Die Wette

Die Wette

Die Pascalsche Wette ist Blaise Pascals berühmtes Argument für den Glauben an Gott. Pascal argumentiert, es sei stets eine bessere „Wette“, an Gott zu glauben, weil der Erwartungswert des Gewinns, der durch den Glauben an Gott erreicht werden könnte, stets größer sei als der Erwartungswert im Falle des Unglaubens. Zu beachten ist, dass das kein Argument für die Existenz Gottes ist, sondern eines für den Glauben an Gott. Mit diesem Argument zielte Pascal besonders auf jene Menschen ab, die durch traditionelle „Gottesbeweise“ nicht zu überzeugen waren.

Inhaltsverzeichnis

Argumentation bei Pascal

„Angenommen es sei sicher, dass es Gott gibt oder ihn nicht gibt, und dass es keinen Mittelweg gibt. Für welche Seite werden wir uns entscheiden? … Lassen Sie uns ein Spiel spielen, bei dem es zu einer Entscheidung für ‚Kopf oder Zahl‘ kommt. Mit Vernunft können wir weder das eine noch das andere versichern; mit Vernunft können wir weder das eine noch das andere ausschließen. Verfallen Sie also nicht dem Irrtum, dass hierbei eine richtige Wahl getroffen werden könnte, denn Sie wissen nicht, ob Sie falsch liegen oder schlecht gewählt haben … Sowohl wer sich für ‚Kopf‘ entscheidet, als auch wer sich für ‚Zahl‘ entscheidet, beide liegen falsch: Die Wahrheit kann nicht durch eine Wette entschieden werden, aber es muss gewettet werden. Es gibt keine Freiwilligkeit, Sie müssen sich darauf einlassen. Wenn Sie nicht wetten, dass es Gott gibt, müssen Sie wetten, dass es ihn nicht gibt. Wofür entscheiden Sie sich? Wägen wir den Verlust dafür ab, dass Sie sich dafür entschieden haben, dass es Gott gibt: Wenn Sie gewinnen, gewinnen Sie alles, wenn Sie verlieren, verlieren Sie nichts. Setzen Sie also ohne zu zögern darauf, dass es ihn gibt.“

Blaise Pascal[1]

Pascals Argument geht davon aus, dass eine Analyse der Optionen hinsichtlich des Glaubens an Gott zu folgenden Resultaten führt:

  • Man glaubt an Gott, und Gott existiert – in diesem Fall wird man belohnt (Himmel).
  • Man glaubt an Gott, und Gott existiert nicht – in diesem Fall gewinnt man nichts.
  • Man glaubt nicht an Gott, und Gott existiert nicht – in diesem Fall gewinnt man ebenfalls nichts (verliert aber auch nichts).
  • Man glaubt nicht an Gott, und Gott existiert – in diesem Fall wird man bestraft (Hölle).

(Dies würde analog auch gelten bei einem abweichenden religiösen Glauben mit einem ähnlichen Lohn-Strafe-Schema.)

Aus dieser Analyse der Möglichkeiten folgerte Pascal, dass es besser sei, bedingungslos an Gott zu glauben.

Man hat dieses Argument des Öfteren mit Hilfe der Prinzipien der Statistik und Entscheidungstheorie rekonstruiert. Dabei werden pro Option eine Bewertung des Ergebniswahrscheinlichkeit und der jeweils erwartbare Gewinne angegeben und diese Werte schließlich statistisch verglichen. Pascal ordnete den beiden Möglichkeiten – Existenz oder Nichtexistenz Gottes – gleiche Wahrscheinlichkeiten zu. Er begründete das damit, dass „die Vernunft durch die eine Wahl nicht stärker erschüttert werde als durch die andere“, infolge unseres Unwissens. Geht man nun von den Werten aus, die Pascal vorgeschlagen hat, ergibt sich:

Gott existiert (G) Gott existiert nicht (~G)
Glaube an Gott (Gl) +∞ (Himmel) 0
Kein Glaube an Gott (~Gl) -∞ (Hölle) 0

Nach dieser Analyse ist also der Gewinn, den man im Falle des Glaubens an Gott zu erwarten hat, stets mindestens so groß wie im Falle des Unglaubens – oder größer.

Kommentare und Kritik

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Spätere Autoren haben darauf hingewiesen, dass die Größe der angenommenen Wahrscheinlichkeiten keinen Einfluss auf das Ergebnis hat, solange beide Wahrscheinlichkeiten größer als 0 sind; denn jede positive Wahrscheinlichkeit würde bei der Multiplikation mit Unendlich einen unendlichen Erwartungswert ergeben.

Die Pascalsche Wette wurde als logischer Fehlschluss kritisiert: Es wird ein falsches Dilemma aufgestellt, indem so getan wird, als gäbe es nur diese beiden Möglichkeiten.

  1. Der christliche Gott existiert, und er straft und belohnt so, wie es in der Bibel steht, oder
  2. es gibt keinen Gott.

Die Wette kann nicht die Möglichkeit ausschließen, dass es einen Gott geben könnte, der stattdessen Skepsis belohnt und blinden Glauben bestraft, oder der Ehrlichkeit im Denken belohnt und vorgespiegelten Glauben bestraft. In einigen Gesellschaften wird Glaube belohnt durch ökonomische und soziale Vorteile; dort ist seine moralische Bedeutung zweifelhaft.

Das „Viele-Götter“-Argument zeigt, dass wir beliebig viele andere Kriterien finden können, nach denen ewige Seligkeit angeboten und ewige Qual angedroht werden könnte. Beispielsweise könnten nichtchristliche Götter existieren und alle bestrafen, die nicht an sie geglaubt haben, einschließlich der Christen. Oder irgendeine Macht könnte beschließen, diejenigen zu bestrafen, die an Gott glauben, und die Ungläubigen zu belohnen.

