Der gekreuzigte Gott

Der gekreuzigte Gott

Der gekreuzigte Gott von Jürgen Moltmann behandelt nicht mehr die alte theologische Frage, was der Tod Christi für die Menschheit bedeutet, sondern die, was er für Gott bedeutet. Weniger theologisch ausgedrückt geht es um eine Theologie nach Auschwitz.

Inhaltsverzeichnis

Hauptgedanken

Die Grunderfahrung, die Moltmann zum vertieften Glauben führte, war die der Verlassenheit von Gott. Er hatte sie im Feuersturm von Hamburg gemacht und erlebte sie wieder, als er sich für das Geschehen von Auschwitz mitverantwortlich fühlte. Trost gab ihm in dieser Situation nur, dass Christus dieselbe Erfahrung der Gottesverlassenheit gemacht hatte.[1]

Von der Gottverlassenheit Jesu her[2] kommt er zu folgenden Hauptaussagen über Gott:

Gott ist leidensfähig, denn sonst wäre die Passionsgeschichte Christi keine Offenbarung Gottes. Gott liebt sein Volk und die Gerechtigkeit. Deshalb leidet er mit allen Leidenden, weil er an ihrem Schicksal teilnimmt. Aber er leidet anders als sie.[3] Er erleidet nicht das Sterben, er leidet unter dem Tod seines Sohnes. Nur wenn Gott leidet, kann die Auferstehung Heilsbedeutung für die Welt gewinnen.[4]

Kritik

Diese Sicht Gottes wurde von verschiedenen Positionen aus kritisiert:

Gott darf nicht leiden

Karl Rahner betont: Wir sind in das Leid zementiert. Gott steht darüber.

Johann Baptist Metz argumentiert: Gott darf nicht leiden, damit die Theodizeefrage offen bleibt. Wir müssen fragen dürfen: Warum ist so viel Leiden in der Welt?

Hans Küng hebt hervor: Gott ist jenseits des Verstehens. Dem Menschen bleibt angesichts des Leidens nur das Schweigen.

Gott darf nicht sadistisch sein

Dorothee Sölle sieht in dem Gott, der Jesu Tod nicht von Anfang an als Erlösungsgeschehen begreift, einen sadistischen Gott, weil er seinen eigenen Sohn tötet. Später nimmt sie aber im Zusammenhang mit der Deutung von Auschwitz eine ähnliche Position wie Moltmann ein.

Ähnliche Positionen

Hans Urs von Balthasars Theologie wird von manchen als das katholische Gegenstück zu Moltmanns Position gesehen, und die Theologie der älteren Sölle nähert sich ebenfalls seinem Standpunkt stark an.

Bibliographische Angaben

Jürgen Moltmann: Der gekreuzigte Gott. Das Kreuz Christi als Grund und Kritik christlicher Theologie, Christian Kaiser Verlag München 1972.

Fußnoten

  1. "War Gott gegenwärtig im Inferno jener brennenden Nächte meiner Erinnerungen, oder war er unberührt davon im Himmel einer selbstzufriedenen Seligkeit? Wo ist Gott war meine existenzielle Frage [...]. Die allfällige Theodizeefrage interessierte mich nicht.(Jürgen Moltmann: Weiter Raum, Gütersloh 2006, 1. Aufl. S.186)
  2. Mein Gott, warum hast du mich verlassen? "Das ganze Buch kann als einer theologischen Auseinandersetzung mit diesem Todesschrei verstanden werden." (Moltmann, S.186)
  3. "Jesus erleidet das Sterben am Kreuz, der Vater aber erleidet den Tod des Sohnes, denn er muß ihn überleben." (Moltmann, S.189)
  4. "Nur der leidende Gott kann helfen." (Dietrich Bonhoeffer: Widerstand und Ergebung, München 1951, S.242)

Weblinks


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