Wassergefiltertes Infrarot A

Wassergefiltertes Infrarot A

Als Wassergefiltertes Infrarot A wird eine spezielle Form der Infrarotstrahlung im Bereich von 780–1400 Nanometer bezeichnet, die in der Medizin zur Prävention und Therapie verwendet wird.[1] Im Vergleich zu konventioneller Infrarot-Behandlung soll wassergefiltertes Infrarot A einen „…verbesserten Wärmeeintrag in tiefere Gewebeschichten über längere Zeiträume ohne Überhitzung der Hautoberfläche…“ (Zitat von[2]) erreichen. Technisch wird wassergefiltertes Infrarot A in speziellen Strahlern erzeugt, in denen die Strahlung eines Halogenstrahlers durch eine Wasser enthaltende Küvette hindurchtritt.[3] Die Anwendung von wassergefiltertem Infrarot A ist außerhalb von stationären Behandlungen keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Sie wird als individuelle Gesundheitsleistung mit dem Patienten oder einer privaten Krankenversicherung direkt abgerechnet.[4][5] Im Alternativmedizin- und Wellnessbereich wird eine Kombination von wassergefiltertem Infrarot mit einem Farbfiltervorsatz als so genannte „Farbtiefenwärme“ angeboten[6].

Inhaltsverzeichnis

Technik

Vergleich der Spektren von wassergefiltertem Infrarot A und Sonnenlicht bei wolkenlosem Himmel am Mittag in Meeresspiegelhöhe in den Subtropen
Querschnitt eines Infrarot-A-Strahlers mit Wasserfilterung der Infrarotstrahlung

Technisch wird wassergefiltertes Infrarot A in speziellen Strahlern erzeugt, in denen die Strahlung einer 3000-Kelvin-Halogenlampe durch eine Wasser enthaltende Küvette hindurchtritt, so dass unerwünschte Strahlungsanteile innerhalb des Infrarot gemindert oder herausgefiltert werden.[3][7][1][8] Innerhalb des Infrarot stellt das verbleibende wassergefilterte Infrarot A (im Bereich 780–1400 nm) vorwiegend Strahlung mit gutem Eindringvermögen in das Gewebe dar und erlaubt gegenüber ungefilterter Infrarotstrahlung konventioneller Infrarotlampen (mit einem großen Anteil an Infrarot B (1400–3000 nm) und Infrarot C (≥ 3000 nm)) einen mehrfachen Energieeintrag in das Gewebe ohne die Haut zu belasten, vergleichbar der Sonnenwärmestrahlung in gemäßigten Klimazonen.[1][9] Bei einer Wasserschichtdicke von 7 mm sind die Bestrahlungsstärken gegenüber der ungefilterten Form bei gleicher Halogenlampe (3000 K Farbtemperatur) um etwa 48,1 % (bei 970 nm), 73,0 % (bei 1160 nm), 70,5 % (bei 1197 nm), 82,5 % (im Bereich 1250 – 1390 nm) sowie 99,9 % (im Bereich 1390 – 1525 nm) niedriger.[10]) Typische Infrarot-A-Strahler mit Wasserfilterung emittieren keine Ultraviolett-Strahlung (UV) und nahezu keine Infrarot-B- und Infrarot-C-Strahlung (<0,5 %), während konventionelle „Rotlichtstrahler“ (1750 K Farbtemperatur) ca. 50 % und mehr Infrarot B und C emittieren[10]. Bei wassergefiltertem Infrarot A ist der Anteil der Infrarot-A-Strahlung im Verhältnis zum Anteil des sichtbaren Lichts (380–780 nm) betont.[3][1][8] Das sichtbare Licht hängt vom verwendeten Farbfilter ab.[3] Die Wasserfilterung wird bei typischen derartigen Infrarot-A-Einzel-Strahlern mit einer Wasserschichtdicke von 4 mm,[8] 7 mm (am häufigsten verwendet) oder 10 mm erreicht; höhere Wasserschichtdicken mindern besonders stark die Bestrahlungsstärke im Bereich 1200-1400 nm (bei 10 mm gegenüber 4 mm nahezu Halbierung der Bestrahlungsstärke in diesem Bereich) sowie im Bereich der Wasserabsorptionsbanden und erhöhen die Verträglichkeit von wassergefiltertem Infrarot A. Innerhalb des Spektrums von Infrarot-A-Strahlung wurden Effekte insbesondere von den energiereichen Wellenlängen nahe dem sichtbaren Licht – ungefähr 780–1000 nm (800–900 nm,[11][12][13] 800 nm,[14] 820 nm,[15][16][17] 830 nm[18]) – sowohl in vitro als auch in vivo beschrieben; diese Wellenlängen scheinen – vor allem im Hinblick auf nicht-thermische Effekte – den klinisch wichtigsten Teil von Infrarot A und wassergefiltertem Infrarot A darzustellen.[3][1][19]

