- Aerospike
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Aerospike (engl. „Luftstachel“) ist ein neuartiges Raketentriebwerk, das sich den atmosphärischen Gegebenheiten in unterschiedlichen Flughöhen selbständig anpasst. Ein Aerospike-Triebwerk verbraucht in niedriger Höhe 25 bis 30 % weniger Treibstoff als traditionelle, glockenförmige Raketentriebwerke. Aerospike-Triebwerke werden bereits seit einiger Zeit erforscht und dienen als Grundlage für viele Konzepte wiederverwendbarer Raumfahrzeuge. Zurzeit gibt es jedoch kein einsatzfähiges Triebwerk.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Ein traditionelles Triebwerk verwendet eine große glockenförmige Düse, um die Verbrennungsgase ausströmen zu lassen und damit die kinetische Energie der ausströmenden Stützmasse in Schub umzuwandeln. Die richtige Dimensionierung der Düsenglocke hängt jedoch von den äußeren Bedingungen ab. In großer Flughöhe wird wegen dem geringeren Aussendruck (größere Differenz zwischen Brennkammerdruck und Umgebungsdruck) eine viel größere Glocke mit einem höheren Entspannungsverhältnis benötigt als in niedriger Höhe.
Der Aerospike versucht dieses Problem zu umgehen. Anstatt die Verbrennungsgase durch eine Düse am Glockenansatz zu schießen, verwendet der Aerospike mehrere kleinere, flach ausgerichtete Brennkammern an der Außenseite. Diese erzeugen Schockwellen, die mit Hilfe eines zylinder- oder V-förmigen Vorbaus (dem Stachel) in Schub umgewandelt werden. Dabei wird aus dem Stachel auf der einen Seite und der vorbeiströmenden Luft auf der anderen Seite eine virtuelle Glocke gebildet - der Luftstachel (Aero-spike).
In der Theorie würde jedoch ein unendlich langer Stachel benötigt, um ideale Werte zu erzielen. In der Praxis besteht das Triebwerk nur aus einem Stachelansatz, der nach unten offen ist. Ein Luftstrom, der durch den Stachel fließt, dient als Ersatzstachel, so dass der untere Teil der virtuellen Glocke auf beiden Seiten aus einem Luftstrom besteht.
In zunehmender Höhe nimmt der Luftdruck ab. Das erlaubt es den Verbrennungsgasen, sich mit zunehmender Höhe immer weiter auszubreiten. Die virtuelle Glocke dehnt sich aus und passt sich somit den veränderten Bedingungen an. In der Theorie erreicht ein Aerospike-Triebwerk eine 90prozentige Effizienz unabhängig vom Luftdruck. Es übertrifft somit jedes traditionelle Raketentriebwerk, das speziell für eine Höhe entwickelt werden muss. Aus diesem Grund ist ein Aerospike-Triebwerk auch bestens geeignet, in einem einstufigen wiederverwendbaren Raumtransporter eingesetzt zu werden, da es in jeder Höhe optimale Leistung erreicht.
Kühlsysteme und Treibstoffpumpen sind ins Innere des Stachels integriert.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
- Aerospike verbraucht in der Theorie bis zu 35 % (niedrige Höhe) weniger Treibstoff.
- Die Richtungssteuerung kommt ohne komplizierte kardanische Aufhängung der Triebwerke oder Leitbleche im heißen Abgasstrahl aus, da der Schub der außenliegenden Brennkammerzellen einfach entsprechend unterschiedlich ausgesteuert wird.
- Durch die Verteilung der Verbrennung auf mehrere kleine Brennkammern wird das Risiko einer Explosion deutlich verringert.
- Ein Aerospike-Triebwerk ist leichter als ein traditionelles und nur etwa halb so hoch.
Nachteile:
- Das größte Problem bei der Entwicklung eines Aerospike-Triebwerkes ist die Kühlung des Zentralkonus. Eine Verkürzung des Stachels reduziert die Auswirkung, da die Fläche, mit der die Verbrennungsgase in Berührung kommen, verkleinert wird. Eine Verkürzung des Stachels ist jedoch immer auch mit einer Verringerung der Leistung verbunden. Ein zweiter Luftstrom im Stachel kann diesem Effekt wiederum entgegen wirken.
- Bei einem V-förmigen Aerospike-Triebwerk, wie es bisher bei Tests meist eingesetzt wird, kommt es durch Wirbelbildung an den Seiten zu einem Leistungsverlust.
Tests und Projekte
Eine sehr frühe Version des Aerospikes wurde bereits bei den Triebwerken der Messerschmitt Me 262 eingesetzt.
Zwischen 1950 und 1970 wurden von der Firma Rocketdyne, der NASA und der US Airforce mit verschiedenen Größen und Varianten insgesamt 73 Tests durchgeführt.
Die Triebwerksanordnung der sowjetischen Mondrakete N1 erzeugte einen Aerospikeeffekt.
Für das X-33-VentureStar-Projekt der NASA wurde 1997 auf Basis der früheren Forschungen vier XRS-2200 Aerospike-Triebwerke entwickelt und gebaut. Das Projekt wurde jedoch aufgrund überhöhter Kosten und technischer Probleme eingestellt.
Der erste bekannte Testflug eines Aerospike-Triebwerks wurde im Rahmen des Linear Aerospike SR-71 Experiments (LASRE) an Bord einer Lockheed SR-71 durchgeführt.
In Westdeutschland wurden Ende der sechziger Jahre an einem Aerospike-Triebwerk für das Raumfahrzeug "Neptun" gearbeitet.
Weblinks
Commons: Aerospike – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Aerospike-Engine auf Nasa Webseite in englischer Sprache
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