Messerschmitt Me 262

Messerschmitt Me 262
Messerschmitt Me 262
Me 262 flight show at ILA 2006.jpg
Nachbau einer Messerschmitt Me 262 auf der ILA 2006 im Flug
Typ: Strahlgetriebener Jagdbomber
Entwurfsland: Deutsches Reich NSDeutsches Reich (NS-Zeit) Deutsches Reich
Hersteller: Messerschmitt AG
Erstflug: 18. Juli 1942
Indienststellung: 1944
Produktionszeit: 1943 bis 1945
Stückzahl: 1433

Die Messerschmitt Me 262 war das erste serienmäßig einsatzfähige Militärflugzeug mit Strahltriebwerken und wurde während des Zweiten Weltkriegs als Jäger (Schwalbe) und als Jagdbomber (Sturmvogel) produziert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Messerschmitt Me 262A (National Museum of the United States Air Force, Dayton/Ohio)
Nachbau einer Messerschmitt Me 262 auf der ILA 2006 beim Start
Unterirdische Produktion der Me 262 im Jahr 1945
Bugansicht der vier 30-mm-MK, 2007 Manching

Entwicklung

Die Entwicklung dieses Strahlflugzeuges begann im Herbst 1938 bei der Firma Bayerische Flugzeugwerke AG, die durch das Reichsluftfahrtministerium den Auftrag erhielt, ein luftstrahlgetriebenes Jagdflugzeug zu entwickeln. Das Projekt erhielt die Bezeichnung P 1065. Projektleiter war Dipl.-Ing. Woldemar Voigt. Bis November/Dezember 1939 wurde eine Holzattrappe erstellt, die von Mitarbeitern des Reichsluftfahrtministeriums (RLM) positiv bewertet wurde und im März 1940 zum Auftrag für den Bau von drei Prototypen führte.

Prototyp

Im April 1941 war das erste Versuchsflugzeug fertiggestellt; etwa zeitgleich erteilte das RLM dem neuen Muster offiziell die Nummer 262. Da die P-3302-Strahltriebwerke von BMW (später BMW 003 genannt) noch nicht verfügbar waren, wurde zunächst auf einen zentral im Bug eingebauten Junkers-Jumo-210G-Kolbenmotor zurückgegriffen. Der Erstflug der Me 262 V1 in dieser Konfiguration fand am 18. April 1941 statt. Beim ersten Flug der V1 mit zwei BMW-Versuchstriebwerken P 3302 am 25. März 1942 kam es zu Triebwerksproblemen, die umgehend eine Rückkehr zum Flugplatz erzwangen. Dank des noch eingebauten Kolbenmotors kam es aber nur zu Beschädigungen am Fahrwerk aufgrund einer harten Landung.

Erstflug

Am 18. Juli 1942 gelang Fritz Wendel mit der Me 262 V3 in Leipheim der erste erfolgreiche Flug ausschließlich mit Strahltriebwerken. Zum Einsatz kamen Turbinen vom Typ Jumo 004 der Junkerswerke, die größer und schwerer, aber auch erheblich leistungsstärker als die BMW-Triebwerke waren. Wendel konnte die Maschine nur starten, indem er bei einer Rollgeschwindigkeit von etwa 180 km/h kurz auf die Bremse trat, um die Nase des Flugzeugs abzusenken und so das Höhenruder in den Fahrtwind zu bekommen. Das Höhenruder wurde durch die Spornradkonfiguration des Fahrwerks beim Rollen von der Tragfläche verdeckt und blieb so wegen des nicht vorhandenen Propellerluftstroms völlig wirkungslos. Diese Starteigenschaften veranlassten das RLM, für die spätere Serienproduktion ein Bugradfahrwerk einzufordern. Der für den Umbau erforderliche Versatz des Hauptfahrwerks nach hinten zog umfangreiche Änderungen an den Tragflächenstrukturen nach sich.

