- Peter Behrens
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Peter Behrens (* 14. April 1868 in Hamburg; † 27. Februar 1940 in Berlin) war ein deutscher Architekt, Maler, Designer und Typograf und gilt als ein führender Vertreter des modernen Industriedesigns.
Er war ursprünglich Maler, wurde dann als Architekt vor dem Ersten Weltkrieg zum Vorreiter der sachlichen Architektur und des modernen Industrie-Designs. Er ist insbesondere bekannt als Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und durch seine umfassende gestalterische Tätigkeit für die AEG vor dem Ersten Weltkrieg. Er gilt als Prototyp des Industriedesigners und zugleich als Erfinder des Corporate Design, indem er bei der AEG vom Briefbogen über die Produkte, wie etwa elektrische Teekessel bis hin zu deren Fabrikbauten, alles in einem einheitlichen Sinne gestaltete. Besondere Bedeutung erlangte auch das von ihm geführte Architekturbüro, weil in ihm einige später berühmt gewordene Architekten gearbeitet haben, unter anderem Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier. Er war auch für die Schriftgießerei der Gebrüder Klingspor als Schriftgestalter tätig. Hier entwarf er 1901 auch die „Behrens Antiqua“ und die „Behrens-Schrift“.
Inhaltsverzeichnis
Leben
1868–1904
Der Sohn einer schleswig-holsteinischen Gutsbesitzerfamilie besuchte ab September 1877 das Christianeum in Altona, das er nach der Quarta Ostern 1882 wieder verließ. Von 1886 bis 1891 studierte er Malerei an Kunstakademien in Karlsruhe, Düsseldorf und München. Letzteres prägte Behrens besonders als damals anerkanntes Zentrum der Jugendstilbewegung. So unternahm er im Jahre 1890 eine Studienreise in die Niederlande, um sich mit den Werken der dortigen Luminaristen zu beschäftigen. 1892 wurde Behrens Mitbegründer der Münchner Secession, aus der er bald wieder austrat, um unter anderem mit Max Slevogt und Lovis Corinth die Freie Vereinigung Münchner Künstler zu gründen.
1897 war er Mitbegründer der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk. Freundschaften zu Mitgliedern des Pan-Kreises, unter ihnen Otto Erich Hartleben, gaben ihm die Möglichkeit, an deren Zeitschrift mitzuarbeiten und durch Abdruck von Holzschnitten und anderer Arbeiten bekannter zu werden.
Er wandte sich nun eher dem Kunsthandwerk zu, es entstanden Arbeiten aus Glas und Porzellan. Im Jahre 1899 (a. Q.: 1890) heiratete er Lilly Krämer. Im selben Jahr erhielt er eine Berufung an die Darmstädter Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Dort fing Behrens an, sich mit Architektur zu beschäftigen. Die Initiative zu einer solchen Künstlergemeinschaft ging auf den hessischen Großherzog Ernst Ludwig zurück, der junge Künstler aus verschiedenen Bereichen nach Darmstadt berief. Als sich die Kolonie 1901 der Öffentlichkeit mit der Ausstellung „Ein Dokument Deutscher Kunst“ vorstellte, war es vor allem das Haus Behrens, das überzeugte. Allerdings stießen sich einige Fachleute an der Tatsache, dass Behrens in Sachen Architektur ein reiner Autodidakt war.
- „Indem er jedoch zum Erstaunen der Kritiker seine erste bau- und raumkünstlerische Aufgabe mit hohem Niveau erfüllte, demonstrierte er in hervorragender Weise, daß ein Künstlertyp herangewachsen war, der ungeachtet des Spottes der reaktionären Akademiker über die sogenannten 'Malerarchitekten' wieder zu einer universellen Betätigung in allen Bereichen des Innen- und Außenbaues fähig war. Das Haus des Peter Behrens trug keineswegs den Charakter eines Erstlingswerkes.“[1]
1902 begann Behrens neben seiner Tätigkeit in Darmstadt auch Meisterkurse am Bayerischen Gewerbemuseum[2]in Nürnberg zu halten. Er sah darin die Möglichkeit, die Handwerker mit den Ideen der progressiven Künstler vertraut zu machen. 1903 verließ er Darmstadt und die Künstlerkolonie, wo er sich gegen den (akademisch ausgebildeten) Architekten Joseph Maria Olbrich nicht recht durchsetzen konnte.
