Deutsche Nationalpartei Böhmens

Deutsche Nationalpartei Böhmens

Die Deutsche Nationalpartei (DNP) wurde am 21. September 1919 in Olmütz gegründet. In ihr vereinigten sich deutsch-national gesinnte Bürger der neuentstandenen Tschechoslowakei. Sie stand überwiegend in der Tradition, teilweise auch in der personellen Kontinuität der Deutschradikalen Partei in Österreich-Ungarn.

Im Ergebnis des Friedensvertrages von Saint-Germain wurde den ca. 3,5 Millionen Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei die Eingliederung der von ihnen bewohnten Gebiete nach Deutsch-Österreich bzw. in das Deutsche Reich verwehrt. Die Deutsche Nationalpartei kämpfte seit ihrer Gründung gegen diesen Beschluss durch jede Verweigerung konstruktiver Mitarbeit an den politischen Angelegenheiten der Tschechoslowakei (Negativismus).

Sie sah sich anfangs als Sammelbecken aller deutschstämmigen Bewohner des neuen Staates, konnte diesen Anspruch aber nie verwirklichen und wurde vor allem von städtischen bürgerlichen Schichten gewählt.

Erster Parteiobmann war der Komotauer Bürgermeister Ernst Storch, 1921 gefolgt von Gustav Doberauer.[1]

Prägende Persönlichkeit und ab 1922 auch Parteiobmann war Rudolf Lodgman von Auen. Er konnte zunächst einen Großteil der sudetendeutschen Bevölkerung und auch Angehörige anderer deutsche Parteien auf die negativistische Politik verpflichten. Bei den Wahlen von 1920 erreichte die DNP 5,3% der Stimmen und 11 von 300 Mandaten. Zusammen mit der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei (DNSAP), die 5 Mandate erhielt, gründete Lodgman im Prager Parlament die „Deutsche Wahlgemeinschaft“, die immer wieder die Loslösung der deutschsprachigen Gebiete aus dem Staatsverband oder zumindest eine weitgehende Autonomie forderte.

Im Zuge der Konsolidierung der Tschechoslowakischen Republik während der zwanziger Jahre schwanden der Einfluss der DNP und der Lodgmans. Dieser versuchte, vor den Parlamentswahlen 1925 eine sudetendeutsche „Einheitsfront“ auf der Basis des Negativismus zu bilden, scheiterte damit jedoch.

Bei diesen Wahlen sank der Wähleranteil der DNP auf 3,4%, was 10 Mandaten entsprach. Lodgman sah dies als Absage an seine Politik und zog sich aus dem parlamentarischen Geschehen sowie vom Parteivorsitz zurück. Dieser wurde von Heinrich Brunar übernommen.

In dieser Wahlperiode, in der sich die aktivistischen Parteien – d. h. diejenigen, die sich mit der Existenz der Tschechoslowakei in ihrer gegebenen Form abfanden und über Regierungsbeteiligungen versuchten, die Situation der Sudetendeutschen zu verbessern – im Aufwind befanden, sank die Bedeutung der DNP weiter. Bei den Parlamentswahlen von 1929 erreichte die Partei noch 2,5% der Stimmen und 7 Mandate, woraufhin sich auch Brunar von der Parteiführung zurückzog, welche an den Bürgermeister von Aussig, Karl Schöppe, überging.[2]

Im Zuge der Wahlerfolge der NSDAP im Deutschen Reich wurde die Existenz deutsch-national ausgerichteter Parteien wie der DNP und der DNSAP für die Tschechoslowakische Republik bedrohlich. Nach der „MachtergreifungAdolf Hitlers in Deutschland am 30. Januar 1933 plante die tschechoslowakische Regierung ein Verbot beider Parteien. Die DNP und die DNSAP kamen diesem Verbot am 3. Oktober 1933 durch Selbstauflösung zuvor.

Die DNP wurde 1935 wieder zugelassen und trat unter Otto Horpynka und Ernst Schollich zu den im gleichen Jahr stattfindenden Parlamentswahlen an, konnte jedoch kein Mandat mehr erringen. Grund dafür war das massive Erstarken der 1933 gegründeten Sudetendeutschen Heimatfront von Konrad Henlein. Bis zum Untergang der Tschechoslowakei als Staat in den Jahren 1938/39 spielte die DNP keine wesentliche Rolle mehr.

Einzelnachweise

  1. Stephan Dolezel, Karl Bosl: Die demokratisch-parlamentarische Struktur der ersten tschechoslowakischen Republik, S. 220. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1975.
  2. Stephan Dolezel, Karl Bosl: Die demokratisch-parlamentarische Struktur der ersten tschechoslowakischen Republik, S. 221. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1975.

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