Wahl in der Demokratischen Republik Kongo 2011

Wahl in der Demokratischen Republik Kongo 2011
Karte der Demokratischen Republik Kongo

Bei der Wahl in der Demokratischen Republik Kongo 2011 wird über den Präsidenten und das Parlament des Landes entschieden. Sie soll nach offiziellen Planungen am 27. November 2011 stattfinden. Nach der Wahl Wahl 2006 wäre sie die zweite freie Wahl in der Demokratischen Republik Kongo seit 1965.

Inhaltsverzeichnis

Geplante Durchführung

Die erste Runde der Präsidentschaftswahlen und die nationalen Parlamentswahlen sollen am 27. November 2011 stattfinden. Die Wahlen der Provinzparlamente sind für den 26. Februar 2012, die Wahl der Senatoren am 13. Juni 2012 und die der Gouverneure und Vizegouverneure der Provinzen am 12. Juli 2012 vorgesehen. Am 31. Januar 2013 sollen die Sektorenräte und Räte der Chefferien gewählt werden, am 19. Mai 2013 die Leiter der Sektoren und Stadträte. Die Wahlen werden voraussichtlich erst im Jahr 2013 komplett vorbei sein, nachdem am 8. August die Bürgermeister und stellvertretenden Bürgermeister gewählt werden sollen.[1]

Die Vereinten Nationen haben angekündigt, die Wahl technisch zu unterstützen.[2]

Das Budget der Wahl liegt bei etwa 830 Millionen Dollar (etwa 610 Millionen Euro), davon wird circa ein Fünftel aus dem Ausland bezahlt. Es gibt etwa 300.000 Wahlhelfer.[3]

In der Demokratischen Republik Kongo befinden sich etwa 62.000 Wahllokale.[4]

Kandidaten

Joseph Kabila
Etienne Tshisekedi
Vital Kamerhe

Bisher gaben folgende Politiker ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl bekannt:[5]

Joseph Kabila

Hauptartikel: Joseph Kabila

Der derzeitige Amtsinhaber gehört der Partei PPRD an. Er wurde bei den Wahlen 2006 mit 44,81% der Stimmen zum Nachfolger seines ermordeten Vaters Laurent-Désiré Kabila gewählt, der das Präsidentenamt zuvor innehatte. Kabilas Beliebtheitsstand bei der Bevölkerung beschreibt die Konrad-Adenauer-Stiftung im Juli 2011 folgendermaßen:

„Die Popularität von Amtsinhaber Joseph Kabila [...] schwindet zusehends, denn die Lebensumstände der Menschen haben sich in den letzten Jahren kaum gebessert. Das Land ist nicht zur Ruhe gekommen – Korruption und Misswirtschaft bestimmen den Alltag der übergroßen Mehrheit. Die Loyalität der Ostkongolesen gegenüber Joseph Kabila mit Blick auf die Wahlen ist also keineswegs sicher.[6]

Etienne Tshisekedi

Hauptartikel: Etienne Tshisekedi

Der der Partei UDPS angehörende Politiker gilt als der Oppositionsführer der Demokratischen Republik Kongo. Er spielte bereits in der Endzeit des früheren Zaire eine wichtige Rolle, verlor in den letzten Jahren aber an Einfluss, da die UNPS bei der Bildung der Übergangsregierung 2003 übergangen wurde und die Wahl im Jahr 2006 boykottierte. Dennoch wurden die Parteistrukturen aufrechterhalten und die Partei verfügt heute vor allem in den Provinzen Kasai-Occidental und Kasai-Oriental sowie Kinshasa über viele Anhänger. Tsisekedi hat die letzten Jahre in Belgien verbracht und kehrte im Dezember 2010 in den Kongo zurück. Er wurde auf einem Parteitag der UDPS zum Präsidentschaftskandidaten ernannt.