Düsseldorf 1904–1907
Der Architekt Hermann Muthesius konnte 1904 durch seine Stellung als Beamter im Preußischen Handelsministerium für die Berufung einiger Künstler in wichtige Positionen sorgen. Hans Poelzig ging an die Kunstakademie Breslau, Bruno Paul an die Berliner Akademie für angewandte Kunst und Peter Behrens als Direktor an die Kunstgewerbeschule Düsseldorf.
Diese Arbeit gestaltete sich zunächst schwierig, da die Düsseldorfer Kunstszene sehr von der Kunstakademie beherrscht wurde, und die Akademiker für die künstlerische Auffassung von Behrens kein Verständnis hatten. Das änderte sich auch nicht, als dieser 1904 an der Gartenbauausstellung in Düsseldorf mit Entwürfen von Holzzäunen und Pergolen teilnahm. Karl Ernst Osthaus, der Direktor des Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe in Hagen, war in diesen Zeiten der einzige, der Behrens unterstützte. Über Osthaus kam Behrens in Verbindung zur Firma Hagener Textilindustrie Gebr. Elbers, für die er in der Folgezeit zahlreiche Entwürfe für Textilien anfertigte. In der Folgezeit richtete Behrens in Düsseldorf auch Schriftkurse ein. Zu diesem Zweck kontaktierte er 1906 über Muthesius den Briten Edward Johnston, der seit 1902 am Royal College of Art ähnliche Kurse abgehalten hatte. Behrens hatte bereits seit 1901 verschiedene Schrifttypen entwickelt, so Behrens-Fraktur, Behrens-Kursiv und Behrens-Antiqua. Mit Anna Simons zusammen entwarf er 1908 den Schriftzug „DEM DEUTSCHEN VOLKE“ am Berliner Reichstagsgebäude von Paul Wallot. Behrens hatte in Düsseldorf einen großen Kreis von Schülern, die sich später in der Vereinigung Der Ring zusammenschlossen und eine Zeitschrift gleichen Namens herausgaben. Zehn Jahre später, im Jahre 1918, erwirkte ihr Direktor Fritz Roeber die Zusammenlegung der Kunstakademie mit der Kunstgewerbeschule, da diese in der Zwischenzeit auch durch die Arbeit von Behrens äußerst erfolgreich geworden war und die Existenz der Akademie bedrohte.
Berlin 1907–1921
1907 ließ Behrens sich in Berlin als selbständiger Architekt nieder. Vorher hatte er bereits einige Aufträge zur Innen- und Außengestaltung von Gebäuden übernommen, so 1905 einen Vortragssaal des Folkwang-Museum in Hagen, der eigentlich wie der Rest des Gebäudes von Henry van de Velde hätte übernommen werden sollen.
Nachdem Peter Behrens schon vorher kleinere Entwurfsaufträge für die AEG übernommen hatte, wurde er Ende Juli 1907 zum „Künstlerischen Beirat“ der Firma berufen. Für diesen Konzern war er in den Folgejahren auf nahezu allen Disziplinen der Gestaltung tätig, von grafischen Arbeiten wie Werbeprospekten über Produktentwürfe von Haushaltsgeräten bis zu großen Fabrik- und Verwaltungsbauten. Im Rahmen dieser Tätigkeit schaffte er nicht nur die Vorentwürfe des heutigen Logos der AEG, sondern beeinflusste das gesamte Erscheinungsbild des Unternehmens.
In Berlin hatten sich bereits einige Architekten angesiedelt, die sich aber aufgrund von Konkurrenzkämpfen häufig mit Teilhabern zusammenschließen mussten, um zu überleben, so Mebes & Emmerich, Luckhardt & Anker oder Taut & Hoffmann. Auch Peter Behrens arbeitete in seinem Atelier nicht allein. Mitarbeiter waren Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Charles-Edouard Jeanneret-Gris, der sich ab 1917 Le Corbusier nannte.
Neben seiner Arbeit für die AEG war Behrens auch weiterhin als freier Gestalter tätig. Der Bau seines Privathauses in Potsdam-Babelsberg und die Entwürfe für eine Gartenstadt in Eppenhausen bei Hagen fallen in diese Zeit. Letzteres kam wiederum durch Karl Ernst Osthaus zustande. 1909 entwarf er Weinetiketten für die graphische Anstalt Wilhelm Gerstung. Behrens war auch im Deutschen Werkbund tätig, beispielsweise organisierte er 1910 die dritte Jahrestagung des Werkbundes. 1911 konnte er mit anderen die Absetzung von Hermann Muthesius als Vorsitzendem verhindern. Darüber hinaus war Behrens, als sich der Werkbund 1917 an der Bildung eines Normausschusses der Deutschen Industrie beteiligte, Mitglied eines Unterausschusses für Baunormen.
