Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei

Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei

Die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP) war eine protofaschistische Partei in Österreich und der Tschechoslowakei in der Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und den frühen dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, in der gewisse nationalsozialistische Elemente vorhanden waren.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die DNSAP ging am 5. Mai 1918 durch Umbenennung aus der 1903 im böhmischen Aussig (damals Teil Österreich-Ungarns) gegründeten Deutschen Arbeiterpartei hervor. Diese war durch Anhänger der Alldeutschen Bewegung als Interessenvertretung der Deutschösterreicher in den Sudetenländern – insbesondere des nationalistischen Flügels des Arbeitnehmerstandes – geschaffen worden und gelangte 1911 mit drei Sitzen in den österreichischen Reichsrat. Politisch war sie eindeutig großdeutsch eingestellt. Im Mai 1918 benannte sie sich jedoch in Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei um, wobei der Zusatz „sozialistisch“ die Abgrenzung zu bürgerlichen Gruppen darstellen sollte.

Zunächst war die Partei in Deutschösterreich und in Böhmen sowohl organisatorisch als auch personell eine Einheit. Nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie zerfiel die DNSAP 1918 in zwei Hauptströmungen:

  1. Die in Deutschösterreich verbliebenen Anhänger der Partei bildeten die DNSAP Deutschösterreichs unter Führung von Walter Riehl. Ab 1920/21 arbeitete die Partei eng mit der reichsdeutschen NSDAP Adolf Hitlers zusammen. Nach der Spaltung 1923 übernahm erst Karl Schulz den Vorsitz der Partei, ein anderer Teil existierte als „Deutschsozialer Verein“ unter Leitung von Riehl weiter.
  2. Die nun in der Tschechoslowakei lebenden Parteianhänger organisierten sich unter ihrem Vorsitzenden Hans Knirsch.

Tschechoslowakei

Während die österreichische Partei nie ein bedeutendes politisches Gewicht gewann, erlangte die DNSAP in der Ersten Tschechoslowakischen Republik eine gewisse Bedeutung. Gemeinsam mit der bürgerlichen Deutschen Nationalpartei (DNP) Rudolf Lodgmans von Auen vertrat sie den Teil der sudetendeutschen Bevölkerung, der der Gründung der Tschechoslowakei prinzipiell ablehnend gegenüberstand (vergleiche Negativismus) und den Anschluss der deutschsprachigen Gebiete an das Deutsche Reich bzw. an Österreich forderten.

Bei den ersten Wahlen zum tschechoslowakischen Parlament im April 1920 ging die DNSAP ein Wahlbündnis mit der DNP mit dem Namen „Deutsche Wählergemeinschaft“ ein. Diese erreichte 5,3 % der Stimmen und 15 der 300 zu vergebenden Mandate; die DNSAP entsandte 5 Abgeordnete ins Prager Abgeordnetenhaus; insgesamt entsandten die deutschen Parteien 72 Abgeordnete ins Parlament.

Im Zuge der politischen Stabilisierung der Tschechoslowakischen Republik im Verlauf der zwanziger Jahre konnte unter der sudetendeutschen Bevölkerung die kompromisslose Ablehnung des neuen Staates keine Popularität gewinnen. Der von den negativistischen Parteien bei den nächsten Parlamentswahlen im November 1925 erhoffte Stimmenzuwachs blieb aus. Die DNP errang 3,4 % der Stimmen (10 Mandate), die DNSAP 2,4 % (7 Mandate). Die Vorsitzenden beider Parteien, Lodgman und Knirsch, traten zurück.

Im Jahre 1926 übernahmen Rudolf Jung und Hans Krebs die Parteiführung. Unter ihnen lehnte sich die Partei immer stärker an die NSDAP im Deutschen Reich an. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 1929 änderte das am Ergebnis der Partei wenig; sie errang 2,8 % der Stimmen und 8 Mandate.

