Descensus testis

Descensus testis

Der Descensus testis (lat. für ‚Hodenabstieg‘) ist die mehrheitlich fetale Wanderung des Hodens vom Ort seiner embryonalen Anlage hinter der Niere durch den Leistenkanal in den Hodensack (Skrotum).

Inhaltsverzeichnis

Mechanismus

Normale Anatomie nach Abstieg des Hodens in den Hodensack

Der Hoden entsteht im Bauchraum außerhalb des Bauchfells (extraperitoneal) in Höhe der oberen Lendenwirbel im Bereich der Nierenanlage. Gesteuert durch das Anti-Müller-Hormon (AMH, produziert von den Sertoli-Zellen) steigen die Hoden zunächst in der Transabdominalphase zum Beckenrand ab. Man bezeichnet diesen Abschnitt als transabdominellen Hodenabstieg. In der Literatur wird der Vorgang, der zum transabdominellen Abstieg führt, als ballonartige Anschwellung und Verkürzung des Gubernaculums durch Proliferation beschrieben, wodurch der Hoden mitgenommen wird. In der sich anschließenden Inguinoskrotalphase steigen die Hoden androgenvermittelt (Testosteronanstieg) entlang des Gubernaculum testis (dem unteren Keimdrüsenband) über den Leistenkanal in den Hodensack ab. Dabei bildet sich eine trichterförmige Ausstülpung des Bauchfells in das Skrotum, der Processus vaginalis peritonei. Hier scheint eine Verkürzung des Gubernaculum durch Rückbildung die entscheidende Rolle zu spielen. Der Processus vaginalis bildet sich ebenfalls bis auf einen kleinen Rest, der im Hodensack verbleibt, zurück. Das Gubernaculum testis bleibt als Hodeneigenband (Ligamentum testis proprium) und Nebenhodenschwanzband (Ligamentum caudae epididymidis) erhalten.

Zeitliches Auftreten

Der Hodenabstieg erfolgt bei Wiederkäuern bereits im 3. Fetalmonat. Beim Mensch und Schwein ist er etwa zur Geburt abgeschlossen. Beim Pferd wandern die Hoden etwa zur Geburt durch den Leistenkanal. Beim Hund wie auch bei der Hauskatze ist der Hodenabstieg zumeist erst Ende des 1. Lebensmonats abgeschlossen, bei neugeborenen Welpen sind fehlende Hoden im Hodensack also noch kein Grund zur Beunruhigung. Bei Nagetieren erfolgt der Hodenabstieg erst zur Pubertät und auch erwachsene Tiere können die Hoden noch in die Bauchhöhle zurückziehen.

Störungen

Störungen des Hodenabstiegs (Maldescensus testis) sind relativ häufig und vermutlich genetisch bedingt. Sie können beide oder auch nur einen Hoden betreffen. Diese Entwicklungsstörungen führen zu Lageanomalien des Hodens wie Kryptorchismus oder Hodenektopie.

Bleiben die Hoden in der Bauchhöhle, so können keine fruchtbaren Spermien entstehen (Infertilität). Zudem neigen sie zur Tumorbildung.

Störungen der Rückbildung des Processus vaginalis peritonei führen zu einer angeborenen Leistenhernie.

Säugetiere ohne Hodenabstieg

Bei einigen Säugetieren (z. B. Elefant, viele Meeressäugetiere, Faultier) findet kein Hodenabstieg statt. Bei ihnen bleiben die Hoden in der Bauchhöhle und sind dennoch in der Lage, fruchtbare Spermien zu produzieren. Die Tierarten ohne Hodenabstieg werden unter dem Begriff Testiconda zusammengefasst.

Literatur

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Bd.1, 16. Auflage; Urban & Fischer, ISBN 3-437-42340-1
  • Christ/Wachtler: Medizinische Embryologie. Ullstein Medical, ISBN 3-86126-163-4
  • Werdelin L, Nilsonne A.: The evolution of the scrotum and testicular descent in mammals: a phylogenetic view. J Theor Biol. 1999 Jan 7;196(1):61-72. PMID 9892556

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Descensus testis — sėklidės nusileidimas statusas T sritis gyvūnų anatomija, gyvūnų morfologija atitikmenys: lot. Descensus testis ryšiai: platesnis terminas – sėklidės ir sėklinio virželio dangalai …   Veterinarinės anatomijos, histologijos ir embriologijos terminai

  • Descensus testis — sėklidės nusileidimas statusas T sritis gyvūnų raida, augimas, ontogenezė, embriologija atitikmenys: lot. Descensus testis ryšiai: platesnis terminas – pilvaplėvės pasaitai ir klostės …   Veterinarinės anatomijos, histologijos ir embriologijos terminai

  • Descensus testis — sėklidės nusileidimas statusas T sritis embriologija atitikmenys: lot. Descensus testis ryšiai: platesnis terminas – kiaušidės pavadis …   Medicininės histologijos ir embriologijos vardynas

  • descensus testis — the descent of the testis from its fetal position in the abdominal cavity to the scrotum; the final descent normally occurs during the twenty eighth week of fetal life and is essential to spermatogenesis …   Medical dictionary

  • Testis — Der Hoden [ˈhoːdn̩] oder (seltener) der/die Hode [ˈhoːdə] (v. mittelhochdt.: hode, v. althochdt.: hodo, v. idg.: *skeu(t) „bedecken, verhüllen“) oder der Testikel (v. lat.: testiculus, Vkl. von testis Zeuge [der Virilität], Hode, Plural:… …   Deutsch Wikipedia

  • descensus — A falling away from a higher position. SEE ALSO: ptosis, procidentia. SYN: descent (1). [L.] d. testis descent of the testis from the abdomen into the scrotum during the seventh and eighth months of intrauterine life …   Medical dictionary

  • Mediastinum testis — Der Hoden [ˈhoːdn̩] oder (seltener) der/die Hode [ˈhoːdə] (v. mittelhochdt.: hode, v. althochdt.: hodo, v. idg.: *skeu(t) „bedecken, verhüllen“) oder der Testikel (v. lat.: testiculus, Vkl. von testis Zeuge [der Virilität], Hode, Plural:… …   Deutsch Wikipedia

  • Maldescensus testis — Klassifikation nach ICD 10 Q53.0 Hodenektopie Q53.1 Nondescensus testis, einseitig Q53.2 Nondescensus testis, bei …   Deutsch Wikipedia

  • Hydrozele testis — Klassifikation nach ICD 10 P83.5 angeborene Hydrozele N43.1 infizierte Hydrozele N43.2 sonstige Hydrozele …   Deutsch Wikipedia

  • Gubernaculum testis — Als Keimdrüsenbänder bezeichnet man zwei bindegewebige Strukturen, die aus dem vorderen und hinteren Teil der Anlage der Keimdrüsen (Genitalleiste) entstehen. Vorderes Keimdrüsenband Das vordere Keimdrüsenband zieht von der Keimdrüse zum… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”