Delegationsvertrag

Delegationsvertrag

Der folgende Artikel benutzt das Wort Delegation, so wie es im englischen mit „delegation" gemeint ist. In der deutschen Sprache ist die Delegation eine Abordnung und beschreibt somit eine Gruppe von Leuten. Die korrekte Übersetzung von „delegation" wäre Delegieren oder Delegierung. Dabei wird vom Delegierenden ein Delegat an den Delegierten delegiert (Satz dient lediglich als Beispiel für die korrekte Wortbedeutung).

Delegation bedeutet die Übertragung von Entscheidungskompetenzen von einer Instanz (Delegierender) an (meist) unterstellte Instanzen/Stellen (Delegationsempfänger).

Inhaltsverzeichnis

Der Begriff der Delegation

Top Down
Bottom Up

Traditionelle Vorstellungen von der singulären Führungsperson, die „von oben“ Befehle erteilt, sind mit dem Prinzip der Delegation unvereinbar. Sie ist ein Mittel zur Veränderung der traditionellen top down-Hierarchie (Befehle von oben nach unten) hin zu einer modernen bottom up-Hierarchie (Berichte von unten nach oben). Sie ist somit ein Mittel zur Dezentralisation, da nun eine Mehrzahl von Personen Entscheidungskompetenz haben und diese wiederum, wenn sie die Befugnis dazu haben, Delegation betreiben können. In ihrer reinsten Form schließen sich Zentralisation und Dezentralisation natürlich aus, doch „die Kombination beider Strategien wird möglich, wenn grundsätzliche Entscheidungen über Ziele und Strategien der Leistungserstellung sowie –vermarktung zentralisiert, die operativen Entscheidungen über das konkrete, alltägliche Vorgehen zur Realisation von Zielen und Strategien dagegen dezentralisiert werden.“ (Lit.: Schreyögg G., 2004)

Entsprechend dem Prinzip Management by Exception befassen sich die höheren Ränge nur mit Ausnahmefällen, während sich die niedrigeren Ränge um die Normalfälle kümmern. Hierfür ist es notwendig, dass genau definiert wird, was unter einem Ausnahmefall und was unter einem Normalfall zu verstehen ist. (Lit.: Kieser/Reber/Wunderer,1987, S.139) Wenn dies gelingt, so kann man mit einer deutlichen Entlastung der Führungsspitzen rechnen. Weiter müssen die Gesamtziele der Organisation in Subziele unterteilt werden um von diesen wiederum Aufgaben ableiten und übertragen zu können.

Grundsätzlich nimmt die Möglichkeit der Delegation mit der Schwierigkeit der Aufgaben (vor allem ihrem Innovationsgehalt) ab und nimmt mit dem Qualifikationsniveau der Delegationsempfänger zu. Mit der Aufgabenverlagerung muss ebenfalls eine Verlagerung der Kompetenz und Verantwortung erfolgen (Kongruenzprinzip, wonach Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung sich decken müssen).

Das Delegationsmodell

Delegationsmodell

Bei der Delegation findet eine spezifische Arbeitsteilung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter statt. (Lit.: Scheuch, 1990, Seite 482) Durch die Delegation kommt es zu einer Teilung der Verantwortung zwischen Delegierenden und Delegationsempfängern. Dem Delegierenden obliegt demnach die sog. Führungsverantwortung, den Delegationsempfängern die Handlungsverantwortung (auch Vollzugsverantwortung).

Das Delegationsproblem

Vor allem in der Soziologie ist die Umkehrung von Delegation als Delegationsproblem bekannt geworden. Geht man davon aus, dass unter Delegation nur ein Übergeben von Aufgaben an andere und nicht etwa an Untergebene gemeint ist, kann dieses Problem auftreten. Bei jeder Wahl oder auch Teamarbeit wird Arbeit und Verantwortung an andere delegiert – ohne dass man daraus direkt eine Hierarchie herauslesen müsste. Wenn aber die Arbeiten delegiert wurden, meist im Hinblick auf eine Arbeitserleichterung oder ähnliches, kommt es irgendwann vermehrt zu einer Umkehrung. Die Aufgaben, die vorher an jemanden delegiert wurden, werden auf einmal von demjenigen wieder zurück delegiert. Das wesentliche Problem daran ist, dass die Entscheidungsgewalt auf subtile Weise von der Gruppe auf den Deleganten übergeht.

Führungsverantwortung

Führungsverantwortung übernehmen bedeutet das Ausmaß der Delegation zu bestimmen und die Verantwortung für die Auswahl und Kontrolle der Delegationsempfänger zu tragen. Ebenso fällt darunter die Formulierung operationaler Handlungsziele und die Gewährleistung der Bereitstellung der benötigten Informationen und Mittel für die Delegationsempfänger. Führungsverantwortung ist entgegen der Handlungsverantwortung nicht delegierbar.

Handlungsverantwortung

Unter Handlungsverantwortung versteht man die Pflicht des Delegationsempfängers, den Delegierenden zu beraten und zu informieren (vor allem in außergewöhnlichen Fällen) sowie die Pflicht, Rechenschaft über die zielgerechte Erfüllung der Aufgaben abzulegen.

