Österreichische Brown, Boveri Werke

Österreichische Brown, Boveri Werke
Ehemalige Brown Boveri-Werke, Gudrunstraße 187, Wien 10

Die Österreichischen Brown, Boveri Werke waren ein österreichisches Unternehmen, das schließlich im Konzern der Schweizer Brown, Boveri & Cie aufging.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Im Jahr 1862 gründete der in Ofen geborene Schlosser Béla Egger in Wien die Mechanische Werkstätte und Telegraphenbauanstalt B.Egger. Erst zwanzig Jahre später wandelte er sie mithilfe seiner Brüder in die Erste österreichische Fabrik für elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung B.Egger & Co. um. Auch in Budapest errichtete er ein zweites Werk, in dem er Schwach- und Starkstromgeräte erzeugte. Bald folgte dort eine weitere Erzeugungsstätte für Glühlampen.

Im Jahr 1896 wurden alle drei Werke in die neugegründete Vereinigte Elektrizitäts AG vorm. B.Egger & Co. eingebracht. Die Firma Egger war zwar noch im Verwaltungsrat vertreten, aber die Niederösterreichische Escompte-Gesellschaft war der neue Haupteigentümer. Im Jahr 1899 wurden die ungarischen und die österreichischen Werke getrennt. Während das Wiener Werk von der Niederösterreichischen Escompte-Bank und der Pester ungarischen Commerzialbank als Vereinigte Elektrizitäts AG geführt wurde, wurden die ungarischen Werke als Vereinigte Glühlampen- und Elektrizitäts AG als Tochterunternehmen weitergeführt. Im Jahr 1907 spaltete sich in Budapest die Starkstromabteilung als Vereinigte Elektrizitäts- und Maschinenfabriks AG ab.

Die Glühlampenerzeugung wurde später das Stammhaus des späteren Tungsram-Konzerns.

Die Schweizer Brown, Boveri & Cie wollten ursprünglich eine Fabrik in Österreich bauen, beteiligte sich aber schließlich an der schon bestehenden Vereinigten Elektrizitäts AG im Jahr 1910. Dieses Unternehmen firmierte ab diesem Zeitpunkt als Österreichische Brown, Boveri Werke, an denen die Vereinigten Elektrizitäts AG mit 45 % beteiligt war. den Rest der Aktien teilte sich die Schweizer BBC und die Niederösterreichische Escomptegesellschaft. Walter Boveri wurde erster Vizepräsident und Sidney Brown Mitglied des Verwaltungsrates, trotzdem die beiden nur den kleineren Anteil der Aktien besaßen.

In Cisleithanien wurden acht Ingenieurbüros eingerichtet, in denen die mit der Schweiz gemeinsam hergestellten Produkte verkauft wurden. In Bukarest wurde ein gemeinsames Büro mit der italienischen BBC errichtet. Auch mehrere Elektrizitätswerke gehörten zur Österreichischen Brown, Boveri Werke, deren Belegschaft im Jahr 1913 ca. 600 Mitarbeiter umfasste.

Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit

Im Jahr 1917 übernahm das Schweizer Stammhaus sämtliche Aktien des österreichischen Unternehmens. Auch bei der in Budapest bestehenden Vereinigten Elektrizitäts- und Maschinenfabriks AG übernahm die Schweiz alle Aktien. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der ungarische Zweig in eine nationale BBC Gesellschaft umgewandelt, an der die Österreicher mit 80 % beteiligt blieben.

Weitere Tochterunternehmen wurden in den 1920er Jahren in Jugoslawien, Rumänien, Polen und der Tschechoslowakei gegründet.

In Österreich selbst wurden die zunächst vorhandenen Niederlassungen in den Landeshauptstädten auf Linz, Graz und Innsbruck beschränkt. Die Mitarbeiterzahlen fielen auf Grund der Weltwirtschaftskrise vorerst auf 350 stiegen aber bis 1937 auf etwa 700 an.

Die Österreichische BBC gelangten im Laufe des Ersten Weltkrieges in den Einflussbereich von Daimler und dann in den Castiglioni-Konzern. Im Jahr 1936 waren die wichtigsten Aktionäre sowohl die Niederösterreichische Escomptegesellschaft und das Schweizer Stammhaus. Auch die Familie Egger dürfte noch ein kleines Paket besessen haben. Die Escomptegesellschaft wurde selbst in Österreichische Investbank AG umbenannt und gehörte in der Zwischenzeit zur ÖNB.

Anschluss und Besatzungszeit

Nach dem Anschluss ging die Aktienmehrheit jedoch an die BBC-Tochter in Mannheim. Die Mitarbeiterzahl stieg auf über 2.000. Nach dem Weltkrieg gingen diese Aktien weiter an das Schweizer Mutterunternehmen. Das Wiener Werk, das aber zerstört und demontiert wurde, kam als Deutsches Eigentum unter die Verwaltung der sowjetischen USIA. Die Sowjets lieferten jedoch einen Großteil der Produktion an die BBC selbst.

Durch die Unsicherheit des Werkes in Wien gründete das Stammhaus die Neue Österreichische Brown-Boveri AG mit Sitz in Innsbruck, die ein neues Produktionswerk in Steyr baute.

Neuaufbau und Ende der Österreichischen BBC

Nach dem Staatsvertrag fusionierten die beiden Unternehmen im Jahr 1956 und verlagerten 1960 die Produktion von Wien und Steyr in ein neues Werk in Wiener Neudorf. In Neutal im Burgenland wurde 1972 ein Schalttafelwerk errichtet. In Steyr wurde der Bereich Leitungsbau weitergeführt. In der Österreichischen BBC waren in den 1970er jahren etwa 2.700 Mitarbeiter beschäftigt.

In den meisten Landeshauptstädten entstanden Niederlassungen mit Verkauf und Ingenieurbüros. Die Zweigstellen in Ost- und Mitteleuropa wurden alle verstaatlicht.

Im Zuge der Fusion des Schweizer Stammhauses im Jahr 1988 mit der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) ging auch die Österreichische BBC schließlich in der Asea Brown Boveri (ABB) auf.

Produktionsbereiche der BBC waren sowohl Energietechnik als auch in der Verkehrstechnik. Als ABB sich von der Verkehrstechnik trennte, übernahm diesen Bereich die heutige Traktionssystem Austria, die Bestandteil der Trasys Beteiligungs- und Management GmbH ist. Standort der Traktionssystem Austria ist Wiener Neudorf.

Auch der Schalttafelbau in Neutal wurde von ABB bald verkauft und firmiert heute unter SAM (Schaltanlagen und Metallbau).[1]

Literatur

  • Brown, Boveri (BBC) in Big Business:Österreichische Großunternehmen in Kurzdarstellungen, Seite 73 ff von Franz Mathis.

Einzelnachweise

  1. Entwicklung des „Industriestandortes Neutal“ abgerufen am 12. Dezember 2010

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