Deutscher Qualifikationsrahmen

Deutscher Qualifikationsrahmen

Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) soll höhere Transparenz der Bildungswege ermöglichen und dadurch die Voraussetzung für verbesserte Information und Mobilität aller Bildungsteilnehmer und Beschäftigten schaffen. Das generelle Ziel von Qualifikationsrahmen ist es, die Qualifikationen, die das Bildungssystem eines Landes hervorbringt, systematisch einzuordnen und damit vergleichbar zu machen. Durch Orientierung an Lernergebnissen, d.h. an erworbenen Qualifikationen und Kompetenzen, sollen Bildungsgänge und -abschlüsse zwischen den europäischen Staaten transparenter gemacht werden.

Der DQR zielt zum einen auf eine bessere Mobilität von Fachkräften auf einem europäischen Arbeitsmarkt: Mit seiner Hilfe können berufliche Kompetenzen den acht Abstufungen des bereits bestehenden Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR) zugeordnet werden. (Das Europäische Parlament und der Rat haben am 23. April 2008 eine Empfehlung über die Einrichtung eines Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (EQR) unterzeichnet. Diese sieht vor, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 an den EQR koppeln.) Zum anderen werden Qualifikationen auch auf nationaler Ebene in Relation zueinander gesetzt, die innerhalb Deutschlands z.B. im Hochschulbereich und in der beruflichen Bildung erworben wurden. Während beim EQR zwischen "Kenntnissen", "Fertigkeiten" und "Kompetenzen" unterschieden wird, setzt sich der DQR aus "Fachkompetenz", unterteilt in "Wissen" und "Fertigkeiten", sowie "personaler Kompetenz", unterteilt in "Sozialkompetenz" und "Selbstständigkeit", zusammen.

Bei der Zuordnung von Qualifikationen zu den acht Niveaustufen des DQR sollen alle formalen Qualifikationen des deutschen Bildungssystems der Allgemeinbildung, der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung – jeweils einschließlich der Weiterbildung – einbezogen werden. Der DQR und der Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse (HQR) sind kompatibel. Die Stufen 1 (Bachelor), 2 (Master) und 3 (Promotion) des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse entsprechen hinsichtlich der beschriebenen Anforderungen und Kompetenzen den Niveaus 6, 7 und 8 des Deutschen Qualifikationsrahmens.

Bund und Länder haben 2008 eine gemeinsame Koordinierungsgruppe (B-L-KG DQR) zur Erarbeitung eines Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) eingerichtet. Um weitere relevante Akteure – Einrichtungen der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung, Sozialpartner und Experten aus Wissenschaft und Praxis – in den Erarbeitungsprozess des DQR einzubeziehen, haben Bund und Länder zudem einen Arbeitskreis „Deutscher Qualifikationsrahmen" (AK DQR) einberufen. Die Abstimmung wird durch ein "DQR-Büro"[1] begleitet, an dem BBJ Consult, das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) und der Lehrstuhl für Berufs- und Arbeitspädagogik an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg beteiligt sind. Der gemeinsam entwickelte Diskussionsvorschlag eines "Deutschen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen" wurde im Februar 2009 vorgelegt. Ab Mai 2009 wurde dieser Entwurf des DQR von Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bildungspraxis in den vier ausgewählten Berufs- und Tätigkeitsfeldern Gesundheit, Handel, Metall/Elektro und IT-Bereich exemplarisch erprobt.

Ziel dieser zweiten Erarbeitungsphase des DQR war es, zu nachvollziehbaren, konsensfähigen Zuordnungen ausgewählter Qualifikationen zu kommen sowie die Handhabbarkeit der DQR-Matrix zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Die in der Erarbeitungsphase zu betrachtenden Berufs- und Tätigkeitsfelder sollten das deutsche Qualifizierungssystem bereits mit einer gewissen Breite und Repräsentanz – insbesondere auch unter Berücksichtigung aller acht Niveaustufen – abbilden. Es wurde davon ausgegangen, dass dies bei den ausgewählten vier Berufs- und Tätigkeitsfeldern gegeben ist. Für jedes der genannten vier Berufs- und Tätigkeitsfelder wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, deren Mitglieder ausgewählte Qualifikationen exemplarisch der DQR-Matrix im Sinne eines Expertenvotums zuordneten. Den vom AK DQR am 10. November 2010 verabschiedeten Vorschlag für einen Deutschen Qualifikationsrahmen und die Dokumentation der ersten DQR-Konferenz können unter http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/ eingesehen werden.

