Da'wa

Da'wa

Da'wa (arabisch ‏دعوة‎, DMG daʿwa ‚Ruf, Aufruf (zum Islam)‘) bedeutet "Aufruf, Einladung" und ist im Islam mit zahlreichen Konnotationen verbunden.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutungen

Im Koran, Sure 30, 24, bezieht sich das Wort auf den Aufruf an die Toten, am Tag des Jüngsten Gerichts dem Grab zu entsteigen. Eine weitere Bedeutung ist "Einladung zu einem Essen" und schließlich das Essen selbst. Da'wa bedeutet auch "Aufruf an Gott, Gebet, Gelübde, Wunsch". Das Gebet eines Unterdrückten gelangt nach islamischer Auffassung stets zu Gott, und auch die Da'wa eines Muslim zugunsten seines Glaubensgefährten wird stets von Gott erhört. Das Wort bezieht sich auf Wünsche jeglicher Art. Es kann Verwünschung oder Verfluchung bedeuten und wird auch auf offene oder versteckte Propaganda der falschen Propheten angewandt. Schließlich bedeutet Da'wa im erweiterten Sinn den Inhalt dieses Aufrufs, das religiöse Gesetz, und wird deshalb als Synonym von Sunna und Scharia verwendet. Der Begriff kann sich auch auf die islamische Gemeinschaft beziehen, die den Aufruf des Propheten Mohammed vernommen hat, und wird dann in einem ähnlichen Sinne wie Umma gebraucht.

Geschichte

Gemäß dem Koran ist jeder Muslim aufgefordert, die Botschaft Mohammeds zu verkünden. Historisch gesehen hat die Mission in islamischen Ländern keinen Stellenwert wie in christlichen Ländern. Die Expansionspolitik islamischer Länder (z.B. das Osmanische Reich) setzte in vielen Fällen auf eine Eingliederung von Minderheitenreligionen und ihren Führungen in den Staatsapparat. Von Nichtmuslimen - insbesondere Juden und Christen - unter islamischer Herrschaft wurde keine Konversion verlangt, solange sie sich mit einem Status als Schutzbefohlene (Dhimmi), als Bürger mit eingeschränkten Rechten (z. B. speziellen Steuern, Verbot der Ehe mit Musliminnen, Kleider-, Wohn- und Verhaltensvorschriften, Beschränkungen beim Zugang zu offiziellen Positionen) zufrieden gaben. Dies galt jedoch meist nicht für indigene Religionen in Afrika und Asien. Diese galten und gelten wegen ihrer Schriftlosigkeit, fehlendem Monotheismus usw. nicht als Religionen. Das Wort Da'wa wird in der islamischen Geschichte für die Propgandabewegung der Ismailiten verwendet, welche die Muslime dazu aufriefen, den Nachfolgern des Imam Ismail ibn Djafar Treue zu leisten. Diese Bewegung führte zunächst zu einer Revolte in Syrien und Mesopotamien und anschließend in Nordafrika zur Errichtung der Dynastie der Fatimiden.

Von religiöser Seite wird die Bekehrung zum Islam im Zuge von Kriegszügen als unsinnig bezeichnet, da diese vor allem nicht mit ihrem Eigenkonzept des Islam - im Widerspruch zur Sunna und den darin überlieferten Bekehrungstätigkeiten Mohammeds - übereinstimmen. Auch war es meist nicht das Ziel der Kriegsführenden, die Mission voranzutreiben, sondern die Herrschaft des Islam zu erweitern. Nach Eroberungen war es jedem Einheimischen freigestellt, sich dem Islam anzuschließen oder widrigenfalls die Konsequenzen zu tragen. Die frühe islamische Geschichtsschreibung erwähnt jedoch die Pflicht zum Aufruf zum Islam vor dem Kampf (da'wa qabla al-qital) in verschiedenen Kontexten. Darunter fallen Ansprachen von islamischen Botschaftern im Lager des Feindes, die die fundamentalen Inhalte der Religion erklären und dem Feind die Wahl zwischen Konversion und Kampf freistellen. Falls es sich beim Gegner um Monotheisten (Juden, Christen, Zoroastrier) handelt, erwähnen Friedensverträge auch die Möglichkeit, sich als Dhimmis gegen die Entrichtung eines Schutzgeldes (Dschiziya) islamischer Herrschaft zu unterwerfen und dafür den Status einer geschützten Minderheit zu erhalten. Das Prinzip der Pflicht zum Aufruf zum Islam vor dem Kampf wird häufig abgeleitet aus Sure 17:15 „Und Wir bestrafen nie ohne zuvor einen Gesandten geschickt zu haben“ sowie aus Sahíh Bukhari, Buch des Dschihad (4:191), welches von einem Brief Muhammads an Heraklius, Herrscher von Byzanz, berichtet, in dem er diesen zum Islam eingeladen und Sicherheit versprochen haben soll, sollte er konvertieren. Der folgende Vers, 4:192, betont ebenfalls die Notwendigkeit, den Feind vor dem Kampf zum Islam zu rufen. Er berichtet, dass Ali, ein Gefährte des Propheten, von Muhammad dazu angewiesen wurde, den Feind zum Islam zu rufen wenn er auf ihn treffe.[1]