Auf diese Weise könnte die Pascalsche Wette benutzt werden, zu folgern, es sei ratsam, an eine ganze Reihe von Göttern zu glauben oder gar an alle; da jedoch die Glaubenssysteme einiger Religionen exklusiv sind, würde das für die Gläubigen dieser Religionen zu Widersprüchen zur Pascalschen Wette führen. Dies ist das Argument der einander widersprechenden Offenbarungen, ein Argument, das besagt, dass angesichts vieler einander widersprechender Offenbarungen der Schluss nahe liegt, dass wahrscheinlich keine von ihnen Glauben verdient.

Anhänger von nicht-exklusiven Religionen (Sanatana Dharma oder Pantheismus zum Beispiel) bleiben von einer solchen Kritik unberührt. Zu beachten ist auch eine Besonderheit des jüdischen Glaubens, nach dem auch ein Nicht-Jude nur bestimmte Gesetze beachten muss, zu denen aber das Verbot von Götzenanbetung gehört. Schließlich gibt es Religionen, die keinen Bezug auf eine Gottheit erfordern, wie der Buddhismus.

Die Pascalsche Wette geht außerdem davon aus, dass Glaube nichts kostet. Es kann aber Kosten geben, direkte Kosten (Zeit, Gesundheit, Wohlstand) und „Opportunitätskosten“: Diejenigen, die naturwissenschaftlich denken, auch wenn es Glaubensinhalten widerspricht, könnten in der Lage sein, Entdeckungen zu machen und Ziele zu erreichen, die einem ideologisch Gefangenen verwehrt bleiben.

Es wird auch argumentiert, dass Glaube Lebensfreude kosten kann, weil die gläubige Person nicht an Aktivitäten teilnehmen darf, die durch das Dogma verboten werden. Das setzt natürlich voraus, dass ein Lebensstil ohne Einschränkungen bevorzugt wird. Es ist aber die Frage, ob Glaube und Gebet nicht auch medizinische oder sozio-kulturelle Vorteile mit sich bringen. Es gibt Forschungsergebnisse, die darauf hindeuten. Es gibt aber auch eine Untersuchung, nach der Atheisten, die sich ihrer Sache sicher sind, ähnlich gute Werte erzielt haben wie sehr religiöse Menschen, während sich die ungünstigeren Werte eher bei Personen fanden, die in religiöser Hinsicht unsicher und unentschieden waren. Die Forschungen auf diesem Gebiet sind aber noch nicht sehr weit gediehen.

Ein Einwand gegen die Pascalsche Wette besteht darin, dass sie empfiehlt, die religiöse Überzeugung zu wählen, die den größten Vorteil bietet. Man kann aber der Meinung sein, dass es gar nicht möglich ist, eine Überzeugung nach solchen Gesichtspunkten auszuwählen. Aufgrund der Wette kann ein Mensch zwar zu dem Schluss kommen, dass es zu seinem Vorteil sei, sich wie ein gläubiger Mensch zu verhalten, zu beten, Gottesdienste zu besuchen und dergleichen mehr. Aber ob das Interesse am eigenen Vorteil einen Menschen befähigen kann, wirklich an Gott zu glauben, solange er keine überzeugenden Gründe anderer Art hat, das darf bezweifelt werden. Das heißt, es ist fraglich, ob der Mensch die Wahl hat, ob er an Gott glauben will oder nicht.

Außerdem gibt es die Vorstellung, dass man die Wette „austricksen“ könnte, wenn man von der Möglichkeit ausgeht, man könnte sich ja auf dem Sterbebett bekehren – in einigen Strömungen des Christentums gibt es ja die Vorstellung, dass ein Mensch fast sein ganzes Leben lang ohne Religionsausübung leben könnte und dennoch an den Freuden des Himmels teilhaben könnte, wenn er sich auf dem Sterbebett bekehrte. Die Gefahr dabei ist vielen Christen wohlbekannt, da in vielen Kirchen immer wieder davor gewarnt wird: Es könnte ja sein, dass man plötzlich stirbt und keine Zeit mehr hat, sich zu bekehren; und das wäre ein allzu großes Risiko. Zudem ist es gar nicht sicher, ob man sich bekehren kann, wann man will. Das Innerste kann so verstockt und damit unfähig sein, um sich noch Gott zuwenden zu können.

Außerdem ist eine nicht geringe Zahl von Christen der Meinung, dass Gott gute Werke belohnen würde und dass weder Reue allein noch Glaube allein die guten Werke überflüssig mache. Variationen dieses Arguments können in anderen religiösen Philosophien gefunden werden, z. B. im Hinduismus.

Der Einwand von William James (in „The Will To Believe“) gegen das Glaubenskalkül in der Wette ist wohl einer der bekanntesten: Gerade einem auf Pascals Weise kalkulierenden und spekulierenden, also nur scheinbar Gläubigen würden wir an Gottes Stelle die unendliche Belohnung mit Vergnügen vorenthalten.

Einzelnachweise

  1. Penseés, Nr. 233, Übers. aus d. Frz., Online-Textausgabe

Literatur

  • Jeff Jordan (Hg.): Gambling on God: Essays on Pascal's Wager, Rowman & Littlefield 1994
  • Knoepffler, Nikolaus : Über die Unmöglichkeit, die Gottesfrage durch eine Wette im Sinne Pascals zu entscheiden, in: Philosophisches Jahrbuch 107 (2000), 398-409

Weblinks


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