- Leistenkanal
-
Als Leistenkanal (Canalis inguinalis) wird eine anatomische Struktur in der Bauchwand in der Leistengegend bei Säugetieren bezeichnet. Dabei stoßen Anteile der vorderen Bauchwand (s. u., Aufbau) so zusammen, dass sich ein länglicher Kanal bildet, durch den verschiedene anatomische Strukturen von der Bauchhöhle (intraperitoneal) durch die Bauchwand hindurch treten. Der Begriff ist mehr oder weniger mit dem Begriff Leistenspalt (Spatium inguinale) identisch.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau
Der Leistenkanal hat einen Eingang sowie einen Ausgang:
- der äußere Leistenring (Anulus inguinalis superficialis), als Ausgang des Leistenkanals
- der innere Leistenring (Anulus inguinalis profundus), als Eingang in den Leistenkanal von der Bauchhöhle her
Der äußere Leistenring ist eine schlitzförmige Öffnung in der Sehnenplatte des äußeren schiefen Bauchmuskels (Musculus obliquus externus abdominis). Der innere Leistenring liegt oberhalb (superior) des Leistenbandes (Arcus inguinalis, auch Ligamentum inguinale) und außenseitig (lateral) der Arteria epigastrica inferior; die Fascia transversalis stülpt sich hierein.[1]
Begrenzt wird der Leistenkanal wie folgt:
- ventral: Aponeurose des Musculus obliquus externus abdominis
- dorsal: Fascia transversalis abdominis
- kranial: Musculus transversus abdominis und Anteile des Musculus obliquus internus abdominis
- kaudal: Ligamentum inguinale
Organe, die den Leistenkanal passieren
Im Laufe der Fetalentwicklung wandert bei den meisten männlichen Säugetieren der in der Bauchhöhle entwickelte Hoden durch den Leistenkanal in den Hodensack (Scrotum), der sog. Descensus testis (Hodenabstieg). Dabei stülpt der Hoden das Peritoneum (Bauchfell) und die innere Körperfaszie (Fascia transversalis) durch den Leistenkanal aus. Diese Aussackung bezeichnet man als Processus vaginalis („Scheidenhautfortsatz“), dieser umhüllt den Hoden. Dabei setzen sich die Schichten der Bauchwand in Folge der Ausstülpung des Processus vaginalis fort. Diese Schichten vereinigen sich im Leistenkanal selbst zum Samenstrang (Funiculus spermaticus), welcher in seinem Inneren die Hodenarterie und -vene, den Samenleiter, sowie Nerven führt. Faserzüge aus dem inneren schrägen und dem queren Bauchmuskel begleiten den Hoden auf seinem Weg und bilden den ebenfalls im Leistenkanal befindlichen Musculus cremaster.
Bei weiblichen Säugetieren durchzieht das Ligamentum teres uteri den Leistenkanal und tritt bei Frauen bis in die großen Schamlippen (Labia majora). Der Processus vaginalis bei Frauen (Nuck-Kanal) bildet sich meistens im Laufe der Entwicklung zurück, kann aber ganz oder teilweise persistieren (weibliche Hydrocele, Nuck-Zyste). Ein Processus vaginalis kommt regelmäßig bei einigen wenigen erwachsenen weiblichen Säugetieren vor, z. B. bei der Hündin. Er enthält aber nur Fett.
Unabhängig vom Geschlecht passieren der Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis, der Nervus ilioinguinalis und die Lymphgefäße der oberflächlichen Leistenlymphknoten (Nll. inguinales superficiales) den Leistenkanal. Bei den meisten Säugetieren zieht auch die äußere Schamarterie (Arteria pudenda externa) durch den Leistenkanal, beim Menschen zieht diese über das Schenkeldreieck in die Genitalgegend.
Erkrankungen
Die Ein- und Austrittspunkte des Leistenkanals stellen eine funktionelle Schwachstelle dar, welche in bestimmten Fällen eine Ausstülpung (Bruchsack) des Bauchfells (Peritoneum) bedingen können, den sogenannten Leistenbruch (Hernia inguinalis).
Einzelnachweise
- ↑ K. L. Moore Clinically Oriented Anatomy 2006, ISBN 0781736390, Seite 217
Wikimedia Foundation.