Die Agoge: Die Erziehung Spartas

Die Agoge: Die Erziehung Spartas

Als die Agoge (griechisch ἀγωγή/agogé: Aufzucht, auch in etwa „errichten“, „heben“) wird das durch seine Strenge bekannte Erziehungssystem Spartas bezeichnet, das ein wichtiger Bestandteil des spartanischen Staates war. Jeder männliche spartanische Staatsbürger, mit Ausnahme der vom König abstammenden, musste sie in körperlich anspruchsvollem Training absolvieren. Antike Autoren wie Platon, Xenophon oder Isokrates sahen in dieser Erziehung den Grund für Spartas militärischen Erfolg.

Diese Erziehung umfasste hauptsächlich das militärisch strukturierte Training im Jagen, Tanzen und der sozialen Umgangsweise, aber auch die Trennung der Familien und die Pflege und Kultivierung der Treue innerhalb einer Gruppe. Sie wurde angeblich vom halb-mythologischen spartanischen Gesetzgeber Lykurgos eingeführt, doch wurde sie erst später, zwischen dem 6. und 7. Jahrhundert v. Chr., zum Trainieren von Jungen im Alter von sieben bis zwanzig Jahren angewandt.

Das Ziel dieses Erziehungssystems war es, der spartanischen Armee körperlich und moralisch gefestigte Männer zur Verfügung zu stellen. Jeder junge Mann in Sparta, der einzigen Stadt ohne Verteidigungsmauern, der zur Mauer Spartas gehören wollte, musste sich an die harten Regeln des Lykurgos halten. Die jungen Männer förderten sich ebenfalls, indem sie sich gegenseitig ermutigten und auch gegeneinander kämpften, um bestimmen zu können, wer der Stärkste in der Gruppe sei.

Inhaltsverzeichnis

Quellenprobleme

Es gibt bei dem Versuch einer genauen Darstellung der Agoge mehrere Probleme zu beachten. Zum einen handelt es sich beim Großteil der Quellen über die Agoge um spätere Darstellungen, die verfasst wurden, als Sparta bereits enorm an Bedeutung verloren hatte. Es handelt sich somit um Idealdarstellungen, die für die ruhmreiche Vergangenheit stehen. Zum anderen war das Sparta der klassischen Zeit nicht für seine Auskunftsfreudigkeit Fremden gegenüber bekannt, so dass es nur spärliche und wenig präzise Informationen über das Leben der Spartiaten gibt.

Der Aufbau der Agoge

Nach der Geburt eines Kindes wurde dieses vom Vater zum Ältestenrat gebracht, der es auf seine körperliche Tauglichkeit hin prüfte. Fiel die Überprüfung positiv aus, wurde das Kind in den Kreis der Spartiaten aufgenommen. Wurde das Kind als schwach und nicht lebenstauglich eingeschätzt, wurde es in den Apothetai, einer schlecht zugänglichen Schlucht in den Bergen der Taygetos, ausgesetzt, um zu sterben.

Die ersten 6 oder 7 Lebensjahre verbrachten die Kinder in der Obhut der Eltern, danach wurden die Mädchen zu Hause auf ihre Aufgaben vorbereitet, während die Erziehung der Jungen vom Staat übernommen wurde.

In archaischer Zeit

Über die Anfänge der staatlichen Erziehung Spartas, sowohl ihren Inhalt als auch den genauen Beginn, weiß die Forschung bis heute noch kaum etwas. Aus den wenigen Quellen ergeben sich keinerlei zeitliche Anhaltspunkte. Die ersten genaueren Informationen sind in Xenophons „Verfassung der Spartaner“ zu finden, allerdings gelten sie nicht für die archaische Zeit.

In klassischer Zeit

Die Erziehung der Jungen war in drei Altersstufen unterteilt: Paides, Paidiskoi und Hebontes.

