Deskriptive Komplexitätstheorie

Deskriptive Komplexitätstheorie

Die deskriptive Komplexitätstheorie (beschreibende Komplexitätstheorie) ist ein Teilbereich der endlichen Modelltheorie, die den Zusammenhang der Ausdrucksstärke von Logiken und Komplexitätstheorie untersucht.

Während Komplexitätsklassen wie NP oder PSPACE üblicherweise durch ein spezielles Maschinenmodell (üblicherweise Turingmaschinen) definiert werden, lassen sich mit Hilfe der deskriptiven Komplexitätstheorie diese Klassen auch durch „natürliche“ Logiken wie der Prädikatenlogik erster oder höherer Stufe oder Fixpunktlogiken charakterisieren.

Inhaltsverzeichnis

Probleme und ihre Darstellung

In der klassischen Komplexitätstheorie werden Probleme dahingehend untersucht, welche Rechnerressourcen (Platz, Zeit, Anzahl von Schaltkreisen, ...) benötigt werden, um sie zu lösen.

Der Ansatz der deskriptiven Komplexitätstheorie ist es dagegen, Probleme in Hinblick auf die logischen Ressourcen, wie die Anzahl von Quantoren, Anzahl Alternationen von \exists und \forall, Hinzunahme weiterer Operatoren usw. einzuordnen.

Jeder Satz einer Logik induziert eine Menge endlicher Strukturen, die ihn erfüllen. So wird der Satz \varphi:=\exists x\exists y E(x,y) über der Struktur E der Graphen von genau den Graphen erfüllt, die mindestens eine Kante enthalten. Also induziert φ das (triviale) Problem zu entscheiden, ob ein Graph mindestens eine Kante besitzt.

Jede Logik induziert damit eine Klasse von Strukturen (oder: Sprachen), die durch sie ausdrückbar sind.

Charakterisierung von NP

Ronald Fagin zeigte 1974[1], dass eine Sprache L genau dann in NP ist, wenn es einen Satz in der existenziellen Logik der zweiten Stufe gibt, der L beschreibt. Dabei enthält die existenzielle Logik zweiter Stufe über der Signatur \{Q_1,\ldots,Q_k\} (existencial second order logic, ESO, \Sigma_1^1) Sätze der Form \exists P_1 \ldots P_k\,\varphi, wobei φ eine Formel der ersten Stufe ist, die neben den Prädikaten Q_1,\ldots,Q_k die Prädikate P_1,\ldots,P_k enthalten kann.

Beispielsweise liegt das Problem der 3-Färbbarkeit in NP, da der Satz

\begin{align}\exists C_1\exists C_2\exists C_3&&\underbrace{\forall v((C_1(v)\wedge \neg C_2(v)\wedge\neg C_3(v))\vee (\neg C_1(v)\wedge C_2(v)\wedge\neg C_3(v))\vee (\neg C_1(v)\wedge \neg C_2(v)\wedge C_3(v))}_{\text{jeder Knoten ist mit genau einer Farbe gefaerbt}}\\
&&\wedge \underbrace{\forall u\forall v E(u,v)\rightarrow \neg ( (C_1(u)\wedge C_1(v)) \vee (C_2(u)\wedge C_2(v))\vee (C_3(u)\wedge C_3(v)))}_{\text{keine zwei adjazenten Knoten haben die gleiche Farbe}}\end{align}

von genau den 3-färbbaren Graphen erfüllt wird.

Aus dem Beweis des Satzes von Fagin folgt, dass die Logik der zweiten Stufe (die zusätzlich Allquantoren zulässt) die polynomielle Hierarchie beschreibt.

Weitere Charakterisierungen

Nach Fagins Satz wurden weitere Komplexitätsklassen auf diese Art und Weise (oft von Neil Immerman) charakterisiert:

  • Die Prädikatenlogik der ersten Stufe mit einem Operator zur Bildung der transitiven Hülle beschreibt NLOGSPACE
  • Die Prädikatenlogik der ersten Stufe mit einem deterministischen Operator zur Bildung der transitiven Hülle beschreibt LOGSPACE
  • Die Logik der zweiten Stufe mit einem transitiven Hüllenoperator beschreibt PSPACE
  • verschiedene Fixpunktlogiken beschreiben P beziehungsweise PSPACE

Literatur

Quellen

  1. Ronald Fagin, Generalized first-order spectra and polynomial-time recognizable sets, in: Complexity of Computation von Richard M. Karp (Hrsg.)

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