Hitlers Vision eines Blitzbombers

Am 26. November 1943 wurde die ab der V5 mit einem Bugrad ausgestattete Me 262 Adolf Hitler vorgestellt. Angeblich fragte Hitler den Firmenchef Willy Messerschmitt, ob die Maschine mit Bomben beladen werden könnte, was dieser bejahte, da diesbezüglich bereits Untersuchungen vorgenommen worden waren. Hitler stimmte der Massenproduktion unter der Voraussetzung zu, dass das Flugzeug hauptsächlich als Bomber (sogenannter „Blitzbomber“) eingesetzt werden sollte, den er zur Abwehr der erwarteten Landung der Alliierten dringend brauchte. Diese Entscheidung entpuppte sich als strategischer Fehler, da die Me 262 zum einen durch das eingeschränkte Sichtfeld des Piloten auf den Boden eine vergleichsweise schlechte Treffsicherheit beim Bombenabwurf hatte, und zum anderen, weil die Me 262 in erster Linie als Abfangjäger konzipiert war. Das Mitführen von Außenlasten (üblicherweise zwei Bomben mit je 250 kg) hatte zur Folge, dass die Messerschmitt in den Geschwindigkeitsbereich der alliierten Jäger zurückfiel. Hauptsächlich verzögert wurde der Einsatz der Me 262 allerdings durch die immensen Schwierigkeiten mit den Strahltriebwerken. Die Me 262 lag weit hinter ihrem Konzeptionsplan zurück.

Die Kontroverse, ob die Me 262 als Jagdbomber oder Jäger zu konzipieren sei, hielt an. Alle Versuche, Hitler dazu zu überreden, der Jägerversion den Vorrang zu geben, scheiterten. Die Auseinandersetzung über die Verwendung der Me 262 gipfelten in einem Zerwürfnis Hitlers mit der Luftwaffenführung. Dem Befehl Hitlers, die Me 262 als Jagdbomber einzusetzen, setzte Generalfeldmarschall Erhard Milch angeblich entgegen:

„Mein Führer, das sieht doch jedes Kind, dass dies kein Bomber, sondern ein Jäger ist!“

Fronteinsatz

Erste Fronteinsätze in sehr geringem Umfang erfolgten im Sommer 1944 durch das Erprobungskommando 262, mit dessen Aufstellung schon Ende Dezember 1943 begonnen worden war. Ab Frühjahr 1944 erprobte das Einsatzkommando Schenk erstmals den Bombeneinsatz mit der Me 262. Im Sommer 1944 folgte die Aufstellung weiterer Kampf-, Jagd-, Aufklärungs und Nachtjagd-Einheiten. 1945 wurden auch die mit mäßigem Erfolg operierenden Jagdbomberverbände zunehmend zu Jagdeinsätzen herangezogen.

Einer der erfolgreichsten Piloten der Me 262 war Kurt Welter.

Der japanische Militärattaché in Deutschland war Zeuge einiger Versuchsflüge der Me 262 und schickte im September 1944 Berichte darüber nach Japan. Dort entschloss man sich, ebenfalls Strahljäger zu entwickeln – die Nakajima J9Y Kikka und die Nakajima Ki-201.

Produktion

Während des Krieges wurden insgesamt 1433 Me 262 gebaut, davon waren aber meist nicht mehr als 100 Maschinen (oft auch weniger) gleichzeitig einsatzbereit. Gründe dafür waren die massiven Bombenangriffe der Alliierten und der Mangel an Treibstoff und Ersatzteilen sowie das Fehlen von ausgebildeten Piloten. Dennoch lief gegen Kriegsende unter der Federführung der SS-eigenen Deutsche Erd- und Steinwerke GmbH (DEST) im damals streng geheimen unterirdischen Produktionskomplex B8 Bergkristall in Sankt Georgen an der Gusen die Serienproduktion von Rümpfen in großem Stil an. Ab Mai 1945 sollten dort monatlich bis zu 1250 Maschinen vom Fließband laufen.[1] Die Tragflächen wurden zwischen dem April 1944 und dem April 1945 durch Häftlinge des KZ Leonberg in den Röhren des ehemaligen Engelbergtunnels produziert. Andere Produktionsorte in der Endphase des Kriegs waren der Walpersberg in der Nähe von Kahla, Leipheim, Burgau und Horgau mit einem neu errichteten Außenlager vom KZ Dachau, dem KZ Burgau.[2]

Die Endmontage der Serienflugzeuge wurde bei Messerschmitt in Augsburg (MttA), Leipheim (MttL) und in einem getarnten Werk in der Nähe des Fliegerhorstes Schwäbisch Hall-Hessental sowie beim Leichtbau Budweis (LBB) durchgeführt. Die Serie lief im April 1944 an, die letzten Flugzeuge wurden im April 1945 ausgeliefert. Nachweisbar sind 1369 Flugzeuge bis zum 10. April 1945[3]. Da Augsburg erst am 28. April 1945 besetzt wurde, kann die o. a. Zahl von 1433 Flugzeugen stimmen. Bis zum 30. November 1944 wurden 212 Blitzbomber A-2 sowie 228 Jagdflugzeuge A-1 hergestellt. Danach wurde nur noch die A-1 produziert. Bis Ende März 1945 wurden 33 Umbauten zum Nahaufklärer sowie 26 Umbauten zum Schulflugzeug B-1 bei Blohm&Voss (16 Stück) und der Deutschen Lufthansa, Staaken (10 Stück), hergestellt. Vier Nachtjäger B-1/U1 wurden bis zum 10. April 1945 von der DLH Staaken aus der B-1 hergestellt[4].