Vital Kamerhe

Hauptartikel: Vital Kamerhe

Kamerhe war ein Mitarbeiter Kabilas im Wahlkampf 2006 und hatte vor allem Anteil daran, dass Kabila in den Provinzen Nord- und Sud-Kivu sehr viele Stimmen erlangte. Danach war er Parlamentspräsident und gab dieses Amt schließlich im März 2009 auf Druck von Kabila auf. Im Dezember 2010 trat Kamerhe aus der Kabila-Partei PPRD aus und gründete die UNC (Union pour la nation congolaise) als Oppositionspartei, für die er bei der Wahl kandidieren will.

Weitere Kandidaten

Es ist damit zu rechnen, dass sich noch einige weitere Kandidaten vor allem kleinerer Parteien zur Wahl stellen lassen werden. Außerdem hat die bisher am stärksten im Parlament vertretene Oppositionspartei MLC noch keinen Kandidaten bekanntgegeben. Die MLC bekräftigte zwar eine Teilnahme an der Wahl, kann jedoch aufgrund eines laufenden Gerichtsverfahrens das bekannteste Parteimitglied Jean-Pierre Bemba, das 2006 20,03% der Stimmen erhielt wohl nicht erneut kandidieren lassen. Daher wird über ein Bündnis der MLC mit UDPS oder UNC spekuliert.

Kontroversen vor der Wahl

Kontroversen um Wahlmodalitäten

Im Vorfeld dieser Wahl gibt es Auseinandersetzungen um eine Verfassungsänderung von Amtsinhaber Joseph Kabila, die nach Auffassung der Opposition eindeutig dessen Wiederwahl begünstigt. Zentraler Bestandteil der Änderungen ist die Abschaffung der Stichwahl um das Präsidentenamt, welche am 12. Januar 2011 von der Nationalversammlung und einen Tag später vom Senat des Landes genehmigt wurde. Durch die Zustimmung beider Parlamentskammern reicht einem Kandidaten im ersten Wahlgang nun die einfache Mehrheit - also ggf. weniger als 50 % der Stimmen - zum Wahlsieg. Die Opposition müsste sich damit bereits im ersten Wahlgang auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen, um überhaupt eine Chance auf das Präsidentenamt zu haben. Dies gilt als äußerst unwahrscheinlich.[7][8][9][10]

Doch nicht nur aus diesem Grund zweifeln einige ausländische Beobachter an einer korrekten Durchführung der Wahl 2011. Auch die Vereinten Nationen als unabhängige Wahlüberwacher stehen im Fokus des Misstrauens, weil sie bei den Präsidentschaftswahlen in der Elfenbeinküste im Jahr 2010 zwar eine korrekte Wahldurchführung bescheinigten, es allerdings nicht verhindern konnten, dass das von der Opération des Nations Unies en Côte d’Ivoire (ONUCI) verkündete Wahlergebnis von Wahlverlierer Laurent Gbagbo nicht anerkannt wurde und die Situation sich in der Regierungskrise 2010/2011 zuspitzte. Ein ähnlicher Verlauf wird teilweise für die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo befürchtet.[11]

Auch im Land selbst wird Kritik an der Verfassungsänderung geübt, so beispielsweise vom Ständigen Rat der Kongolesischen Bischofskonferenz, der sie als „übereilt und oberflächlich“ bewertet.[12]

Am ersten Novemberwochenende sagte Tshisekedi in einem Interview mit dem Fernsehen, dass er auf jeden Fall Präsident werden würde, unabhängig davon ob Wahlen durchgeführt würden. Informationsminister Lambert Mende gab daraufhin bekannt sein Ministerium prüfe eine Anzeige wegen Hochverrats.[13]

Gewaltsame Zusammenstöße

Anfang September 2011 kam es in Kinshasa zu gewalttätigen Protesten gegen möglichen Wahlbetrug. Die Demonstranten beschuldigten Amtsinhaber Kabila, dass er die mehrfach Registrierung von Wählern zugelassen hatte, um die Wahl zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Wahlkommission gab bekannt, dass sie unter den 32 Millionen registrierten Wählern 20.000 doppelte Registrierungen gefunden hatte.[14]