1911 entwarf Behrens den Bau der Kaiserlichen Deutschen Botschaft in Sankt Petersburg, der in Deutschland vor allem hinsichtlich seiner Monumentalität gerühmt, im Ausland aber, beispielsweise in Frankreich und Russland wegen seiner teutonischen Fassade kritisiert wurde. Drei Jahre später endete die Tätigkeit für die AEG. Im selben Jahr war Behrens Mitglied des Vorstandes der Kölner Werkbundausstellung. 1916 beteiligte er sich an dem vom Werkbund veranstalteten Wettbewerb für das Haus der Freundschaft in Istanbul.
Nach dem Ersten Weltkrieg suchte Behrens unter dem Einfluss der wirtschaftlichen Notlage nach Möglichkeiten für finanzielle Einsparungen beim Bauen. 1918 erschien seine Schrift „Vom sparsamen Bauen“, in der er sich für Typisierung und Verwendung preiswerter Materialien wie z. B. Schlackenbeton einsetzte. Diesen Beton hatte er 1917/18 bereits beim Bau von Arbeiterhäusern in Hennigsdorf eingesetzt, wo er nochmals für die Allgemeine Elektricitätsgesellschaft tätig geworden war. Bei städtebaulichen Entwürfen von Wohnsiedlungen hielt Behrens zudem eine Konzentrierung und Zusammenlegung wichtiger Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen, Kinderhorten, Ladenlokalen usw. für wichtig.
- „Peter Behrens bezeichnete die Rolle des Architekten bei den neuen ländlichen Siedlungen als die eines Koordinators, der die Wünsche des Bauherrn und des Benutzers ausgleiche und ausführe. Er wies ausdrücklich jede Absicht zurück, Geschmack von oben aufzudrängen und stimmte mit Gropius überein, daß der Architekt nur für den allgemeinen Plan zuständig sei. Alle Einzelheiten sollten zwischen Handwerkern und Bewohnern ausgearbeitet werden.“[3]
Düsseldorf/Berlin 1921–1940
1921 wurde Behrens an die Kunstakademie Düsseldorf berufen. 1922 wurde er zudem Nachfolger Otto Wagners als Leiter der Meisterschule für Architektur an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Bis 1927 war Behrens hier Direktor der Architekturabteilung. Außerdem verlieh man ihm die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Prag.
In diese Zeit fällt auch der Entwurf für ein Verwaltungsgebäude der Farbwerke Hoechst AG (1920–24) in Frankfurt-Höchst. 1925 beteiligte er sich an der Internationalen Kunstgewerbeaustellung in Paris. Ferner hielt er auf der Essener Haupttagung des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine einen Vortrag über den Industriebau als Kulturaufgabe. In diesem und in den zwei darauffolgenden Jahren fand eine große Wanderausstellung seiner Werke und der seiner Wiener Meisterschüler statt, und als Ludwig Mies van der Rohe 1927 die Leitung der Werkbundausstellung in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart übernahm, folgte auch Peter Behrens dessen Aufforderung, sich daran zu beteiligen. In 1927 erfolgte auch die Beauftragung durch die Deutsche Gasolin, Zapfsäulen und Tankstellen zu entwerfen, um dem Vorwurf der Verunstaltung der Umwelt zu entgehen.[4]
Die Spätphase seines Schaffens in den 1930er Jahren war durch die Konzentration auf städtebauliche Aufgaben gekennzeichnet. Behrens wurde besonders in Berlin tätig, wo solche Aufträge durch die rasche Entwicklung der Stadt und die Probleme des zunehmenden Massenverkehrs nötig waren. Diese Tätigkeit von Behrens umfasste u. a. die Neugestaltung des Alexanderplatzes; sie wurde auch durch den Berliner Stadtbaurat Martin Wagner angeregt. Nach dem Tode von Hans Poelzig 1936 übernahm Behrens die Leitung der Meisterschule für Architektur an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin.
Am 27. Februar 1940 starb Peter Behrens an einem Herzschlag in Berlin. Sein Grab befand sich auf dem Friedhof Wilmersdorf.
