- Donskoi-Friedhof
-
Der Donskoi-Friedhof (russisch Донское кладбище) ist ein gut zehn Hektar großer Friedhof in Moskau. Er ist nicht zu verwechseln mit dem in unmittelbarer Nähe gelegenen alten Friedhof des Donskoi-Klosters, der oft als Alter Donskoi-Friedhof (Старое Донское кладбище) bezeichnet wird.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der südlich des Moskauer Zentrums gelegene Donskoi-Friedhof entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Erweiterung des (alten) Klosterfriedhofs, der in den Jahrhunderten zuvor eine begehrte Begräbnisstätte gewesen und deshalb zunehmend voll belegt war. Auf dem Gelände des neuen Friedhofs wurde 1914 ein zum Donskoi-Kloster gehörendes Kirchengebäude errichtet, das ungewöhnlich großzügige Kellerräume erhielt, in denen Platz für bis zu vierzig Familiengruften geschaffen wurde. Genau diese architektonische Besonderheit der Kirche war für ihre spätere Verwendung ausschlaggebend.
Als das Donskoi-Kloster nach der Oktoberrevolution 1917 aufgelöst und dessen Sakralbauten für andere Zwecke genutzt wurden, wurde die Kirche auf dem neuen Donskoi-Friedhof Anfang der 1920er-Jahre zum ersten Moskauer Krematorium umgebaut, da ihre ausgedehnten Kellerräume genügend Platz für einen Verbrennungsofen boten. Dieses Krematorium wurde noch bis Mitte der 1970er-Jahre betrieben und war bis zu dieser Zeit auch das einzige Krematorium der sowjetischen Hauptstadt. Hier wurden unter anderem sämtliche prominente Revolutionäre und Politiker, die in der Nekropole an der Kremlmauer ein Urnen-Ehrengrab erhielten, eingeäschert. Außerdem gibt es hier zahlreiche Massengräber mit der Asche von Opfern des Zweiten Weltkriegs, aber auch mit Urnen von Opfern der Stalinschen Säuberungen der 1930er-Jahre, die allesamt hier eingeäschert wurden.
Der Friedhof selbst wurde bis in die 1970er-Jahre hinein vor allem als Urnenfriedhof genutzt, wobei die meisten Bestattungen nicht in Erdgräbern, sondern in den zahlreichen Kolumbarien erfolgten, die in den Friedhofsmauern sowie im Krematoriumsgebäude entstanden. Nach der Auflösung der Sowjetunion in den 1990er-Jahren wurde das ehemalige Krematoriumsgebäude der Russisch-Orthodoxen Kirche zurückgegeben und erneut zu einem Gotteshaus umfunktioniert.
Bestattungen
Einzelgräber
Bekannte Personen, die hier ihre letzte Ruhe in Einzelgräbern gefunden haben, sind unter anderem:
- Rudolf Abel (1903–1971), Spion
- Isabella Jurjewa (1899–2000), Sängerin
- Lew Kopelew (1912–1997), Germanist und Schriftsteller
- Solomon Michoels (1890–1948), Schauspieler und Regisseur
- Konon Molody (1922–1970), Spion
- Sergei Muromzew (1850–1910), Vorsitzender der ersten Staatsduma
- Faina Ranewskaja (1896–1984), Schauspielerin
- Pawel Sudoplatow (1907–1996), Geheimdienstfunktionär
Massengräber
Auf dem Donskoi-Friedhof finden sich zahlreiche anonyme Massengräber mit der Asche von Opfern des Zweiten Weltkriegs sowie der Stalinschen Säuberungen der 1930er-Jahre. Laut Memorial wurden nach dem Zweiten Weltkrieg bis zu Stalins Tod 1953 allein in der Butyrka ca. 7.000 Menschen erschossen, die dann nach der Einäscherung im damals einzigen Moskauer Krematorium auf dem Donskoi-Friedhof eimerweise dort in Massengräbern beigesetzt wurden. Im Massengrab Nr. 3 befindet sich nach Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial die Asche von 927 deutschen Staatsbürgern, die zwischen 1950 und 1953 in der Sowjetunion als Opfer stalinistischer Gewalt hingerichtet wurden.
In den Massengräbern wurden unter anderem die folgenden hingerichteten Personen beigesetzt:
- Herbert Belter (1929–1951), Widerstandskämpfer
- Wassili Blücher (1889–1938), Marschall der Sowjetunion
- Arno Esch (1928-1951), LDP-Politiker
- Alexander Jegorow (1883–1939), Marschall der Sowjetunion
- Nikolai Jeschow (1895–1940), Chef des NKWD
- Stanislaw Kossior (1889–1939), Politiker
- Walter Linse (1903–1953), Jurist
- Wsewolod Meyerhold (1874–1940), Theaterregisseur
- Jewgeni Miller (1867–1938), Armeegeneral
- Oleg Penkowski (1919–1963), wegen Hochverrats hingerichteter Militär
- Michail Tuchatschewski (1893–1937), Marschall der Sowjetunion
Siehe auch
Literatur
- Jurij Rjabinin: Žizn' moskovskich kladbišč. RIPOL Klassik, Moskau 2006, ISBN 5-7905-4845-8, S. 335–359
- Arsenij Roginskij, Jörg Rudolph, Frank Drauschke, Anne Kaminsky (Hrsg.): „Erschossen in Moskau …“ Die deutschen Opfer des Stalinismus auf dem Moskauer Friedhof Donskoje 1950–1953. 3. vollständig überarbeitete Auflage, Metropol Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-938690-14-7. (Rechercheergebnisse eines gemeinsamen Forschungsprojektes von Memorial Internationale Gesellschaft für Historische Aufklärung, Menschenrechte und soziale Fürsorge, Moskau, Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin, und Facts & Files – Historisches Forschungsinstitut Berlin; siehe auch [1][2])
Weblinks
Commons: Donskoi-Friedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Eintrag auf genealogia.ru (russisch)
55.71229305555637.602382Koordinaten: 55° 42′ 44″ N, 37° 36′ 9″ OKategorie:- Friedhof in Moskau
Wikimedia Foundation.