- Acorn Archimedes
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Der Acorn Archimedes war eine von 1987 bis Mitte der 1990er Jahre produzierte Computerserie der Firma Acorn.
Inhaltsverzeichnis
Leistung
Der Archimedes zeichnete sich durch eine für damalige Homecomputer sehr hohe Geschwindigkeit aus, die er den eigens entwickelten ARM-Mikroprozessoren verdankte. Weiterentwickelte Versionen dieser 32-Bit-RISC-Prozessoren werden heute jährlich in einer Stückzahl von mehreren Milliarden in Lizenz produziert und aufgrund ihrer hervorragenden Leistungsdaten in unterschiedlichsten Gebieten eingesetzt. Acorns Archimedes war der erste RISC-Computer, der einer breiten Käuferschicht zugänglich gemacht wurde, Jahre vor Apples Power Macintosh.
Von der Arbeitsgeschwindigkeit her übertraf der mit 8 MHz getaktete und damals etwa 3500 DM teure Archimedes die meisten anderen Computersysteme in der Preisklasse bis etwa 20.000 DM. So war er beispielsweise in diversen Tests rund acht mal schneller als ein vergleichbar schnell getakteter Amiga und zehnmal schneller als ein damaliger IBM-AT-kompatibler PC.
Die ersten Archimedes-Modelle (A305 und A310) sowie der A3000 trugen auf der Tastatur neben dem Archimedes-Logo noch den Schriftzug „British Broadcasting Corporation Microcomputer System“ und hatten die für BBC-Computer typischen roten Funktionstasten.
Ein PC-Emulator ermöglichte es, PC-Programme laufen zu lassen, und zwar beinahe mit der Geschwindigkeit eines echten PCs.
Grafik
Der Acorn Archimedes beherrschte auch ohne Interlace höhere Auflösungen als der Amiga (bis zu 1152×896 bei 2 Farben und 640×512 bei 256 Farben). Bei seinem Grafikchip (VIDC) ließen sich Auflösungen und Farbtiefen in weiten Grenzen beliebig programmieren, was jedoch einen entsprechend flexiblen Monitor voraussetzte (sehr beliebt war der Multisync II von NEC). Wie der Amiga konnte der Archimedes aus insgesamt 4096 Farben wählen, von denen je nach Modus 2, 4, 16 oder 256 gleichzeitig dargestellt werden konnten. Etwas vergleichbares zum Hold-And-Modify-Modus des Amiga (mit dem alle 4096 Farben gleichzeitig darstellbar waren) gab es beim Archimedes jedoch nicht.
Der Archimedes beherrschte nur ein Hardware-Sprite (das in erster Linie als Mauszeiger verwendet wurde). Zudem hatte er im Gegensatz zum Amiga keine Grafik-Spezialchips (Blitter und Copper), so dass die Entwicklung von Spielen deutlich schwieriger war. Trotzdem gab es auch beim Archimedes aufwändig gestaltete Spiele, darunter Umsetzungen von Amiga-Spielen, die ihren Originalen entsprachen. Eigene Entwicklungen wie Zarch (auf anderen Systemen als Virus bekannt) und Conqueror, beide von David Braben (dem Entwickler des Computerspiels Elite), liefen im Gegensatz zu den Umsetzungen absolut flüssig.
Das Betriebssystem RISC OS unterstützte bereits volle Vektorschriftarten und viele weitere Funktionen, so dass es für Programmierer relativ einfach war, diese in komplexen Anwendungen zu verwenden. Eindrucksvoll zeigt das das im ROM des Archimedes enthaltene Programm !Draw, welches sich durchaus mit den damaligen Versionen von Corel Draw messen konnte bzw. dieses in puncto Geschwindigkeit durch die hohe Geschwindigkeit des Archimedes und die komplette Verfügbarkeit im ROM deutlich übertrumpfen konnte.
Sound und Musik
Beim Sound war der Archimedes dem Amiga vergleichbar, da beide keinen Synthesizer verwendeten, sondern Samples abspielten. Während der Amiga jedoch für bis zu vier Audio-Kanäle je einen eigenen DMA-Kanal bereitstellte und das Mischen der Kanäle per Hardware realisierte, bot der Archimedes (genauso wie heutige Soundhardware) lediglich einen DMA-Kanal und musste die Audiodaten der einzelnen Kanäle vor der Ausgabe per Software zusammensetzen. Die Ausgabe der Samples war dabei nicht linear realisiert, sondern logarithmisch umgesetzt, was dem menschlichen Gehör näher kommt als die heute üblicherweise genutzte lineare Umsetzung. Dadurch konnte mit den 8-Bit-Samples ein Dynamikumfang von ca. 12 Bit erzielt werden. Der Amiga verwendete 8 Bit linear. Das Betriebssystem des Archimedes stellte 8 Stimmen zu Verfügung. 16-stimmige Tracker wie der !Coconizer waren verfügbar.