Werk
In der Anfangsphase seines Schaffens versuchte sich Behrens durch verschiedene Reisen Anregungen zu verschaffen. Neben der Hollandreise 1890 wurde er während eines Besuches der École du Petit Boulevard in Paris durch die monochrome Stimmungsmalerei der Schule der Luminaristen beeinflusst. Seine Bilder dieser Zeit sind stark impressionistisch und naturalistisch geprägt. Im Laufe der Zeit verstärkt sich die Ornamentik in seinen Bildern, auch beeinflusst durch seine Arbeit in der Münchner Secession. Die Bilder tendieren in der Folgezeit stark in Richtung des Jugendstils. Techniken sind häufig Öl auf Leinwand oder der Holzschnitt.
Letzteres leitet über zur Periode der Buchdruckkunst. Auch wenn die Erzeugnisse dieser Zeit nach wie vor von der Ornamentik des Jugendstils geprägt sind, finden sich zunehmend geometrisierende Formen. Buchverzierungen sind stark abstrahiert und flächenhaft. Auch die Schrifttypen, die Behrens später entwickelt, gehen in diese Richtung. Seine Werke während dieses Zeitabschnitts sind zwar schwer und kraftvoll, zeichnen sich aber durch eine durchaus sachliche Nüchternheit aus.
- „In dieser Zeit überwogen Flächenmuster, Vignetten und Randleisten als Buchschmuck. Durch Schwere, Kraft und Abstraktheit der Form unterschieden sich die Linien bei Peter Behrens von denen der meisten anderen Künstler, die zu einem zarten Blütenspiel neigten.“[5]
Nach der Gründung der Vereinigten Werkstätten für Kunst und Handwerk beginnt Behrens, im kunsthandwerklichen Bereich tätig zu werden. Seine Auffassung von Ornamentik verwirklicht er u. a. im Bereich der Glasmalerei und der Porzellankunst. Dies leitet über zur Ära Mathildenhöhe in Darmstadt, eine Künstlerkolonie, die sich signifikant von anderen unterschied, auch weil es in der Residenzstadt keine Kunstakademie, aber eine Technische Hochschule mit Architektur-Abteilung gab. Bei der Mathildenhöhe handelte es sich um keine unabhängige Künstlervereinigung, und die Mitglieder konnten ihren Vorstellungen nur in einem gewissen Maß freien Lauf lassen.
- „Die Künstlerkolonie in Darmstadt war kein freiwilliger, gewachsener oder freundschaftlicher Zusammenschluß von gleichgesinnten, ähnlich denkenden Künstlern. Sie war eine von einem Landesherrn einberufene Institution, die bestimmten Zielen und Zwecken dienen sollte. Ihre Gründung und ihr Werdegang ist ein Kapitel landesgeschichtlicher Kulturförderung, das Beispiel fürstlicher Kulturpolitik im wilhelminischen Deutschland.“[6]
Hier in Darmstadt kommt Behrens zum ersten Mal mit der Architektur in Berührung, für die Ausstellung Ein Document Deutscher Kunst (1901) sollen alle teilnehmenden Künstler ihre Häuser einschließlich der Innenarchitektur und der Möbel vollständig selbst entwerfen, „jedoch unter der Bedingung, bei bewußter Ablehnung jeglicher eklektizistischer Elemente ihre künstlerisch-ästhetischen Absichten selbständig und möglichst umfassend darstellen.“ (Kadatz, S. 37). Das Haus Behrens ist hier ein gutes Beispiel für die Gratwanderung des Architekten zwischen Traditionalität und möglichst geringer Ornamentik.
Nach seinem Weggang aus Darmstadt bekommt Behrens über Karl Ernst Osthaus den Auftrag für ein Krematorium in Hagen-Delstern. An diesem Bau ist vielleicht am deutlichsten die eigentlich typische Behrens-Ornamentik zu erkennen. Man sieht mäanderartige Linien in Schwarz und Weiß und stilisierte Schnecken. Behrens mag als Vorbilder florentinische Sakralbauten der Frührenaissance gehabt haben, die er auf einer Reise nach Italien gesehen hatte. Die Aneinander- und Ineinanderreihung von Kreisen und Quadraten im Krematorium in Hagen kann im übertragenen Sinne als Quadratur des Kreises bezeichnet werden.