Die Paides (Kinder)

Als Paides wurden die Jungen zwischen 8 bis 14 Jahren bezeichnet. In dieser Zeit durchliefen sie eine Art Grundausbildung. Durch Kampfspiele sollte ihr Körper trainiert und abgehärtet werden. Ein weiterer wesentlicher Punkt der Ausbildung war der bedingungslose Gehorsam. Lesen und Schreiben wurde zwar auch gelehrt, aber die geistige Ausbildung blieb doch weit hinter der körperlichen zurück. Allerdings zählte zu dieser geistigen Ausbildung auch das Formulieren kurzer und prägnanter Antworten, die zu einem Markenzeichen der Spartiaten wurden (lakonische Ausdrucksweise). Das ganze Jahr über liefen die Jungen angeblich barfuß und waren nur spärlich bekleidet. Zudem bekamen sie nur wenig Nahrung, was sie zum Stehlen von zusätzlichen Lebensmitteln anhalten sollte. Bestraft wurden nur diejenigen, die so ungeschickt klauten, dass sie erwischt wurden. Diese Klauspiele waren als Übung für den Krieg gedacht.

Die Paides standen unter der Aufsicht eines Paidonomos, eines angesehenen Mannes. Unterstützt wurde dieser Paidonomos von Peitschenträgern, den mastigophoroi. Außerdem konnten die Jungen von jedem Erwachsenen der Stadt bestraft werden, wenn sie sich etwas zuschulden hatten kommen lassen.

Die Paidiskoi (Jugendliche)

Mit 14 wechselten die Jungen in die Gruppe der Paidiskoi, in der sie bis zu ihrem zwanzigsten Lebensjahr blieben. In diesem Zeitraum wurden weiterhin die Ausdauer und Abhärtung des Körpers gefördert. Zudem wurden den Jungen nun die für den Krieg wichtigen Kampf- und Waffentechniken beigebracht. Die erlernten Fähigkeiten wurden in vielen verschiedenen Wettbewerben unter Beweis gestellt. Damit sollte der Ehrgeiz und das Konkurrenzdenken untereinander gefördert werden. Außerdem war den Paidiskoi zuweilen die Teilnahme an den Syssitien (Gemeinschaftsessen; auch die Teilnehmer wurden so genannt) erlaubt.

Die Hebontes (Junge Männer)

Mit zwanzig traten die Jungen in die Gruppe der Hebontes ein. Nun sollten sie das Erlernte in die Tat umsetzen, indem sie entweder bei der Erziehung der Jüngeren halfen oder sich an der Jagd nach Heloten in der sogenannten Krypteia beteiligten. Erst mit dreißig wurden sie zu Vollbürgern. Bis zu diesem Zeitpunkt blieben sie eine reine Männergemeinschaft, die nicht zu Hause schlief. Daran änderte auch eine Heirat nichts. Nach dem Erreichen des dreißigsten Lebensjahres verfügten die Spartiaten über ein weit reichendes Beziehungsnetz und eine Vielzahl von Fähigkeiten, die nötig waren, um erfolgreich Teil der spartanischen Bürgerschaft sein zu können.

In hellenistischer Zeit

Unter Kleomenes III. wurde die „Neue Agoge“ in sieben Altersklassen unterteilt: Rhobidas (Bedeutung unbekannt), promikizómenos ("Prä-"junger Knabe), mikizómenos (junger Knabe), própais ("Prä-"Knabe), pais (Knabe), melleiren (zukünftiger eiren), eiren.

In römischer Zeit

Auch in der römischen Zeit wurde die Agoge weitergeführt, allerdings begrenzt auf die letzten 5 Jahre.

Literatur

  • Ernst Baltrusch: Sparta. Geschichte, Gesellschaft, Kultur. München 2003.
  • E. B. Castle: Die Erziehung in der Antike und ihre Wirkung in der Gegenwart. Günzburg 1965.
  • W. K. Lacey: Die Familie im Antiken Griechenland. Mainz 1968.
  • Henri-Irénée Marrou: Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum. Freiburg/München 1957.
  • Waltraut Reichert: Erziehungskonzeptionen der griechischen Antike. Theorie und Praxis der Erziehung in ihrer Abhängigkeit vom Wandel der Kultur. Reinfelden/Berlin 1996.
  • Lukas Thommen: Sparta. Verfassungs- und Sozialgeschichte einer griechischen Polis. Stuttgart/Weimar 2003.

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