- Diphthong
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Ein Diphthong (von griechisch δίφθογγος: Dis „zweimal“ und phthóngos „Laut“) ist ein Doppellaut aus zwei verschiedenen Vokalen, auch Zwielaut oder Zweilaut. Die bekanntesten Schreibungen von Diphthongen im Deutschen sind „ei“, „au“, „äu“ und „eu“; seltener sind „ai“ oder „ui“. Diphthonge kommen auch in vielen anderen Sprachen vor.
Inhaltsverzeichnis
Unterscheidung von Diphthong und Hiat
Ein Diphthong ist von einem Hiat zu unterscheiden. Während ein Diphthong einer einzigen Silbe zugeordnet ist (z. B. „Haus“, „lei-se“), liegt ein Hiat am Übergang zwischen zwei Silben (z. B. „Cha-os“, „Rotari-er“, „Radi-o“, „Bo-a“, „Ru-ine“). Ein- und dieselbe Graphemkombination kann gelegentlich als Diphthong („Leu-te“) oder als Hiat („Muse-um“) in Erscheinung treten.
Während Diphthonge grundsätzlich nicht getrennt werden dürfen, ist beim Hiat eine Silbentrennung zulässig.
Klassifikation
Man unterscheidet zwischen:
- fallenden Diphthongen, in denen das Hauptgewicht auf dem ersten Teil liegt (z. B. deutsch „au“, „ei“ usw.) und bei der die Zungenbewegung von „unten“ nach „oben“ verläuft.
- steigenden Diphthongen, mit dem Gewicht auf dem zweiten Teil (z. B. französisch /wa/ in Wörtern wie loi). Hier verläuft die Zungenbewegung von „oben“ nach „unten“.
- zentrierenden Diphthongen, bei der die Zungenbewegung in Richtung eines Mittelzungenvokals verläuft (z. B. englisch [ɪə̯] wie in pier oder Alemannisch /iə̯/ wie in Lied).
- schwebenden Diphthongen, bei der die Zungenbewegung horizontal verläuft (z. B. deutsch [uɪ̯] wie in „hui“, „pfui“)
- bisweilen unterscheiden sich lange Diphthonge von kurzen (z. B. berndeutsch [aːu̯] vs. [au̯] wie in Schtaau „Stahl“ vs. Schtau „Stall“).
Diphthonge im Deutschen
Das deutsche Lautsystem hat folgende vier Diphthonge unterschiedlicher Schreibweise:
Die Diphthonge uɪ̯ und ɛɪ̯ existieren an der lexikalischen Peripherie („pfui!, Uigure“, „ey!, Spray, Schwejk“). Ebenso ist auch œɪ̯ möglich, wenn beispielsweise „Feuilleton“ mit kurzem „Ö“ gesprochen wird.
Obwohl es sich dabei um phonetische Realisierungen von Phonemverbindungen handelt, können folgende Laute aus artikulatorischer Sicht ebenfalls als Diphthonge aufgefasst werden: [iˑɐ̯] („wir“, „Bier“), [yˑɐ̯] („für“, „rührt“), [uˑɐ̯] („nur“, „Uhr“), [eˑɐ̯] („Meer“), [ɛˑɐ̯] („Bär“), [øˑɐ̯] („Öhr“, „Frisör“) und [oˑɐ̯] („Ohr“).
Der ursprüngliche Diphthong „ie“ wurde in den mitteldeutschen Dialekten bereits ab dem 11.–12. Jahrhundert monophthongiert (während er im Bayerischen und im Alemannischen bis heute auftritt). Im heutigen Deutsch stellt „ie“ nur noch ein „verlängertes i“ dar (wie z. B. in „Liebe“, „Biene“).
