Wolfgang Fuchs (Fluchthelfer)

Wolfgang Fuchs (Fluchthelfer)

Wolfgang Fuchs (* 8. Januar 1939 in Jena; † 7. Juni 2001 in Berlin) war ein Fluchthelfer an der innerdeutschen Grenze. Fuchs war an mehreren Fluchttunneln in Berlin beteiligt, darunter der Tunnel 57, und arbeitete auch als kommerzieller Fluchthelfer.

Wolfgang Fuchs erlernte den Beruf des Optikers in Jena. 1957 floh er aus der DDR.[1] Er ließ sich in West-Berlin nieder, wo er als Feinoptiker arbeitete und sich der Schauspielerei widmete. 1958 lernte er seine spätere Frau Selina kennen, die in Wusterhausen lebte und als Kinderfrau arbeitete. 1960 bekam das Paar die erste, 1961 die zweite Tochter. Da Wolfgang Fuchs in einer zu kleinen Wohnung lebte, blieb seine Frau mit den Töchtern im Haushalt ihrer Eltern. Am Tag des Mauerbaus war Selina in West-Berlin zu Besuch bei ihrem Mann, kehrte aber wegen der Kinder in die DDR zurück. Am 17. März 1962 verhalf Wolfgang Fuchs mit Freunden seiner Familie zur Flucht. Während einige Helfer Molotow-Cocktails warfen, um die Grenzer abzulenken, kletterte die Familie mit Hilfe einer Leiter über die Mauer. Der Stacheldraht war vorher zerschnitten worden. Bei der Flucht wurden sie von Grenzsoldaten beschossen.

Anschließend fand Wolfgang Fuchs Anschluss an die studentische Fluchthilfe. Seine Gruppe grub im Herbst 1962 zwei Tunnel in der Boyenstraße und Adalbertstraße, die aber nicht für Fluchten genutzt wurden. Auch ein Tunnel in der Schwedter Straße im März 1963 blieb erfolglos. Die ersten erfolgreichen Fluchten konnte Fuchs durch einen Tunnel in der Bernauer Straße 97 im Januar 1964 durchführen. Nachdem vier Mädchen durch den Tunnel flohen, entdeckten die Grenztruppen den Tunnel und machten ihn durch Handgranaten unbrauchbar.[2] Schließlich war er mit anderen, darunter Reinhard Furrer, am Tunnel 57 beteiligt, durch den 57 Personen flüchten konnten und bei dessen Entdeckung durch die Behörden der DDR der Grenzsoldat Egon Schultz versehentlich durch einen anderen Grenzsoldaten erschossen wurde.

Später eröffnete Fuchs einen Drogeriemarkt in Berlin-Neukölln und arbeitete weiter als Fluchthelfer.[3] Bei seiner weiteren Fluchthilfe kooperierte er zum Teil mit Hasso Herschel. Die frühere studentische Fluchthelfergruppe löste sich mit der zunehmenden Professionalisierung und der einhergehenden Kommerzialisierung der Fluchthilfe auf.

Literatur

  • Marion Detjen: Ein Loch in der Mauer. Die Geschichte der Fluchthilfe im geteilten Deutschland 1961–1989. Siedler Verlag, München 2005, ISBN 3-88680-834-3, S. 150–158. 

Einzelnachweise

  1. Knut Teske: Codewort "Tokio". In: Die Welt, 16. Juni 2001.
  2. Bodo Müller 2000: Faszination Freiheit: die spektakulärsten Fluchtgeschichten, Ch. Links Verlag, S. 211.
  3. Eric Pace: Wolfgang Fuchs, 62, Helped East Germans Escape to West. Nachruf in New York Times, 23. Juni 2001.

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