Die Einführung eines Deutschen Qualifikationsrahmens ist in ihren Details nicht unumstritten. Bei den Kontroversen geht es etwa um die Frage, wie eng die einzelnen Stufen des Rahmens an Schulabschlüsse gekoppelt sind oder nicht. Die Frage der Anerkennung informellen und nonformalen Lernens wird zwar grundsätzlich positiv gesehen, die Formen der Anerkennung und eine mögliche Integration der Lernergebnisse sind ungeklärt. Interkulturelle und Demokratie relevante Kompetenzen werden in der ersten Entwürfen des DQR ausgegrenzt (vgl. Dehnbostel u.a. 2009).

Insbesondere innerhalb der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung gibt es Kontroversen um eine Einordnung von Lernergebnissen in einen Qualifikationsrahmen. Dabei wird etwa gefragt, ob es denn möglich und sinnvoll sei, alles offen zu legen, was eine Person im Lebenslauf erlernt (vgl. Brokmeier; Ciupke 2011). Weit verbreitet ist naheliegenderweise die Position, wonach die Lernenden selbst die Frage klären sollen, inwieweit sie nonformales und informelles Lernen anerkennen lassen (vgl. Bundesausschuss Politische Bildung o. J.).

Publikationen

  • Brokmeier, Boris; Ciupke, Paul: Außerschulische politische Bildung zwischen Deskriptoren und Niveaustufen. Zur aktuellen Debatte um den Deutschen Qualifikationsrahmen. In: ADB-Forum, Nr 1 (2011), S. 135-139 [1]
  • Bundesausschuss Politische Bildung: „Der DQR muss zu einem Raster werden, das alle Lernbereiche umfasst“ Interview mit Theo Länge.Bonn/Berlin o.J. (2009) [2]
  • Dehnbostel, Peter; Neß, Harry; Overwien, Bernd: Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) -Positionen, Reflexionen und Optionen. Gutachten im Auftrag der Max-Traeger-Stiftung, Frankfurt/Main 2009 [3]
  • Sloane, Peter F. E.: Zu den Grundlagen eines Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Konzeptionen, Kategorien, Konstruktionsprinzipien. Bielefeld: Bertelsmann 2008.

Weblinks

Fußnoten

  1. BBJ Consult und f-bb

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Europäischer Qualifikationsrahmen — Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) (englisch: European Qualifications Framework, EQF) ist eine Initiative der Europäischen Union (EU), der berufliche Qualifikationen und Kompetenzen in Europa vergleichbarer machen… …   Deutsch Wikipedia

  • EQF — Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) (englisch: European Qualifications Framework, EQF) ist eine Initiative der Europäischen Union (EU), der berufliche Qualifikationen und Kompetenzen in Europa vergleichbarer machen… …   Deutsch Wikipedia

  • EQR — Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) (englisch: European Qualifications Framework, EQF) ist eine Initiative der Europäischen Union (EU), der berufliche Qualifikationen und Kompetenzen in Europa vergleichbarer machen… …   Deutsch Wikipedia

  • European Qualifications Framework — Der Europäische Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (EQR) (englisch: European Qualifications Framework, EQF) ist eine Initiative der Europäischen Union (EU), der berufliche Qualifikationen und Kompetenzen in Europa vergleichbarer machen… …   Deutsch Wikipedia

  • ECVET — – European Credit System for Vocational Education and Training – soll ein Europäisches Creditpunkte System für berufliche Aus und Weiterbildung werden. Die EU Kommission hat dazu seit 2004 eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Europäischen Ländern …   Deutsch Wikipedia

  • Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsbildung — ECVET – European Credit System for Vocational Education and Training – soll ein Europäisches Creditpunkte System für berufliche Aus und Weiterbildung werden. Die EU Kommission hat dazu seit 2004 eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Europäischen… …   Deutsch Wikipedia

  • DQR — Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) soll höhere Transparenz der Bildungswege ermöglichen und dadurch die Voraussetzung für verbesserte Information und Mobilität aller Bildungsteilnehmer und Beschäftigten schaffen. Das generelle Ziel von… …   Deutsch Wikipedia

  • European Credit System for Vocational Education and Training — ECVET – European Credit System for Vocational Education and Training – soll ein europäisches Leistungspunktesystem für die berufliche Aus und Weiterbildung werden. Die EU Kommission hat dazu seit 2004 eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen… …   Deutsch Wikipedia

  • Fachschule (Deutschland) — Fachschulen oder Fachakademien sind in Deutschland Studieneinrichtungen, die ein Fachstudium mit starkem Praxisbezug anbieten. Sie sind Einrichtungen der beruflichen Weiterbildung, die als postsekundäre Bildungseinrichtungen nach Abschluss der… …   Deutsch Wikipedia

  • Peer Pasternack — (* 1963 in Köthen) ist ein deutscher Sozialwissenschaftler und Direktor des Instituts für Hochschulforschung (HoF) an der Universität Halle Wittenberg. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Arbeit 2 Buchpublikationen 2.1 Monografien …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”