Villa Gans (Oberursel)

Villa Gans (Oberursel)

Die Villa Gans ist ein unter Denkmalschutz stehendes ehemaliges großbürgerliches Wohnhaus in Oberursel, Königsteiner Straße 29. Sie war lange Zeit Bildungsstätte der DGB-Jugend und steht seit 2004 leer. Um den geplanten Umbau in ein Hotel gibt es seit Jahren Konflikte mit den Denkmalschutzbehörden.

Inhaltsverzeichnis

Bau

Ludwig Wilhelm Gans (* 6. August 1869 in Frankfurt am Main, 1946 in Kopenhagen) der Enkel des Cassella-Mitgründers Ludwig Aaron Gans ließ in Oberursel 1911 bis 1912 eine Chemiefabrik, das „Pharmazeutisches Institut L. W. Gans“ in Oberursel am Zimmersmühlenweg errichten. Er beauftragte den Architekten Otto Bäppler mit der Errichtung einer repräsentativen Villa außerhalb der Stadt nahe der Straße nach Königstein. 1909 und 1910 erfolgte der Bau der Villa Gans.

Der Vordertaunus war um die Jahrhundertwende bevorzugter Wohnsitz wohlhabender Frankfurter Bürger. So hatten auch weitere Mitglieder der Familie Gans Villen errichten lassen. So der Frankfurter Industrielle Adolf Gans in Königstein im Taunus, heute der Verwaltungssitz der Deutschen Rentenversicherung Hessen (siehe: Villa Gans (Königstein)). Auch Clara Gans ließ 1929 vom Architekten Peter Behrens eine Villa Gans an der Falkensteiner Straße in Kronberg im Taunus errichten (siehe Villa Gans (Kronberg)).

Ab 1928 wurde die Villa nicht mehr von der Familie Gans genutzt, die nach Frankfurt gezogen war. Auch die Fabrik stellte 1931 aufgrund der Weltwirtschaftskrise den Betrieb ein.

Schulungsstätte der DAF

Ludwig Wilhelm Gans veräußerte die Villa 1932 an die Deutsche Bank und Disconto-Gesellschaft. Diese verkaufte sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 19. September 1934 an die Deutsche Arbeitsfront (DAF). Die DAF benannte die Villa von Villa Gans in „Reichsschulungsburg Kestenhöhe“ (Gans war zwar zum Protestantismus übergetreten, galt aber in der Nationalsozialistischen Rassenideologie weiter als Jude). Die DAF nutze das Gebäude ab 20. Oktober 1935 als Schulungszentrum für ihre Funktionäre. Der Begriff Reichsschulungsburg (die Villa hat nichts burgähnliches an sich) wurde auch für eine Reihe anderer Schulungszentren der DAF und NSDAP verwendet und lehnt sich an die NS-Ordensburgen an, die ebenfalls als Schulungszentren dienten.

Bildungsstätte der DGB-Jugend

Nach dem Zweiten Weltkrieg benannte der Magistrat der Stadt Oberursel am 14. August 1945 das Haus wieder in Villa Gans um.

Das Land Hessen überschrieb die Villa Gans 1953 als Teil der Wiedergutmachung für in der Nazizeit erlittene Verluste dem DGB. 1953 bis 2004 wurde die Villa Gans als „Haus der Gewerkschaftsjugend“ genutzt.

Denkmalschutz und Hotelprojekt

Die das Wohnhaus umgebende Parkanlage wurde 1966 als flächenhaftes Naturdenkmal unter Schutz gestellt. Der Schutz bezieht sich auf die Villa mit Park und Nebengebäuden, wie Gewächshaus, Reithalle, Jägerhaus und Arbeiterwohnhaus, als Sachgesamtheit.

Nach dem Ende der der Nutzung durch die Gewerkschaftsjugend wollte der Eigentümer, die Vermögensgesellschaft der IG Metall (IGMET) die Villa Gans in ein Hotel der Kette Dorint umbauen. Vorgesehen war ein Neubau im Park und eine Sanierung der Villa. Hierzu sollte die Villa abgerissen und originalgetreu wieder aufgebaut werden. Gegen dieses Vorhaben richtete sich ein Widerspruch der Denkmalschutzbehörden. Eine Klage wegen die Nichterteilung der Baugenehmigung wies das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 28. Januar 2011 zurück.[1]

Die IGMET erklärte, keine Revision einlegen zu wollen und stellte im April 2011 einen neuen Bauantrag, der eine Entkernung der Villa, aber keinen Abriß vorsah.[2]

Theater im Park

Der Park der Villa war 1994 bis 2010 Spielort der Freilufttheaterreihe "Theater im Park".

Literatur

  • Paul Ciupke, Franz-Josef Jelich: Ein neuer Anfang: politische Jugend- und Erwachsenenbildung in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft, 1999, ISBN 3884747223
  • Angelika Baeumerth: Oberursel am Taunus, 1991, ISIN 3-7829-0404-4, Seite 264, 289

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aktenzeichen: 4 K 783/10.F, siehe auch Presseerklärung des VG
  2. "IGMENT stellt neuen Bauantrag für Hotel im Park"; in: Taunuszeitung vom 26. Juli 2011, Seite 18
50.2015418.562185

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