Betriebssystem
Das gegenüber den damaligen Amiga- und Atari ST-Systemen in Puncto Bedienbarkeit und Funktionsumfang deutlich besser ausgestattete Betriebssystem RISC OS war im ROM integriert. Neben der gesamten grafischen Oberfläche beinhaltete es bereits zahlreiche Zusatzprogramme wie !Paint (ein Bitmap-Zeichenprogramm), !Draw (ein vektororientiertes DTP-Programm), !Edit (ein Schreibprogramm) und einige mehr enthielt. Die Programme des Archimedes starteten in der sogenannten Taskleiste, die Microsoft in der Nachfolgeversion des zeitgleich verfügbaren Microsoft Windows 3.11 implementierte. Enthalten waren auch der CLI (Commandline Interpreter), eine komplexe, Unix nachempfundene Betriebssystem-Shell, die Stapelverarbeitung ausführen konnte, und das BBC BASIC, das auch eine komplette Inline-Assemblersprache beinhaltete. Auch in diesem Punkt gab es zur Produktionszeit des Archimedes kein vergleichbares System.
RISC OS 2 erlaubte damit das komplette Starten ohne jede Festplatte oder Disketten. Einstellungen wurden in einem batteriegepuffertem CMOS-RAM gespeichert. RISC OS 3 konnte ebenfalls ohne Disketten oder Festplatte gebootet werden, jedoch wurden Bootdisketten mitgeliefert, die diverse Erweiterungen nachgeladen haben.
Das Betriebssystem leistete volles kooperatives Multitasking. Kooperativ bedeutet, dass die Anwendungen vom RISC OS aufgerufen wurden und selbstständig wieder einen Zyklus beendeten, so dass das RISC OS an die nächste Anwendung übergeben konnte. Bemerkenswert dabei ist, dass der Speichercontroller MEMC des Archimedes den gesamten Speicher umblenden konnte (Memory mapping), so dass jedes Programm scheinbar im gleichen Speicherbereich ausgeführt wurde und von den anderen Programmen nichts sah.
Für den Anwender war die komplett durchgängige Bedienung mit der mit drei Tasten bestückten Maus interessant. Mit der mittleren Maustaste wurden zu allen Objekten auf dem Desktop und in den Programmen Kontextmenüs angeboten. Das war durch das Betriebssystem mehr oder weniger erzwungen, so dass die Programmoberflächen im Sinn der Benutzerfreundlichkeit sehr einheitlich waren. Das Betriebssystem unterstützte durchgehend Drag and Drop. Zu speichernde Dateien wurden so aus dem Programm heraus direkt in den jeweiligen Dateiordner oder in ein anderes Programm per Maus geschoben und dort abgespeichert oder übergeben. Letztes funktionierte aber nicht immer einwandfrei.
Der Taskmanager des RISC OS listete alle Programme und deren Ressourcenverbrauch auf und war auch in diesem Bereich umfangreicher ausgestattet als zeitgenössische Versionen von Windows. Um auf die gleiche Leistungsfähigkeit zu kommen, benötigt Windows heute immer noch Erweiterung wie z. B. die von Sysinternals.
Allerdings ist das System durch das kooperative Multitasking gegen Programmfehler weniger geschützt als Systeme mit präemptivem Multitasking wie z. B. Windows NT oder Unix-Derivate, da die Programme die Kontrolle selbständig wieder an das Betriebssystem per Betriebssystemaufruf übergeben müssen. Der Absturz eines Programmes ließ somit, soweit der Fehler nicht das Programm beendete, mitunter den ganzen Computer abstürzen. Jedoch hielten sich diese Probleme deutlich in Grenzen und eine höhere Systemstabilität erreichten z. B. bei Windows erst die Windows-NT-Produkte und im Massenmarkt damit erst die Windows-XP-Serie. Das geringe Auftreten von Problemen ist auch dadurch begründet, dass es keine Dynamic Link Librarys gab, sondern nur das einheitliche ROM mit den festen und sehr fehlerarmen Modulen. Viren hatten es damit gleichfalls auf Betriebssystemebene erheblich schwerer.
Programmierung des Archimedes
Die Programmierung des Archimedes war sehr komfortabel. Das im ROM eingebaute BBC BASIC verfügte über die Möglichkeit, Inline-Assemblersprache zu verwenden. So war in diesem Basic beispielsweise auch die grafische Benutzeroberfläche des ersten Archimedes-Betriebssystems, ARTHUR, programmiert, wobei jedoch auf in Assembler geschriebene Betriebssystem-Funktionen zugegriffen werden konnte und der in BASIC geschriebene Teile im Wesentlichen die Koordination dieser Funktionen übernahm. Das spätere Betriebssystem RISC OS war schließlich komplett in Assembler geschrieben worden.
