Dekubitusmatratze

Dekubitusmatratze
Wechseldruckmatratze

Die Dekubitusmatratze — auch Antidekubitusmatratze — wird in der Krankenpflege verwendet und ist eine (Auflage-)Matratze, die zur Prophylaxe oder Therapie von Dekubitalgeschwüren bei Patienten primär durch Verringerung des maximalen Auflagedrucks dient. Diese Verringerung kann entweder örtlich durch eine größere Auflagefläche oder zeitlich durch ein Wechseldrucksystem, bei dem Körperstellen zeitweise be- und entlastet werden, oder aber durch Mikro-Stimulation erfolgen.

Die Funktionsweise dieser Hilfsmittel basiert auf der Reduzierung der extrinsischen Faktoren der Dekubitusentstehung (s. Dekubitus), bzw. im Falle der Mikro-Stimulation auf der Förderung der Mikrozirkulation der Haut.

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgebiete

Dekubitusmatratzen werden vor allem in der Intensivmedizin und in der Altenpflege eingesetzt, kurz: Überall dort, wo durch Immobilität von Patienten (sei es wegen Koma, längerer Sedierung oder Lähmung) die Gefahr des Wundliegens durch schlechte Sauerstoffversorgung des Auflagefeldes des Körpers besteht (s. Dekubitus). Da schon Liegezeiten von zwei Stunden zur Ausbildung eines Druckgeschwürs führen können (Versluysen, 1986), kommt diesen Systemen auch bei der Dekubitusprophylaxe im Operationssaal eine bedeutende Stellung zu.

Alternativen

Alternativ (und ergänzend) zur Dekubitusmatratze gibt es bei bettlägerigen und immobilen Patienten nur die Möglichkeit des häufigen Umlagerns (als Richtwert etwa zweistündlich), was gerade in Krankenhäusern und Altenheimen aus personellen Gründen oftmals nicht oder nicht häufig genug möglich ist. Dabei muss auf haut- und gewebeschonende Umlagerungs- und Transporttechniken geachtet werden. Die zuständigen Pflegekräfte sollten einen Lagerungsplan für jeden Patienten führen, der sämtliche Umlagerungen genau dokumentiert.

Patienten, die auf Dekubitusmatratzen liegen, werden, da die aktiven Matratzen vielfach für den Patienten unbemerkt arbeiten, nicht so häufig durch solche Lagerungsmanöver gestört, was den Heilungsprozess positiv unterstützen kann. Das heißt aber nicht, dass sie auf einer solchen Matratze nicht umgelagert werden sollten.

Arten von Matratzen

Es gibt verschiedene Ausführungen von Antidekubitusmatratzen und -auflagen. Für den stationären Bereich, speziell die Intensivstation, gibt es auch komplette Bettsysteme, die aber nur bei sehr schweren Patienten zum Tragen kommen sollten.

Wechseldrucksysteme

Funktionsweise

Diese Systeme bestehen aus mehreren Luftkammern, welche durch eine automatische Steuerung abwechselnd mit Luft befüllt bzw. wieder entleert werden, so dass verschiedene Körperregionen abwechselnd mit Druck be- und wieder entlastet werden. Für Arbeiten am Patienten kann auf statischen Druck umgeschaltet werden (alle Kammern gefüllt), für Notfälle (Reanimation, CPR) kann sehr schnell die gesamte Luft aus der Matratze entfernt werden. Es gibt sowohl komplette Wechseldruck-Matratzensysteme wie Auflagen, die auf normale Matratzen gelegt werden. Gerade ältere Systeme übertragen durch die Pumpfunktion des Systems hervorgerufene Vibrationen auf das Patientenbett, was vielfach als störend empfunden wird. Hier muss man unterscheiden ob das System ein Zweikammer oder ein Dreikammerwechseldrucksystem ist. Bei letzteren werden abwechselnd drei Kammern angeblasen, was die Auflagefläche des Patienten stark vermindert. Das Ab und Anblasen der Kammern wird durch den Nutzer meist nicht als so störend wie bei einem Dreikammerwechseldrucksystem empfunden.