In den zunehmenden Wahlerfolgen der NSDAP im Deutschen Reich, der sich im Sudetenland besonders stark auswirkenden Weltwirtschaftskrise und den damit wieder zunehmenden deutsch-nationalen Bestrebungen sah die tschechoslowakische Regierung eine ernste Bedrohung für ihren Staat. Die zunehmende paramilitärische Ausrichtung der DNSAP mit der Schaffung eines „Verbund Volkssport“ (vergleichbar der SA) nahmen die Behörden zum Anlass, die Partei zu verbieten. Diesem Verbot kam die DNSAP am 3. Oktober 1933 durch Selbstauflösung zuvor.

Die Vertretung der national gesinnten Deutschen in der Tschechoslowakischen Republik übernahm die am 1. Oktober 1933 gegründete Sudetendeutsche Heimatfront (SHF) Konrad Henleins. Über die Frage, ob die Sudetendeutsche Heimatfront eine direkte Nachfolgerin der verbotenen DNSAP war, wurde in der historischen Forschung lange heftig debattiert. Da sich die oberste Führung der SHF in den ersten Jahren primär aus Mitgliedern des Deutschen Turnverbandes um Konrad Henlein zusammensetzte, wird die SHF in den meisten neueren Forschungsarbeiten nicht als direkte Nachfolgerin der DNSAP bezeichnet.

Österreich

Der österreichische Flügel der DNSAP stand zunächst unter der Führung von Walter Riehl, erlangte aber bei den Nationalratswahlen 1919 nur 23.431 Stimmen. Lediglich in Salzburg konnten 2 Mandate im Landtag erreicht werden. Ab 1920 wurde das Hakenkreuz als Parteizeichen geführt und man nahm Kontakt zur Schwesterpartei DAP in München auf. Zwischen 1920 und 1922 kam auch immer wieder Adolf Hitler zu Parteiveranstaltungen nach Österreich und hielt Reden bei Tagungen und Vorträgen.

Wegen interner Richtungs- und Machtkämpfe spaltete sich 1924 die österreichische DNSAP. Unter der Leitung des Postbeamten Karl Schulz trennte sich die sogenannte „Schulzgruppe“ ab, während sich der Rest um Walter Riehl unter dem Namen „Deutschsozialer Verein“ neu formierte. Beide Gruppen befehdeten sich fortan.

Am 4. Mai 1926 kam es schließlich unter Richard Suchenwirth in Wien zur Neugründung einer ganz auf Deutschland ausgerichteten österreichischen NSDAP, die forthin die radikalen großdeutschen Sympathisanten an sich band, wodurch die beiden Splittergruppen der DNSAP die letzte Bedeutung verloren. 1930 trat schließlich sogar Walter Riehl selbst in die österreichische NSDAP ein, trat aber nicht mehr politisch hervor.[1]

Siehe auch

Literatur

  • Rudolf Jung: Der nationale Sozialismus. Seine Grundlagen, sein Werdegang und seine Ziele. 2. vollständig umgearbeitete Auflage. Deutscher Volksverlag Boepple, München 1922.
  • Hans Knirsch: Geschichte der DNSAP (1933)
  • Michael Wladika: Hitlers Vätergeneration. Die Ursprünge des Nationalsozialismus in der k.u.k.-Monarchie. Böhlau, Wien u. a. 2005, ISBN 3-205-77337-3.
  • Andreas Luh: Die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei im Sudetenland. Völkische Arbeiterpartei und faschistische Bewegung. In: Bohemia 32, 1991, ISSN 0523-8587, S. 23–38.
  • Ronald M. Smelser: Hitler and the DNSAP. Between Democracy and Gleichschaltung. In: Bohemia 20, 1979, ISSN 0523-8587, S. 137–155.
  • Ronald M. Smelser: Nazis without Hitler. The DNSAP and the first Czechoslovak Republic. In: East Central Europe 4, 1977, ISSN 0094-3037, S. 1–19.

Einzelnachweise

  1. aieou: http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.n/n122448.htm Nationalsozialismus

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