Bauzahlen der Me 262 bis zum 10. April 1945[5]:

Monat MttA MttL LBB div. SUMME
April 1944 16       16
Mai 1944 7       7
Juni 1944 28       28
Juli 1944 59       59
August 1944 20       20
September 1944 91       91
Oktober 1944 117       117
November 1944 20 81     101
Dezember 1944 102 23     125
Januar 1945 43 117 6   166
Februar 1945       296 296
März 1945       295 295
bis 10. April 1945       47 47
SUMME 503 221 6 638 1368

Die Luftwaffe erhielt bis zum 10. April 1945 insgesamt 1039 Flugzeuge zugewiesen. Über 200 Flugzeuge waren nach ihrer Übernahme zerstört oder beschädigt worden. Bei den Einheiten waren 727 Verluste aufgetreten, davon 232 durch Feindeinwirkung. Im Bestand befanden sich noch 264 Flugzeuge, davon 134 am Feind, also in einsatzbereiten Einheiten[6].

Luftfahrthistorische Bedeutung

Die Me 262 war – mit Ausnahme der ebenfalls deutschen Horten H IX – das technisch fortschrittlichste Flugzeug seiner Zeit. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gerieten etliche vollständige Me-262-Flugzeuge sowie Bauteile und Konstruktionspläne als Beutegut in die Hände der US-Amerikaner und der Sowjets. Die Me 262 beeinflusste auf diesem Wege die Weiterentwicklung der strahlgetriebenen Kampfflugzeuge nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich.

Einsatzprofil

Me 262 1944

Die Strahltriebwerke der Me 262 lieferten bei niedriger Geschwindigkeit im Vergleich zu Propeller-Antrieben relativ wenig Schub, bei hoher Geschwindigkeit dagegen vergleichsweise viel Schub (bei der Me 262 rund 5150 kW / 7000 PS); außerdem hatte die Maschine wegen ihrer hohen Masse eine geringere Wendigkeit als die alliierten Jäger. Weiterhin neigten die Triebwerke bei schnellem Schubgeben teilweise zu Flammabrissen; zusätzlich gab es noch den Nachteil, dass Turbinen ein schlechteres Teillastverhalten zeigen als herkömmliche Kolbenmotoren und somit schon bei nur geringer Leistungsreduktion wesentlich weniger Schub lieferten. Somit war sie als Luftüberlegenheitsjäger taktisch ungeeignet und gänzlich auf ihre Rolle als Abfangjäger ausgerichtet. Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit hatte sie dagegen den Vorteil der taktischen Initiative, der gegen die Überzahl alliierter Jäger besonders nützlich war. Der General der Jagdflieger, Adolf Galland, äußerte, dass ein Me-262-Düsenjäger von größerem Wert sei als fünf Propellerjäger vom Typ Messerschmitt Bf 109. Als er die Me 262 zum ersten Mal flog, war er so von den Flugeigenschaften und der Geschwindigkeit der Maschine begeistert, dass er nach dem Flug äußerte: „Es ist, als wenn ein Engel schiebt“.

Die großen Bomberverbände der Alliierten, die einerseits durch starke Abwehrbewaffnung, andererseits durch Langstreckenbegleitjäger geschützt waren, wurden für die konventionelle Tagjagd mit frontal anfliegenden Propellerjägern zu einer nicht mehr zu bewältigenden Herausforderung. Durch den großen Fahrtüberschuss der Me 262 (Geschwindigkeitsdifferenz zu den Bombern etwa 400 km/h, zu den Begleitjägern mehr als 100 km/h) und die sehr starke Bewaffnung (nur einige gut platzierte Treffer durch die vier MK-108-30-mm-Bordkanonen von Rheinmetall genügten für die Zerstörung eines schweren Bombers) sahen viele Piloten wieder eine Möglichkeit, ihre Aufgabe zu erfüllen. Außerdem konnten die optional angebrachten 24 ungelenkten R4M-Raketen außerhalb der Reichweite von Bomber-Bordschützen in die dicht beisammen fliegenden Bomberverbände mit der hohen Wahrscheinlichkeit eines wirksamen Treffers abgefeuert werden.