Klinische Anwendung

Beispiel für die Bestrahlung einer Wunde mit wassergefiltertem Infrarot A

Wassergefiltertes Infrarot A steigert Temperatur, Sauerstoffteildruck und Durchblutung im Gewebe.[3] Als klinische Wirkungen von wassergefiltertem Infrarot A werden indikationsübergreifend eine Minderung von Schmerzen, Entzündung und Sekretion sowie eine Verbesserung der Infektabwehr und der Regeneration gesehen.[3][1][20][21]

Wassergefiltertes Infrarot A kann eingesetzt werden zur Therapie von akuten und chronischen Wunden, bei verschiedenen Hauterkrankungen (vulgären Warzen, Herpes labialis (Lippenherpes), Herpes Zoster (Gürtelrose), Sklerodermie, Morphea, Akne papulopustulosa), zur Resorptionsverbesserung örtlich aufgetragener Substanzen, im Rahmen einer photodynamischen Therapie [PDT; zur Therapie aktinischer Keratosen (Lichtschäden der Haut)], bei bewegungssystembezogenen Erkrankungen (muskulären Verspannungen, Muskelhartspann (Myogelosen), Hexenschuss (Rückenschmerzen, Lumbago), rheumatischen Erkrankungen, Morbus Bechterew, Arthrose, Arthritis, Fibromyalgie), zur Regeneration nach Sport, zur lokalen Beeinflussung der Fettverteilung sowie zum Aufrechterhalten oder Erhöhen der Körpertemperatur (zum Beispiel in der Neonatologie) einschließlich Kompensation einer Hypothermie (Unterkühlung).[21] Außerdem kann wassergefiltertes Infrarot A zur lokalen oder systemischen Hyperthermie (Ganzkörperüberwärmung) im Rahmen der Onkologie mit Strahlentherapie oder Chemotherapie kombiniert werden.[21] Auch in der Veterinärmedizin wird wassergefiltertes Infrarot A verwendet.

Literatur

  • G. Hoffmann: Klinische Anwendungen von wassergefiltertem Infrarot A (wIRA). In: H. Kaase, F. Serick, Hrsg. Sechstes Symposium "Licht und Gesundheit". Eine Sondertagung der Technischen Universität Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Photobiologie mit der Deutschen Akademie für Photobiologie und Phototechnologie und der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft, Berlin, 13./14. März 2008. Berlin 2008, ISBN 978-3-9807635-0-9, S. 130–146 (online: PDF-Volltext, Die Online-Fassung beinhaltet auch eine englische und eine deutsche Zusammenfassung).