Nicht jedes Wechseldrucksystem kann bei einem Stromausfall den Druck in den Kammern konstant über einen längeren Zeitraum halten, wodurch es gerade im Heimanwenderbereich manchmal zu Problemen kommt.

Vorteile

  • sehr leicht in der Handhabung
  • sehr leicht im Transport

Nachteile

  • sehr störendes Geräusch durch Gebläse
  • Kontraindiziert bei Patienten mit bestehender Körperwahrnehmungsstörung
  • Kontraindiziert bei chirurgischen Extensionen (Beinextension)
  • Der Wechseldruck belastet auch eine Körperregion, wodurch es ungewollt zu einer kurzzeitigen Minderdurchblutung kommt.
  • bei längerem Gebrauch führt die Matratze zu einer Körperwahrnehmungsstörung (Patient verliert die Körpergrenzen)
  • Schmerzpatienten können durch den Spitzendruck den diese Systeme aufbauen zusätzliche Schmerzen bekommen
  • Reinigung meist problematisch

Statische Weichlagerungssysteme

Luftkissensystem, deutlich erkennbar sind die einzelnen Luftkammern

Funktionsweise

Hier kann man zwischen zwei möglichen Varianten unterscheiden. Entweder man legt den Patienten auf eine Schaumstoffmatratze) oder aber auf ein motorbetriebenes Luftkissensystem. Schaumstoffmatratzen): Durch die Verwendung eines weichen Schaums (es kommen sowohl 'normale' wie viskoelastische Schaumstoffe zum Einsatz) sinkt der Patient in die Matratze ein. Durch Vergrößerung der Auflagefläche nimmt der Druck ab. Viskoelastische Schäume werden durch Erwärmung weich und schmiegen sich noch stärker als andere Schäume an die Körpergeometrie an. Zu beachten ist, dass tiefes Einsinken zwar den Druck gut verteilt, Eigenbewegungen des Patienten jedoch deutlich reduziert. Die gewählte Matratze sollte also sowohl eine gute Druckentlastung bieten, sowie die Eigenbewegungen des Patienten nur minimal einschränken. Einige Matratzen weisen für Kopf-, Sakral- (Becken-) und Fußbereich verschiedene Schäume mit angepassten Eigenschaften auf. Der Einsatzrahmen ist aber nur auf leichteste Rötungen und die Prophylaxe beschränkt.

Wesentlich besser allerdings sind Luftkammerkissen und -matratzen, bei denen Luft in nach oben stehenden Kissen den Gewichtsausgleich bewerkstelligt. Gerade in der Intensivmedizin wird dieses System meist mit einer Luftstromtherapie kombiniert. Der Einsatzgrad dieser Therapie ist meist nicht auf niedergradige Dekubitalgeschwüre beschränkt.

Als Unterart der statischen Weichlagerung kann man die Pulsation verstehen, welche oft fälschlich als Wechseldruck bezeichnet wird. Bei der Pulsationstherapie werden die einzelnen Kissen vom Fußende ausgehend in einem bestimmten Zyklus mit zusätzlicher Luft befüllt; so wird eine Pulsationswelle erzeugt. Dies hat einen ähnlichen Effekt wie ein Wechseldrucksystem, jedoch ohne den unangenehmen Effekt eines Spitzendrucks.

Vorteile

  • Luftstromtherapie
  • sehr leicht im Transport

Nachteile

  • sehr störendes Geräusch durch Gebläse
  • Kontraindiziert bei Patienten mit bestehender Körperwahrnehmungsstörung
  • Kontraindiziert bei chirurgischen Extensionen (Beinextension)
  • bei längerem Gebrauch führt die Matratze zu einer Körperwahrnehmungsstörung (Patient verliert die Körpergrenzen)
  • Reinigung meist problematisch