Phonologisch betrachtet besitzen Diphthonge (wenn man sie jeweils als ein Phonem wertet) die gleiche Vokalquantität wie lange Vokale. Nach neuer wie nach alter deutscher Rechtschreibung kann daher auf Diphthonge – wie bei langen Vokalen – ein „ß“ folgen, nicht jedoch ein „ss“, wie auch keine anderen gedoppelten Konsonanten, „tz“ oder „ck“, sondern nur der jeweils einfache Konsonantenbuchstabe.[1]
Dennoch gelten die Diphthonge als Problemfall, da man in der Sprachwissenschaft diskutiert, ob jene den Wert einer oder zweier Phonemstellen haben, also als monophonematisch oder biphonematisch gelten. Man hat verschiedene Argumente konstruiert, welche die jeweiligen Thesen unterstützen. Um die biphonematische These zu stützen hat man Minimalpaare gebildet, wie rauher [au] vs. Reiher [ai], Lauer [au] vs. Leier [ai] oder auch Eile [ai] vs. Eule [ᴐy], um zu zeigen, dass hier nur jeweils der erste oder auch der zweite Bestandteil des Diphthongs in Opposition zu dem entsprechend anderen Teil steht. Auch für die monophonematische These existieren einige Argumente, beispielsweise die, dass die Diphthonge sprachgeschichtlich gesehen aus einem Monophthong, also aus einem einfachen Vokal, entstanden sind. Aus dem mittelhochdeutschen mîn nîuwes hus wurde mein neues Haus. Weiterhin werden Diphthonge nicht auf zwei Silben verteilt, d.h. die Silbengrenze befindet sich nie zwischen beiden Vokalen, was wiederum die These der Zwielaute als eine Phonemstelle stützt.
In deutschen Dialekten (oft im Süden, z. B. Bairisch) existieren einige Diphthonge mehr, die z. T. mit Nasalen gebildet werden und in der Hochsprache nicht existieren.
Exemplarische Beispiele aus dem Oberbayerischen:
- ~au in Stauz'n („Mücke“)
- ea in Keaz'n („Kerze“)
- ~ea in ~eana („Ihnen“)
- ~ei in schn~ei („schnell“)
- ia in via Kia („vier Kühe“)
- oa in zwoa Stoa („zwei Stare“)
- ~oa in ~oa St~oa („ein Stein“)
- ~oi in ~oi („hinan“)
- ou in grouß („groß“)
- ua in Bua („Bub“)
- ui in vui z'vui G'fui („viel zu viel Gefühl“)
Beispiele aus dem Ripuarischen:
- ew in Kews (Kiste), Mews (Mist), News (Nest)
- oa in Koat (Schnur), Hoa (Haar), Poats (Tür), Joa (Jahr)
- oi in Hoi (Heu), Schnoits (Schnurrbart), Schroijel (Verschrumpeltes)
- ou in Sou (Sau), Bou (Bau), Rou (Ruhe), broue (brauen)
- öi in Möisch (Spatz), Köisch (Küche), döije (drücken), nöi (neu)
- ue in Wuesch (Wurst), Knueschel (Stachelbeere), Ue (Uhr, Ohr)
- üe in üe (Ihr, Euer), hüere (hören), vüe (für, vor), Vüe (Feuer)
Diphthonge in anderen Sprachen
Im Hochchinesischen existieren die Diphthonge /ai̯/ (Beispiel: 爱, ài, lieben), /ei̯/ (誰, shéi, wer), /aʊ̯/ (好, hǎo, gut), /oʊ̯/ (有, yǒu, haben). Daneben gibt es auch durch Vorangehen der Halbvokale /w/ und /j/ an Monophthonge die Sequenzen /ja/ (俩, liǎ, Liebespaar), /jɛ/ (節, jié, Feiertag), /wa/ (光, guāng, Licht), /wɔ/ (多, duō, viel), /jʊ/ (兄, xiōng, älterer Bruder), und an Diphthonge eine Anzahl von Triphthongen.
Sonstiges
Als Diphthongie für Doppeltönigkeit wird ein Nebenton beim Sprechen infolge krankhafter oder nervöser Reizung der Stimmbänder bezeichnet.
Siehe auch
Literatur
Gunther Schunk: Studienbuch zur Einführung in die deutsche Sprachwissenschaft: vom Laut zum Wort. Königshausen & Neumann, Würzburg 1997.
Nachweise
Weblinks
Wiktionary: Diphthong – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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