
- Saal A (2009), Trio, 60min
- Tales of the Funky - B-Boys & Breakgirls (2007), 7 Tänzer, 110 min
- Tanz: Yasemin Celikkan, Timo Draheim, Janina Joyner, Christine Joy Ritter, Jörg Schiebe, Robert Segner, Eugene “U-gin” Boateng
- Who by Fire − Über Mimese, Ziegen und andere Sündenböcke (2006), 8 Tänzer, 70 min
- Tanz: Yael Schnell, Zufit Simon, Anna-Luise Recke, Christine Joy Ritter, Florian Bilbao, Jörg Schiebe, Peter Trabner, Howard Katz
- We Are Time (2006), 1 Tänzerin, 40 min
- Tanz: Zufit Simon (Israel)
- Charly Bagdad (2006), 1 Tänzer, 20 min
- Tanz: Florian Bilbao
- Routines (2006), 1 Tänzerin, 15min
- Tanz: Christine Joy Ritter + Instruction DVD
- Das letzte Duett (2006), 2 Tänzer, 60 min 8x8m
- Tanz: Bettina Thiel, Ingo Reulecke
- Lazarus Sign (2005), 8 Tänzer, 80min 14x10m
- Tanz: Howard Katz Fireheart, Florian Bilbao, Kristian Breitenbach, Anna Luise Recke, Yael Schnell, Zufit Simon, Tabea Tettenborn, Angelika Thiele
- Triple Bill (2004), Produktion in 3 Teilen
- Ein weißes Blatt/Bartleby Solo, 30min 9x9
- Tanz: Günther Wilhelm
- The Long Song
- Tanz: Miriam Kohler, Alexander Schröder, Florian Bilbao
- Sexualität und Wahrheit 10 Tänzer, 50min15x10;
- Tanz: Bettina Thiel, Ingo Reulecke, Raffaella Galdi, Anna Luise Recke, Christine Joy Ritter, Brit Rodemund, Yael Schnell, Zufit Simon, Angelika Thiele, Anat Vaadia
- Ein weißes Blatt/Bartleby Solo, 30min 9x9
- Homo Sacer (2004), 8 Tänzer, 60 min 14x12
- Tanz: Florian Bilbao, Matthias Hörnke, Lydia Klement, Miriam Kohler, Ricardo Angelo de Paula, Anna-Luise Recke, Yael Schnell, Günther Wilhelm
- Hinter den Linien (2003), 8 Tänzer, 70 min, 12x10
- Tanz: Florian Bilbao, Lydia Klement, Miriam Kohler, Anna Luise Recke, Ingo Reulecke, Odile Seitz
- Jerusalem (2002), 6 Tänzer , 15 min, 12x10
- Tanz: Florian Bilbao, Lydia Klement, Miriam Kohler, Javier Alemán Morillo, Odile Seitz, Peggy Ziehr
- Lebenslang (2002), 2 Tänzerinnen, 50min, 12x10
- Tanz: Margaret Illmann und Bettina Thiel
- Fatal Attractions (2002), 7 Tänzer, 60min, 14x12
- Tanz: Florian Bilbao, Sven Walter, Miriam Kohler, Anna Luise Recke,Ingo Reulecke, Odile Seitz, Peggy Ziehr
- Apparat – (für Sam) (2002), 4 Tänzerinnen, 30min, 10x10
- Tanz: Lydia Klement, Odile Seitz, Gundula Peuthert, Peggy Ziehr
- Berst (2001), 6 Tänzerinnen, 70min, 12x12
- Tanz: Lydia Klement, Anja Hempel, Kazue Ikeda, Miriam Kohler, Heini Nukari, Peggy Ziehr
- The Wandering Problem (2000), Solo 50min, 10x10
- Tanz: Ingo Reulecke
- F.A.Q. (2000), 1 Tänzerin 25min, 9x9
- Tanz: Bettina Thiel
Rezensionen
Hinter den Linien (2003) - ein Stück über Kultur und Krieg, Tanz und Militär
„Einen ungewohnten Zugang wählt auch der Berliner Choreograph Christoph Winkler, seit langer Zeit der interessanteste ImPulsTanz-Debütant. Ungewohnt deshalb, weil er jegliche oberflächliche Revuewelt vermeidet, trotzdem Geschichten und Inhalte vermitteln kann, die Tiefgang haben. Außerdem verlieht er der Ballett-Ästhetik ein neues, zeitgenössisches Gesicht. [...] Dem zeitgenössischen Tanz die Seele zurückgeben – dies ist ein wichtiger Schritt für die Zukunft.“
– Bolschoi-Magazin, Nr. 04/2003