- „Die Quadratur des Kreises gilt gemeinhin als Metapher für den Versuch, das Unmögliche möglich zu machen, als Lösung eines unlösbaren Problems schlechthin. […] Die Quadratur des Kreises ist nicht nur ein mathematisch-geometrisches Problem, sie ist zugleich ein Motto und ein Bild, das für das Werk von Behrens stehen könnte: Der Künstler löste viele der zu seiner Zeit für unlösbar gehaltenen Aufgaben in gültiger Form; er tat dies nicht nur mit dem ihm eigenen Ingenium, sondern auch mit der ihm angeborenen Gemessenheit und Noblesse, was seine Produkte unverwechselbar macht, und er setzte sich dabei schöpferisch mit den Forderungen der Zeit auseinander. So ist es kein Zufall, daß Kreis und Quadrat als elementare Formen viele seiner Schöpfungen geprägt haben und in zahlreichen Variationen in seiner Druckgrafik erscheinen.“ [7]
Die Ornamentik behält Behrens noch lange Zeit bei, allerdings wird sie im Laufe der Zeit immer großflächiger und schlichter, so beim Verwaltungsgebäude der Continental AG in Hannover 1912 oder in den Räumen, die er für die Werkbundausstellung 1914 in Köln entwirft. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges allerdings entstehen in der Folgezeit etliche Arbeitersiedlungen, die nichts mehr von den Verzierungen der Vorjahre sehen lassen. Sie sind betont einfach gehalten, auch in Anlehnung an die Theorien vom Einsparen bei Bauen.
Nach dem Krieg und in den 1920er Jahren macht Behrens erneut eine Weiterentwicklung durch. Auf der einen Seite lassen die Bauten von Behrens nun vor allem an der Fassade jegliche Struktur vermissen und fallen eher durch kompliziertere Grundrisse auf, wie sich an seinem Terrassenhaus für die Werkbundausstellung in Stuttgart-Weißenhof erkennen lässt, auf der anderen Seite sind seine Bauten, in erster Linie große Verwaltungs- oder öffentliche Gebäude, ganz im Gegenteil extrem strukturiert, so das Technische Verwaltungsgebäude der Farbwerke Hoechst AG in Höchst. Die Eingangshalle erinnert stark an den Expressionismus, und der Betrachter fühlt sich durch die Raumwirkung an Fritz Langs Metropolis erinnert. Die starke Betonung der Senkrechten ist bei diesem und anderen Bauten dieser Zeit klar erkennbar. Beim Hoechst-Bau sind die Backstein-Vertikalen dazu noch in unterschiedlichen Farben gemauert, ein eindeutiger Hinweis auf den Bauherrn.
In der Spätphase seines Schaffens tritt Behrens vor allem durch städtebauliche Entwürfe hervor, der bekannteste dürfte hier die Gestaltung des Alexanderplatzes in Berlin sein. Sie besteht aus zwei den Durchgang zum Bahnhof Alexanderplatz einschließenden Gebäuden, wovon das südöstliche in abgewinkelter Form den Platz einfassen sollte, der, von Straßenbahnlinien durchkreuzt, ein ovales Rasenstück in seiner Mitte hatte. Die Gebäude tragen die Namen „Alexanderhaus“ und „Berolinahaus“
Peter Behrens fand von Einflüssen des Jugendstils ausgehend mehr und mehr zu neuen Formen der Architektur, die mit Begriffen wie „strenge Raumgeometrie“, „Verzicht auf Schmuckformen“ umschrieben werden können und die mehr und mehr den reinen Nutzbau in den Mittelpunkt des Interesses rückten, besonders auf dem Gebiet der Industriearchitektur. Behrens gilt als der führende Industriearchitekt seiner Zeit. Auch die zunehmende Technisierung des Lebens und die Entwicklung der Massenproduktion gehören mit zum Werdegang von Peter Behrens.