Mikro-Stimulation

Funktionsweise

Ein Mikro-Stimulationssystem (kurz MiS) ist ein dynamisches System zur Stimulation von Mikrobewegungen und hat seine theoretischen Wurzeln in den Grundlagen der basalen Stimulation, der Kinästhetik und des Bobath-Konzeptes. Micro-Stimulations-Systeme fördern und erhalten die Eigenbewegung und Wahrnehmung des Patienten durch die Rückkopplung des Systems (die charakteristisch aus der Flügelfedertechnik (Torsionsflügelfeder) besteht) mit dem Patienten. Diese Rückkopplung unterstützt den Erhalt der Körperwahrnehmung und ermöglicht dadurch die Eigenbewegung des Patienten. Dadurch wird die physiologische Durchblutung der Haut gewährleistet, so dass das Auftreten von Druckgeschwüren verhindert bzw. die Grundvoraussetzung für die Wundheilung geschaffen wird. Anders als Luftkissensysteme ist sie bei Patienten mit gestörter Körperwahrnehmung (Schlaganfall, Parkinson-Krankheit) sogar indiziert. Ebenfalls kann diese Matratze bei Patienten mit Beinextensionen zum Einsatz kommen, da hier der Patient stabil aufliegt.

Vorteile

  • Förderung bzw. Beibehaltung der Wahrnehmung
  • Kein Spitzendruck
  • Kein Geräusch des Motors
  • Eigenbewegung des Patienten möglich
  • Reaktivierendes bzw. basales Arbeiten möglich
  • Die verschiedenen Bewegungsmodi der MiS fördern eine physiologische Durchblutung gefährdeter bzw. betroffener Hautareale
  • Einheitliche Auflagefläche des Körpers zur gleichmäßigen Druckverteilung ohne Spitzendrücke
  • Gewebeschonende Lagerung des Patienten durch Systemaufbau
  • Vorbeugung von Spastiken und Kontrakturen

Nachteile

Gelmatratzen

Funktionsweise

Diese kommen primär im Operationssaal und weniger auf Stationen zum Einsatz. Sie sind mit zähflüssigem Gel (meist Trockenpolymere/Polyurethane) gefüllt. Gelmatten stellen quasi den Klassiker perioperativer Hilfsmittel dar. Zusätzlich lassen sich Gelmatten erwärmen und können so einer Auskühlung des Patienten vorbeugen. Weiterhin existieren andere Hilfsmittel aus Gelwerkstoffen (Sitzkissen etc.).

Vorteile

  • billige Prophylaxe
  • keine störenden Geräusche - da kein Motor notwendig

Nachteile

  • durch den Überzug der Matratzen im stationären Bereich werden Geschwüre eher gefördert
  • keine Therapie
  • sehr schwere Auflage, welche bei verstellbaren Krankenbetten zu Problemen mit den Motoren und beim Personal zu erhöhten Kräfteeinsatz führt

Glaskugelbetten

Bei großflächigen, Flüssigkeit sezernierenden Wunden wie Verbrennungen kann der Patient in ein Spezialbett gelegt werden. („Air Fluidised Therapie“) Es ist mit einer Masse von Mikroglaskugeln gefüllt, die von unten durch einen Luftstrom verwirbelt wird, so dass sie sich wie eine Flüssigkeit verhält. Nach oben verhindert ein dicht montiertes Laken aus Synthetikgewebe das Austreten dieser Masse, die makroskopisch betrachtet einen feinen Staub darstellt. Das Laken ermöglicht gleichzeitig, dass die Mikroglaskugeln von Patienten abgegebene Flüssigkeit aufnehmen. Der Kranke liegt mit minimalem Auflagedruck darauf, was der Vorbeugung und Therapie von Dekubiti dient. Wegen hoher Kosten und der notwendigen Wartung werden diese Betten bei Bedarf durch Krankenhäuser beim Hersteller angemietet. Ihr Leergewicht liegt bei 870 kg, was Mindestanforderungen an die Gebäudestatik und die Zugänglichkeit des Patientenzimmers stellt. Für die häusliche Pflege sind derartige Betten daher ungeeignet.[1]

Literatur

  • M. Versluysen: How elderly patients with femoral fracture develop pressure sores in hospital. In: British Medical Journal. 292, 1311-1313

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sigrid Schäfer u.a.: Fachpflege Beatmung, S.271f.. Elsevier,Urban&FischerVerlag, 2008, ISBN 9783437251832.

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