„Doch es nimmt ein, wofür Christoph Winkler sehr allein auf der weiten Flur der deutschen Tanzlandschaft steht: wie bewegungsorientierter Tanz und das konzeptionelle Zuspitzen wichtiger Themen zusammengehen. Was uns beim Tanz gelegentlich als Wunder von Körper und Geist erscheint, offenbart hier seine Nachtseite als Sieg des in Takt gebrachten Fleisches über jede Form von Geist. Weil Winkler diesen Zusammenhang immer wieder neu entwickelt, ist sein Stück brillant zu nennen.“
– Neues Deutschland, 20. Juni 2003
„In der Nachfolge des Dreißigjährigen Krieges [...] entstand mit dem omnipotenten Weltbild des Absolutismus die Sehnsucht nach „schönem Krieg“ und zierlicher Beweglichkeit von Truppenverbänden. [...] Diesen makabren Triumph der Geometrie hat Christoph Winkler recherchiert und zum Ausgangspunkt einer ebenso tollkühnen wie stringent realisierten choreographischen Umsetzung genommen. Doch was in einfachen Schrittfiguren, Armhaltungen und Bewegungen „in Reih und Glied“ beginnt, geht in eine choreographische Schlachtenbeschreibung über. [...] Ohne irgendwelche aktualisierenden oder polemischen Kommentare, ohne Bebilderung fängt Winkler doch jene Emotion ein und stellt sie dar, jene unaufhaltsame innere Bewegtheit, die dem eigentlichen Akt der Gewalt vorausgeht.“
– Tanzjournal, 03/2003
Fatal Attractions (2002) nach Motiven aus der Tragödie Titus Andronicus von William Shakespeare
„Winklers unheimliches Experiment erschließt neue Dimensionen für einen Tanz, der klassische oder zeitgenössische Klischees nicht mehr bedienen will, ohne sich deshalb zur bloßen Bebilderung herzugeben. Es greift Shakespeares Blutrunst auf und kombiniert sie mit aktuellen Themen der Körperambivalenz.“
– FAZ, 28. Juni 2002
„Selten kann man im Tanztheater eine solche gedankliche Schärfe wie in Winklers Choreographie erleben, die mit zwei Schauspielern und fünf Tänzern den Vibrationen eines ambivalenten Körperbildes nachspürt. Seine „Fatal Attractions“ entzünden sich an der Reibung mit dem streng geometrisch gegliederten Raum, versuchen in ausgedehntem Bodenkontakt den Körper als Ganzes zu erspüren und wagen Amputationen im Bewegungsablauf als ängstlich-lustvolles Experiment. Dabei steigern sich Winklers Darsteller in fesselnde Eigenheiten hinein, allen voran Ingo Reulecke, dessen irrlichternde Luftschrauben die Welt der Schwerkraft mit einem trunkenen Fragezeichen versehen. Ein faszinierender Tanzabend, der die dunkle Lust in abstrakten Formen entdeckt.“
– Ulrich Amling: Tagesspiegel, 3. Juli 2002
The Wandering Problem (2001)
„Winkler [...] der Liebling der Berliner Tanzszene [...] findet für Zerfallserscheinungen an Leib und Bewusstsein, Körper und Verstand bisweilen quälende Tanzbilder. Verworren lasziv und raubtierhaft gespannt, dann wieder schlenkernd und erschlafft, plötzlich in überspannte Drehungen, unfaßliche Verdreher und Aufschraubungen verfallend oder abrupt erstarrend, steht ihm ein Bewegungsvokabular zu Gebote, das alles Idyllische meidet, das Abgründige dabei aber mehr zitiert als bedrohlich ausagiert.“
– FAZ 2001
„Das verschluckte Leben explodiert in einem Schrei und Gebell, von dem man wirklich froh ist, wenn es vorbei ist. Die Instrumente, mit denen C. Winkler das Vokabular der Bewegung untersucht, glichen noch nie so sehr Seziermesser. Schon oft aber hat er alles Vertraute aus den Gesten herausgestrichen und sich in unbeschriebene Gebiete gewagt.“
– die tageszeitung, 19. Januar 2001
Weblinks
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