Bauten
- 1900–1901: Wohnhaus Behrens auf der Mathildenhöhe in Darmstadt
- 1905–1906: Wohnhaus Obenauer in Saarbrücken
- 1905–1908: Krematorium in Hagen (Westfalen) („Eduard-Müller-Krematorium“)
- 1908–1909: Turbinenhalle der AEG in Berlin-Moabit
- 1908–1909: Wohnhaus Schröder (im Krieg zerstört) in Hagen (Westfalen)
- 1909: Alte Bahnfabrik, Dachgarten, Hochspannungsfabrik der AEG in Berlin
- 1909–1910: Katholisches Gesellenhaus in Neuss
- 1909–1910: Wohnhaus für Willi Cuno in Hagen (Westfalen) (Villa Cuno)
- 1910: Bootshaus Elektra für die als Ruderverein der Angestellten und Beamten der AEG im Jahr 1908 gegründeten Berliner Rudergesellschaft „Elektra“ in Berlin-Oberschöneweide
- 1911: Gaswerk Ost in Frankfurt am Main, Osthafen
- 1911: Werkwohnsiedlung der AEG in Hennigsdorf
- 1911–1912: Mannesmann-Haus: Verwaltungsgebäude der Mannesmannröhren-Werke AG in Düsseldorf
- 1911–1912: (Kaiserlich) Deutsche Botschaft in Sankt Petersburg
- 1911–1912: Wohnhaus für den Regierungsbaumeister C. H. Goedecke in Hagen (Westfalen)
- 1911–1912: Wohnhaus für den Archäologen und Museumsdirektor Theodor Wiegand in Berlin-Dahlem, heute Sitz des Deutschen Archäologischen Instituts
- 1912: Montagehalle für Großmaschinen, Neue Fabrik für Bahnmaterial der AEG
- 1912–1914: Verwaltungsgebäude der Gummiwerke Continental AG in Hannover (Ausbau 1919–20)
- 1913: Kleinmotorenfabrik der AEG in Berlin
- 1914–1917: Peter-Behrens-Bau (NAG-Gebäude, später WF, bis Ende 2005 Samsung) in Berlin-Oberschöneweide
- 1915: Waldsiedlung Lichtenberg in Berlin, Hegemeisterweg
- 1919–1923: Siedlung Oberschöneweide in Berlin
- 1919: Arbeiter- und Werkmeistersiedlung für die Deutsche Werft AG in Finkenwerder
- 1921–1925: Technisches Verwaltungsgebäude der Hoechst AG in Höchst (heute Frankfurt-Höchst)
- 1921–1925: Verwaltungsgebäude und Hauptlagerhaus der Gutehoffnungshütte in Oberhausen
- 1925: Grabmal für Friedrich Ebert in Heidelberg
- 1925–1926: Kolleg St. Benedikt in Salzburg
- 1927: Haus in der Weißenhofsiedlung in Stuttgart
- 1928–1929: Bahnhöfe für die GN-Linie (U-Bahn in Berlin, U-Bahnlinie U 8)
- 1928–1930: Franz-Domes-Hof, ein Gemeindebau in Wien Margareten
- 1929: Haus Kurt Lewin in Berlin- Nikolassee, Waldsängerpfad 3
- 1929–1930: Mietshausgruppe in Berlin-Westend, Bolivarallee 9
- 1929–1931: Villa Gans in Kronberg im Taunus
- 1929–1931: Synagoge in Žilina, Hurbanova 11
- 1929–1935: Tabakfabrik der Österreichischen Tabakgesellschaft in Linz (Donau)
- 1930–1932: Alexanderhaus und Berolinahaus am Alexanderplatz in Berlin
- 1931–1937: Hohenlanke bei Neustrelitz, letztes bekanntes ausgeführtes Bauwerk, geplant als sein Altersruhesitz, teilweise ausgeführt
- 1936: Wohnsiedlung Lankwitz Süd in Berlin-Lankwitz, Falkenhausenweg 47 (mit Friedrich Blume und Leo Lottermoser)
Design (Auswahl)
- 1908: Inschrift „Dem Deutschen Volke“ am Berliner Reichstagsgebäude
- diverse Produkte der AEG, z.B.:
- Bogenlampe
- Werks- und Werkstattleuchten
- Wasserkocher (Produktreihe)
- Kaffeemaschine (Perkolator)
- Werksuhr
- Voltmeter
- Ventilator
Familie
Peter Behrens war Vater von Ingenieur und Erfinder Josef Behrens, der Modezeichnerin und Modejournalistin Petra Fiedler (1898–1993) [8] und Großvater von Architekt, Stadtplaner und Designer Till Behrens.
Literatur
- Allgemeine Elektricitätsgesellschaft: 75 Jahre AEG. Festschrift anläßlich des 75jährigen Bestehens. Berlin, Frankfurt a. M. 1958.
- Kurt Asche (Hrsg.): Die Quadratur des Kreises. Peter Behrens als Architekt und Designer. Oldenburg 1990.