Einzelnachweise

  1. a b c d e f G. Hoffmann: Principles and working mechanisms of water-filtered infrared-A (wIRA) in relation to wound healing (review). In: GMS Krankenhaushyg Interdiszip. 2, Nr. 2, 2007, Doc54 (PDF-Volltext und shtml-Volltext, Englisch mit ausführlicher deutscher Zusammenfassung).
  2. P. Vaupel, J. Rzeznik, E. Stofft: Wassergefilterte Infrarot-A-Strahlung versus konventionelle Infrarotstrahlung: Temperaturprofile bei lokoregionaler Wärmetherapie. In: Phys Rehab Kur Med. 5, 1995, S. 77–81, DOI:10.1055/s-2008-1061959.
  3. a b c d e f g G. Hoffmann: Water-filtered infrared-A (wIRA) in acute and chronic wounds (bilingual review). Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) bei akuten und chronischen Wunden (zweisprachige Übersichtsarbeit). In: GMS Krankenhaushyg Interdiszip. 4, Nr. 2, 2009, Doc12, DOI:10.3205/dgkh000137, URN: urn:nbn:de:0183-dgkh0001373 (PDF-Volltext und shtml-Volltext).
  4. Bernd Kardorff: Selbstzahlerleistungen in der Dermatologie und der ästhetischen Medizin, S. 35. Springer, Heidelberg, Berlin 2005, ISBN 9783540214762. Online: Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche
  5. Ärztezeitung, Magazin IGEL. Abgerufen am 9. Juli 2011.
  6. http://farbtiefenwaerme.com/comswAusdruck.html
  7. G. Hoffmann: Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) zur Verbesserung der Wundheilung bei akuten und chronischen Wunden. In: Wundmanagement. 2, 2008, S. 72–80 (Auch online: PDF-Volltext).
  8. a b c J. Rzeznik: Die Technik zur loko-regionalen Wärmetherapie mit wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung. In: P. Vaupel, W. Krüger (Hrsg.): Wärmetherapie mit wassergefilterter Infrarot-A-Strahlung. Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten. 2. Aufl. Stuttgart: Hippokrates; 1995. S. 29–46.
  9. H. Piazena, Meffert: Optische Eigenschaften der Haut und die photobiologischen Grundlagen zur Dosierung von IR-Hautbestrahlungen in vivo und in vitro. In: H. Kaase, F. Serick, Hrsg. Sechstes Symposium "Licht und Gesundheit". Eine Sondertagung der Technischen Universität Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Photobiologie mit der Deutschen Akademie für Photobiologie und Phototechnologie und der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft, Berlin, 13./14. März 2008. Berlin; 2008, ISBN 978-3-9807635-0-9, S. 162–178.
  10. a b H. Piazena, D. K. Kelleher: Effects of infrared-A irradiation on skin: discrepancies in published data highlight the need for an exact consideration of physical and photobiological laws and appropriate experimental settings. In: Photochem Photobiol. 86, Nr. 3, 2010, S. 687–705, DOI:10.1111/j.1751-1097.2010.00729.x.
  11. G. Albrecht-Buehler: Surface extensions of 3T3 cells towards distant infrared light sources. In: J Cell Biol. 114, Nr. 3, 1991, S. 493–502, DOI:10.1083/jcb.114.3.493.
  12. G. Albrecht-Buehler: Cellular infrared detector appears to be contained in the centrosome. In: Cell Motil Cytoskeleton. 27, Nr. 3, 1994, S. 262–271, DOI:10.1002/cm.970270307.
  13. G. Albrecht-Buehler: A long-range attraction between aggregating 3T3 cells mediated by near-infrared light scattering. In: Proc Natl Acad Sci U S A. 102, Nr. 14, 2005, S. 5050–5055. Epub 2005 Mar 24, DOI:10.1073/pnas.0407763102.
  14. A. Ehrlicher, T. Betz, B. Stuhrmann, D. Koch, V. Milner, M. G. Raizen, J. Käs: Guiding neuronal growth with light. In: Proc Natl Acad Sci USA. 99, Nr. 25, 2002, S. 16024–16028, DOI:10.1073/pnas.252631899.
  15. T. I. Karu, L. V. Pyatibrat, G. S. Kalendo: Cell attachment to extracellular matrices is modulated by pulsed radiation at 820 nm and chemicals that modify the activity of enzymes in the plasma membrane. In: Lasers Surg Med. 29, Nr. 3, 2001, S. 274–281, DOI:10.1002/lsm.1119.
  16. T. I. Karu, L. V. Pyatibrat, G. S. Kalendo: Donors of NO and pulsed radiation at lambda = 820 nm exert effects on cell attachment to extracellular matrices. In: Toxicol Lett. 121, Nr. 1, 2001, S. 57–61, DOI:10.1016/S0378-4274(01)00315-0.
  17. T. I. Karu, L. V. Pyatibrat, G. S. Kalendo: Cell attachment modulation by radiation from a pulsed light diode (lambda = 820 nm) and various chemicals. In: Lasers Surg Med. 28, Nr. 3, 2001, S. 227–36, DOI:10.1002/lsm.1043.
  18. R. T. Chow, G. Z. Heller, L. Barnsley: The effect of 300 mW, 830 nm laser on chronic neck pain: a double-blind, randomized, placebo-controlled study. In: Pain. 124, Nr. 1–2, 2006, S. 201–210, DOI:10.1016/j.pain.2006.05.018.
  19. N. Gebbers, N. Hirt-Burri C. Scaletta, G. Hoffmann, L. A. Applegate: Water-filtered infrared-A radiation (wIRA) is not implicated in cellular degeneration of human skin. GMS Ger Med Sci. 5, 2007, Doc08 (PDF-Volltext und shtml-Volltext).
  20. G. Hoffmann: Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) zur Verbesserung der Wundheilung (Übersichtsarbeit). In: GMS Krankenhaushyg Interdiszip. 1, Nr. 1, 2006, Doc20 (PDF-Volltext und shtml-Volltext).
  21. a b c G. Hoffmann: Klinische Anwendungen von wassergefiltertem Infrarot A (wIRA). In: H. Kaase, F. Serick, Hrsg. Sechstes Symposium "Licht und Gesundheit". Eine Sondertagung der Technischen Universität Berlin und der Deutschen Gesellschaft für Photobiologie mit der Deutschen Akademie für Photobiologie und Phototechnologie und der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft, Berlin, 13./14. März 2008. Berlin 2008, ISBN 978-3-9807635-0-9, S. 130–146. (Auch online: PDF-Volltext, Die Online-Fassung beinhaltet auch eine englische und eine deutsche Zusammenfassung).
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