Vorteile

  • Quantitative und qualitative Entlastung der übergeordneten Stellen;
  • Weniger Stabstellen;
  • Geringerer Kommunikationsaufwand;
  • Konzentration der Führungsspitze auf strategische Aspekte;
  • Entscheidungen dort, wo Folgen unmittelbar wirksam werden;
  • Ausnutzung von vorhandenen Fähigkeiten der Mitarbeiter;
  • Erhöhung der Motivation der Mitarbeiter und somit Ausschöpfung ihres Leistungspotentials;
  • Managementnachwuchs kann frühzeitig Entscheidungen trainieren;

Probleme/Nachteile

  • Höherer Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern;
  • Erhöhter Koordinationsaufwand;
  • Erhöhtes Konfliktpotential;
  • Vermehrte Ergebniskontrolle notwendig;
  • Rücknahme der Delegation: der Delegierende greift in den Aufgabenbereich des Delegationsempfängers ein, ohne dass dies wirklich notwendig wäre (z.B. durch dauerndes Auffordern zur Berichterstattung);
  • Gefahr der Überforderung einzelner, hierdurch Frustration und Demotivation;
  • Erhöhten Stress durch Verantwortung;
  • Rückdelegation: der Delegationsempfänger gibt die ihm übertragene Aufgabe zurück (dies kann auch unterschwellig geschehen, z.B. durch ständige Einholung der Meinung des Vorgesetzten);
  • Gefahr, dass sich die Berichterstattung auf Negativfälle Prinzips (lt. Management by Exception) konzentriert und dadurch Erfolgsmeldungen unmöglich werden. Dies kann sich unter Umständen negativ auf die Motivation des Delegationsempfängers auswirken und zu Rückdelegation führen.
  • Unzureichende Wahrnehmung der Führungsverantwortung;
  • Unterschätzung der tatsächlichen Delegationsmöglichkeiten;
  • Umfeldbezogene Unstimmigkeiten;

Wie schon gesagt bedeutet Delegation vor allem Dezentralisation, wobei letzteres wiederum einen Koordinationsbedarf mit sich bringt. Diesem Koordinationsproblem kann zwar durch Organisationsmodelle und durch Medieneinsatz, der ja heutzutage eine effiziente Kommunikation ermöglicht, begegnet werden, doch werden auch hier Grenzen umso mehr sichtbar, je größer eine Unternehmung ist: „Fehlerfreie Delegation über viele Ebenen der Hierarchie mit wirkungsvoller Koordination aller Aktionen ist somit unwahrscheinlich, wenn nicht sogar utopisch. Fehler der Zielzerlegung und -koordination bilden somit ein Restrisiko, das jede Unternehmung tragen muss“ (Lit.: Schreyögg G., 2004)

Die Grundfragen der Delegation

WAS soll getan werden? (Inhalt)

  • Was ist überhaupt alles zu tun?
  • Welche Teilaufgaben sind zu erledigen?
  • Welches Ziel wird angestrebt? Was ist das Ergebnis?
  • Welche Abweichungen können allenfalls toleriert werden?
  • Welche Schwierigkeiten sind zu erwarten?

WER soll es tun? (Person)

  • Welche Voraussetzungen muss jemand für diese Aufgabe mitbringen?
  • Wer ist geeignet für diese Aufgabe?
  • Wer könnte behilflich sein?

WARUM soll er es tun? (Ziel, Motivation)

  • Welche Zusammenhänge bestehen?
  • Was muss man vom Hintergrund der Aufgabe wissen?
  • Welche Bedeutung hat die Aufgabe für andere, für die Firma, für den Vorgesetzten?

WIE soll er es tun? (Umfang, Details)

  • Wie muss bei der Ausführung vorangegangen werden?
  • Gibt es Vorschriften, die zu beachten sind?
  • Müssen bestimmte Verfahren angewendet werden?
  • Müssen andere Stellen einbezogen werden?
  • Wie verhält es sich mit den Kosten?

WOMIT soll er es tun? (Hilfsmittel, Ausrüstungen, Unterlagen)

  • Welche Hilfsmittel stehen zur Verfügung?
  • Welche Hilfsmittel müssen noch beschafft werden?
  • Welche Unterlagen sind nötig? Müssen sie noch erstellt werden?

WANN soll es erledigt werden? (Anfangs-, Zwischen-, Endtermin)

  • Wie liegen die Kundentermine?
  • Wann muss die Arbeit/der Auftrag spätestens begonnen werden?
  • Sollen Zwischentermine abgemacht werden?
  • Wann werde ich mich vom Mitarbeiter über den Fortschritt informieren lassen?

Literatur

  • Schulte-Zurhausen: Organisation. 3. Aufl. München: Franz Vahlen, 2002. ISBN 3-8006-2825-2
  • Bittel, L.R.: Management by Exception, New York, San Francisco, Toronto, London 1964.
  • Grochla, E./Vahle M./Puhlmann, M./Lehmann, H.: Entlastung durch Delegation. Leitfaden zur Anwendung organisatorischer Maßnahmen in mittelständischen Betrieben, Berlin 1981. (ISBN 3-503-01987-1);
  • Gross, G.F.: Chefentlastung. Grundsätze und Techniken, 4.A.,München 1963.
  • Guserl, R.: Das Harzburger Modell: Idee und Wirklichkeit, 2. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden 1976, (ISBN 3-409-38131-7)
  • Höhn, R./Böhme, G.: Der Weg zur Delegation von Verantwortung im Unternehmen -Ein Stufenplan, 5.Auflage,Verlage für Wissenschaft, Wirtschaft und Technik, Bad Harzburg 1979,(ISBN 3-8020-0207-5)
  • Grün: Organisation. In: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Service Fachverlag, Wien 1990, (ISBN 3-85428-170-6)
  • Grün: Delegation. In: Handwörterbuch der Führung, Poeschl Verlag, Stuttgart 1987, (ISBN 3-7910-8028-8)



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