Am 5. September kam es zu gewalttätigen Zusammenstößen als sich Tshisekedi in Kinshasa als Präsidentschaftkandidat anmelden wollte. Dabei wurde er von etwa 1.000 seiner Anhänger begleitet. Als die Gruppe am Hauptsitz der PPRD, der Partei des Amtsinhabers Kabila, vorbeikam kam es zu Zusammenstößen. Dabei wurden Steine geworfen und Autos in Brand gesetzt. In der darauffolgenden Nacht griffen Vermummte ein Gebäude der UDPS, der Partei Tshisekedis, mit Steinen und Brandsätzen an. Dabei brannte die gegenüberliegende Zentrale des Rundfunksenders Lisanga ab. Am Tag darauf starb bei Außeinandersetzungen mit Schusswaffen ein Mitglied der UDPS und zwei wurden Verletzt. André Kimbuta, Governeur von Kinshasa, verbot daraufhin alle Demonstrationen in der Zeit der Registrierung.[15]

Auch am 7. Oktober kam es, laut der Menschenrechtsorganisation VSV, bei einer Demonstration der UDPS in Kinshasa zu Zusammenstößen mit zwei Toten und etwa zehn Verletzten. Mit der Kundgebung sollte der Druck auf die Wahlkommission erhöht werden Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung der Wahl zu verhindern. Die Veranstaltung war aber bereits im Vorfeld von den Behörden verboten worden. Nach Angaben der VSV waren an den Zusammenstößen nicht nur Polizeikräfte beteiligt, die die Versammlung auflösen sollten, sondern auch mit Macheten bewaffnete, jugendliche Milizen.[16]

Am 4. Oktober überfielen Unbekannte in der Nähe von Fizi einen Bus und seperierten von den zwölf Passagieren neun die der Gruppe der Banyamulenge-Tutsi angehörten. Von diesen töteten und zerstückelten sie sieben. Zwei überlebten schwerverletzt.[17]

Anfang November kam es fast täglich zu gewalttätigen Zusammenstößen im Zusammenhang mit der Wahl.[13]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Konrad-Adenauer-Stiftung: Wahlkampf mit zweifelhaften Mitteln aufgerufen am 10. Februar 2010
  2. C.E.I.: Offizieller Wahlkalender 2010–2013 aufgerufen am 8. September 2010
  3. Francois Misser: Smartcards am Kongo-Fluss. In: die tageszeitung. 30. September 2011, abgerufen am 30. September 2011 (deutsch).
  4. Simone Schlindwein: Zeit zum Aufräumen. In: die tageszeitung. 9. November 2011, abgerufen am 10. November 2011 (deutsch).
  5. Hanns Seidel Stiftung: Quartalsbericht DR Kongo Oktober bis Dezember 2010 aufgerufen am 13. Juli 2011
  6. Konrad-Adenauer-Stiftung: Die Ruhe vor dem Sturm? aufgerufen am 13. Juli 2011
  7. taz 14. Januar 2011: Kabila sichert sich nächsten Wahlsieg
  8. http://english.peopledaily.com.cn/90001/90777/90855/7099927.html
  9. http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-12152913
  10. http://www.africareview.com/News/-/979180/1103084/-/hrq391z/-/
  11. Konrad-Adenauer-Stiftung: Wahlkampf mit zweifelhaften Mitteln aufgerufen am 10. Februar 2011
  12. Fidesdienst: Bischöfe üben Kritik an der Verfassungsänderung im Hinblick auf die Präsidentenwahl aufgerufen am 18. Mai 2011
  13. a b Dominic Johnson: Sorge um Kongos Wahlen. In: die tageszeitung. 2011, abgerufen am 10. November 2011 (deutsch).
  14. Clashes in DR Congo over 'voter fraud'. Al Jazeera (2. September 2011). Abgerufen am 8. September 2011.
  15. Franquois Misser: Manipulation und Machtkämpfe. In: die tageszeitung. Abgerufen am 22. September 2011 (deutsch).
  16. Dominic Johnson: Tote und Verletzte in Kinshasa. In: die tageszeitung. 6. Oktober 2011, abgerufen am 7. Oktober 2011 (deutsch).
  17. Dominic Johnson: Selektiert, erschossen und zerstückelt. In: die tageszeitung. 9. Oktober 2011, abgerufen am 12. Oktober 2011 (deutsch).

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