- Desorientierung
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Die mentale Orientierung ist eine kognitive Fähigkeit, die die Bewusstheit eines Subjekts in folgenden Dimensionen eines Bezugssystems beinhaltet:
Informationen der Wahrnehmung bauen eine Bewusstheit zur Orientierung auf und aktualisieren sie. Gelernte Konstanten der Orientierung werden als Teil des Weltwissens im Gedächtnis gespeichert. Auf sie wird bei der Imagination, der Planung und der Raumzeitlichen Schlussfolgerung zurückgegriffen. Orientierung entsteht als eine Leistung des Subjekts. Sie ist eine Erkenntnis, die das Subjekt aktiv, handelnd im Umgang mit der Umwelt gewinnt und die auch nur in diesem Zusammenhang ihre Funktion hat.
Inhaltsverzeichnis
Erwerb der räumlichen Orientierung
Die räumliche Orientierung wird vor allem durch Bewegung im Raum erlernt. Während die kleinräumige Orientierung in den ersten Lebensjahren eingeübt wird, folgt in den Jahren bis zur Reife das Erlernen der geographischen Orientierung. Diese ist praktisch nur über körperliche Fortbewegung im Raum zu verinnerlichen. Daher ist die Orientierungsfähigkeit besonders bei Menschen nur rudimentär ausgebildet, die in ihrer Kindheit vorwiegend in Fahrzeugen transportiert wurden bzw. wenig Gelegenheit hatten, sich eigenständig fortzubewegen. Durch die geänderten Lebensumstände des modernen Menschen ist daher die Fähigkeit zu räumlicher Orientierung abnehmend.
Verbreitung
Bei erwachsenen gesunden Menschen sind alle vier Orientierungen vorhanden. Säuglinge haben Wahrnehmung, aber noch keine vollständige Orientierung, sie muss in weiten Teilen erlernt werden. Bei manchen Tieren wie den Schimpansen wird diskutiert, ob sie über eine Orientierung zur Identität verfügen. Gordon G. Gallup hat dazu ein Experiment durchgeführt, bei dem ein Schimpanse betäubt, auf der Stirn mit einem roten Punkt markiert wird, und nach dem Aufwachen einen Spiegel gezeigt bekommt. Da der Schimpanse sich beim Erblicken des Spiegelbilds an die eigene Stirn griff um den Punkt zu berühren, entstand die These, dass Primaten über ein Bewusstsein der Identität verfügen.[1]
Verlust
Der Verlust der Orientierung ist ein Teil der Verworrenheit und kommt bei den Krankheiten vor, bei denen die Gedächtnisfunktion ausgefallen ist, z.B. beim Korsakow-Syndrom, einer Kohlenstoffmonoxidvergiftung oder bei Morbus Alzheimer. Beeinträchtigung und temporärer Verlust der Orientierung können durch Giftstoffe im Körper hervorgerufen werden. Diese Zustände werden als Rausch und Delirium bezeichnet. Weitere Ursachen sind Schlafentzug, Regulationsprobleme der Körpertemperatur, Fehlernährung, erhöhten Hirndruck. Er kann auch als Nebenerscheinung anderer psychischen Erkrankungen auftreten. Orientierungsverlust findet typischerweise erst in der Zeit, dann im Raum und am Ende in der Identität statt. Menschen mit Alzheimer-Demenz verlieren unter anderem ihre Orientierung. Beim Neglekt geht ein Teil der physischen Identität verloren.
Gehirnbereiche
Die exakten Regionen im Gehirn, die bei der Orientierung einbezogen sind, sind noch unbekannt, aber sowohl Läsionen des Hirnstamms als auch einer Gehirnhälften wurden als Ursache für Desorientierung festgemacht. Daraus wird gefolgert, dass diese beiden Bereiche zusammenarbeiten, um die Bewusstheit aufrechtzuerhalten. Es wird angenommen, dass die Fähigkeit räumlich-geometrische Zusammenhänge zu erkennen vorwiegend in der rechten Gehirnhälfte angesiedelt sind.
Bedeutung
Orientierung ist die handlungs- und bedeutungsbezogene, menschliche Sicht der Welt. Charakteristisch für Subjekte ist, dass für sie nicht Wahrnehmung als Abbildungsbeziehung von Welt von Bedeutung ist, sondern Wahrnehmung hinsichtlich Handlungsbedingungen und Handlungsangeboten. Welt ist also nicht „an sich“, sondern die Welt „für mich“ (und andere) als Subjekt interessant. Es geht nicht um „Features“, Oberflächen und Strukturen, Gegenstände und Menschen etc. an sich, sondern um Verhältnisse als Angebote für menschliches Handeln.
Quellen
- ↑ G. G. Gallup jr.: Chimpanzees: Self Recognition. In: Science. 167, 1970, S. 86–87.
Literatur
- Jürgen Messing: Allgemeine Theorie des menschlichen Bewusstseins. Weidler, Berlin 1999, ISBN 3-89693-137-7.
- Jürgen Messing: Die Aufgaben des Begriffs. In: Marcus Rauterberg, Gerold Scholz (Hrsg.): Die Dinge haben Namen. Schneider, Hohengehren 2004, ISBN 3-89676-829-8, S. 43-57.
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