Für die Betriebssystemaufrufe bot der ARM einen eigenen Assembler-Befehl den SWI (Software Interrupt). So konnten beliebige Betriebssystemfunktionen einfach aus dem Assembler in der Form z. B. SWI „OS_WriteC“ (für Write Character) aufgerufen werden. Als Parameter dienten hier die 16 Register des ARMs. Detaillierte Handbücher listeten alle SWIs von RISC OS auf und dokumentierten die Ein- und Ausgänge der Register und die Funktionen.
Eigene Betriebssystem-Aufrufe konnten über neue Module programmiert und so das Betriebssystem beliebig erweitert werden.
Archimedes-Modelle
- Archimedes A305 (1987), das Einsteigermodell mit ARM2-CPU mit 8 MHz, 512 KB RAM, wurde in Deutschland meist schon vom Händler auf 1 MByte aufgerüstet (wobei der A305-Schriftzug mit einem A310-Schriftzug überklebt wurde)
- Archimedes A310 (1987), wie A305, nur mit 1 MByte RAM
- Archimedes A410, wurde zwar (mehrfach) angekündigt, war aber (vermutlich) nie wirklich erhältlich
- Archimedes A440 (1987), wie A310, aber mit 4 MByte RAM, ST-506 Festplatten-Controller und einer Festplatte mit 20 MByte
- Archimedes A410/1 (1989), wie A440, aber mit neuem (etwa 10% schnellerem) Memory-Controller MEMC1a, 1 MByte RAM und ohne Festplatte
- Archimedes A420/1 (1989), wie A410/1, aber mit 2 MByte
- Archimedes A440/1 (1989), wie A410/1, aber mit 4 MByte RAM und mit einer ST506-Festplatte mit 53 MByte
- Archimedes A540 (1990), der erste Archimedes mit ARM3-CPU mit 26 MHz, 4 MByte RAM (erweiterbar auf 16 MByte) und optionalem mathematischem Koprozessor, SCSI-Festplatte mit 100 MByte
Die nachfolgenden Modellen wurden von Acorn nicht als Archimedes bezeichnet, sind aber technisch weitestgehend mit dem Archimedes identisch:
- A3000 (1989), Tastaturcomputer, ähnlich dem Amiga 500 (bzw. dem BBC Master 128)
- R140 (1989), wie A440/1, jedoch mit einer Festplatte mit 60 MByte und (zusätzlich zu RISC OS) mit RISCix (Unix-Derivat)
- R260 (1990), wie A540, aber 8 MByte RAM, einer SCSI-Festplatte mit 100 MByte, Ethernet-Interface und RISCix
- R225 (1990), wie R260, aber mit 4 MByte RAM und ohne Laufwerke
- A5000 (1991), ARM3 mit anfangs 25 MHz (damit der A540 als Topp-Modell erhalten blieb), später mit bis zu 33 MHz und optional mit mathematischem Koprozessor (FPA10), erstes Modell mit serienmäßigem IDE-Controller und 2 MByte (brutto) Diskettenlaufwerk
- A3010 (1992), Tastaturcomputer, ARM250 (Prozessor ARM2, Speichercontroller MEMC1a, IO-Controller IOC und Grafikchip VIDC1a in einem Chip vereint), 12 MHz, 1 MB RAM, 1.6 MB Floppy, erster und einziger „Archimedes“ mit eingebauten Joystick-Ports und TV-Modulator
- A3020 (1992), wie A3010, jedoch 2 MB RAM, keine Joystick-Ports, kein TV-Modulator, dafür mit eingebautem IDE-Controller und optionaler Festplatte
- A4000 (1992), speziell für die britischen Schulen konzipiertes „Zwischending“ zwischen A3020 und A5000, wie der A5000 mit abgesetzter Tastatur, aber technisch auf dem Stand des A3020 (ARM250, 12 MHz)
- A4 (1992), das Notebook, das technisch gesehen der Vorläufer des A5000 war (obwohl es erst nach ihm auf den Markt kam), mit ARM3 (24 MHz), 4 MByte RAM und einem Graustufen-Display mit 640×480 Bildpunkten, das Gehäuse war identisch mit der Walkstation von Triumph-Adler und dem S20 von Olivetti (zu der Zeit war Acorn zu 79% im Besitz von Olivetti). Es hatte kein eingebautes Zeigegerät wie Trackball oder Touchpad.
Nachfolger waren die Risc PCs von Acorn.
Weblinks
Commons: Acorn Archimedes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Acorn Archimedes 3010 bei www.heimcomputer.de
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