Die zunehmende Anzahl von Muslimen, die in der nichtislamischen Diaspora leben, hat dazu geführt, dass sich einige Bewegungen herausgebildet haben, die eine Art innerer Mission unter den Muslimen Europas betreiben, um sie stärker an ihre Religion zu binden und Defizite auszugleichen, die sich durch die Diasporasituation ergeben.

In vielen Ländern mit muslimischer Bevölkerung gibt es – besonders in moderner Zeit – Missionsbewegungen unter Muslimen mit dem Ziel, einen angeblich reinen Islam zu verbreiten. Dabei werden Synkretismen und Einflüsse lokaler Traditionen und Wertvorstellungen (im Westen etwa solche der verfassungsmäßigen Ordnungen) verboten bzw. zurückgewiesen[2]; die Menschen sollen sich ausschließlich an die Vorschriften des Koran halten. Solche Bewegungen führen z. B. dazu, dass Frauen traditionelle Aufgabenfelder und Rechte einbüßen oder alte Ernährungsgewohnheiten angegriffen werden.

Islamische Verkündung in der Welt

Eine politisch gefärbte Missionstätigkeit geht von Saudi-Arabien aus, wo eine durch Petro-Dollars gut ausgestattete Geistlichkeit bestrebt ist, die wahabitische Form des Islam in der Welt zu verbreiten. Dies zielt zunächst auf die islamische Welt und ist verstärkt in Afghanistan und Tschetschenien zu beobachten, aber auch während des Bosnienkrieges wurde sie aktiv und versuchte, die bosnische Bevölkerung für den wahabitischen Islam zu begeistern. In Deutschland versucht man deutsche Muslime mit Stipendien und gesponserten Hajj (Pilgerfahrten) für sich zu gewinnen. Dies zeitigt einen gewissen Erfolg, da Saudi-Arabien als das Ursprungsland des Islam gilt und unter deutschen Muslimen der Eindruck verbreitet ist, dass der Islam Saudi-Arabiens "ursprünglicher" ist als anderswo. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist, dass andere islamische Gruppen, die meist national orientiert und organisiert sind, oft keinen Platz für deutsche Muslime bieten.

Die Missionstätigkeit der Ahmadiyya dagegen reicht bis in die Zwischenkriegszeit zurück.

Eine Reform und Neuorientierung europäischer Muslime bezüglich ihres Konzeptes von Da'wa in Europa wird heute von einigen modernen islamischen Gelehrten gefordert. Tariq Ramadan fordert, dass eine moderne europäische Da'wa den Europäern erklären soll, dass nicht Konversion von Nicht-Muslimen ihr Ziel sei, sondern sie lediglich darauf zielen, den „Islam zu bezeugen“.[3]

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Albrecht Noth, The Early Arabic History. Princeton: Darwin Press, 1994, pp. 146 ff; Nina Wiedl, Da'wa - Der Ruf zum Islam in Europa. Berlin: Verlag Hans Schiler, 2008, pp. 52 f.
  2. So etwa in der (als Audiodatei im Internet verbreiteten) Predigt eines österreichischen Imamen, die in der Kernaussage gipfelt: „Der Westen muß unseren Dissens zu ihm akzeptieren“ [1] Audiodatei
  3. Tariq Ramadan Da’wa in the West, 27. September 2004

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