- Ina Bahnschulte-Friebe: Künstlerkolonie Mathildenhöhe Darmstadt 1899–1914. Darmstadt: Institut Mathildenhöhe 1999, ISBN 3-9804553-6-X
- Jutta Boehe: Jugendstil im Theater. Die Darmstädter Künstlerkolonie und Peter Behrens. Wien: Phil. Diss. 1968.
- Gerhard Bott: Darmstadt und die Mathildenhöhe. In: Gerhard Wietek: Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte. München 1976.
- Tilmann Buddensieg: Peter Behrens und die AEG. Neue Dokumente zur Baugeschichte der Fabriken am Humboldthain. Sonderdruck aus Schloß Charlottenburg. Festschrift für Margarete Kühn 1975.
- Tilmann Buddensieg: Industriekultur. Peter Behrens und die AEG. Berlin 1979.
- Joan Campbell: Der Deutsche Werkbund 1907–1934. Stuttgart 1981.
- Armin Chodzinski: Kunst und Wirtschaft. Peter Behrens, Emil Rathenau und der dm drogerie markt. Berlin 2007.
- Michael Eckhoff: 100 Jahre Hagener Krematorium - Ein früher Entwurf von Peter Behrens, kunstdialoghagenwest heft 5, Hagen 2008, ISBN 978-3-932070-98-3.
- Hans-Joachim Kadatz: Peter Behrens. Architekt, Maler, Grafiker und Formgestalter. Leipzig 1977.
- Georg Krawietz: "Peter Behrens im dritten Reich", Weimar 1995, VDG, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, ISBN 3-929742-57-8
- Bernd Nicolai: Der 'kommende Mann unserer Baukunst'. Peter Behrens und die Begründung der Moderne im späten Kaiserreich. In: Klaus Rheidt, Barbara A. Lutz (Hrsg.): Peter Behrens, Theodor Wiegand und die Villa in Dahlem. Hg. im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts anlässlich seines 175jährigen Bestehens. Mainz 2004, S. 82-107, ISBN 3-8053-3374-9
- Hans-Georg Pfeifer: Peter Behrens. Wer aber will sagen, was Schönheit sei. Düsseldorf 1990.
- Sabine Röck (Michael Kasparek): Die Behrens-Lampe. Die Große Sparbogenlampe der AEG. Berlin 2003.
- Klaus J. Sembach: 1910 – Halbzeit der Moderne. Stuttgart: Hatje 1992, ISBN 3-7757-0392-6
- Alan Windsor: Peter Behrens. Architekt und Designer. Aus dem Englischen von Kyra Stromberg (Originalausgabe: Peter Behrens, Architect and Designer, 1868–1940, Architectural Press Ltd., London 1981), Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1985, ISBN 3-421-02833-8.
Weblinks
Commons: Peter Behrens – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Literatur von und über Peter Behrens im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Thilo Kuner/Levke Harders: Tabellarischer Lebenslauf von Peter Behrens im LeMO (DHM und HdG)
- Peter Behrens. In: archINFORM.
- Peter, Josef & Till Behrens. Drei Generationen Innovationen im Übergang von der Bauern- und die Industriekultur, erstellt von Till Behrens
- Bildergalerie mit Behrens' Entwürfen für die AEG
- Beispiel für Behrens Schrift (PDF; 1,40 MB)
- Die Synagoge in Zilina, Slowakei
- Der Schiedmayer Flügel aus dem Musikzimmer des Hauses Behrens 1901
Einzelnachweise
- ↑ Hans Joachim Kadatz: Peter Behrens – Architekt, Maler, Grafiker und Formgestalter 1868–1940. Leipzig 1977, S. 37
- ↑ Peter Behrens
- ↑ Joan Campbell: Der Deutsche Werkbund 1907–1934. Stuttgart 1981, S. 39
- ↑ Joachim Kleinmanns: Super, voll! Kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas Verlag, Marburg, 2002. S. 65.
- ↑ Hans-Joachim Kadatz, S. 12
- ↑ Gerhard Bott: Darmstadt und die Mathildenhöhe. In: Gerhard Wietek: Deutsche Künstlerkolonien und Künstlerorte. München 1976, S. 154
- ↑ Kurt Asche (Hrsg.): Die Quadratur des Kreises – Peter Behrens als Architekt und Designer. Oldenburg 1990, S. 6f
- ↑ Mila Ganeva: Women in Weimar Fashion. Discourses and Displays in German Culture, 1918–1933, Camden House, Rochester 2008, S. 199.
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