Da die Reichsverteidigung zunehmend Schwierigkeiten hatte, genügend Piloten für die Luftkämpfe gegen Bomber und deren Begleitjäger auszubilden, entwickelte das RLM den Plan, die Bomberflotten bereits auf ihren eigenen Stützpunkten zu bekämpfen. Oberst Steinhoff versuchte, anlässlich der Verleihung der Schwerter zum Ritterkreuz, Hitler umzustimmen. Dieser wollte davon nichts hören und erließ einen Führerbefehl: „Mit sofortiger Wirkung verbiete ich hiermit, über das Düsenflugzeug Me 262 zu sprechen, es sei denn über den Schnellst- oder Blitzbomber“. Damit ließ er den Bau ausschließlich als Schnellbomber zu. Dies führte jedoch zu keinem praktischen Nutzen, da die 262 als Jäger projektiert war: Die Aufnahme einer Bombenlast von 1000 kg vor der vorderen Schwerpunktlage verlangte den Verzicht auf zwei der vier Maschinenkanonen in der Rumpfnase sowie den Verzicht auf die Betankung der vorderen Kraftstoffbehälter. Der Pilot musste darüber hinaus erst mindestens 40 Minuten Kraftstoff „abfliegen“, um eine wurftaugliche Trimmlage herzustellen. Dennoch blieb der Bombenwurf kritisch: Sofort nach dem Auslösen der Bombenschlösser wurde die Maschine derart schwanzlastig, dass ein schlagartiges Nickmoment um die Querachse einsetzte, das nicht selten zu Strukturschäden an den Tragflächen im Bereich der Triebwerksgondeln führte. Ferner war aufgrund der hohen Abwurfgeschwindigkeit, verbunden mit mangelnder Zieleinrichtung, die Trefferwahrscheinlichkeit nur gering; Messerschmitts Versuchspilot Fritz Wendel, der die Strahljäger bei diesen Truppenversuchen begleitete, vermerkte dies auf sehr deutliche Art in seinen Berichten. Wegen dieser Probleme wurde bei Bombeneinsätzen in der Regel nicht die maximale Bombenlast von 2 × 500 kg mitgeführt, sondern die weit weniger problematische Ausstattung mit 2 × 250 kg. So wurde die Maschine nicht so sehr hecklastig wie bei 2 × 500 kg. Der sinnlose „Führerbefehl“ war umso unverständlicher, weil mit der Arado Ar 234 schon ein leistungsfähiger taktischer Bomber zur Verfügung stand, der diese Aufgaben weit besser erfüllen konnte. Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass Messerschmitt selbst der Verursacher dieser als „Tragödie der deutschen Luftrüstung“ apostrophierten Entscheidung war, da er Hitler diese Idee im Juni und September 1943 aus machtpolitischen Motiven nahebrachte.

Bei Hochgeschwindigkeits-Testflügen wurde durch Messerschmitt festgestellt, dass die Me 262 bei Geschwindigkeiten von über Mach 0,83 zunehmend kopflastig wurde und Mach 0,86 die oberste Grenze für einen Sturzflug darstellte, in dem ein Abfangen noch möglich war. Daher ist es extrem unwahrscheinlich, dass, wie von Hans Guido Mutke behauptet, die Me 262 tatsächlich jemals Überschallgeschwindigkeit erreicht hat. Allerdings wird an vielen Teilen des Flugzeugs (zum Beispiel den Tragflächen) die Luft dermaßen abgelenkt und beschleunigt, dass sich in einigen Bereichen die Luft relativ zum Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit bewegt. Dadurch kann eine Kompressionswelle entstehen, die den Eindruck erweckt, dass die Me 262 mit Mach 1 fliege. Jedoch waren ihre Machzahlen immer noch höher als die aller alliierten Jäger. Da eine Luftbremse fehlte und weder Propeller noch schlechte Aerodynamik das Flugzeug bremsten, konnte die Me 262 nur schlecht im Sturzflug eingesetzt werden.

Außerdem hatte sie durch die fehlende Bremsung einen langen Landeanflug, während dessen sie zur leichten Beute wurde. Strahltriebwerke reagieren langsamer als Kolbenmotoren. Die Jumos neigten dazu, beim allzu abrupten Gasgeben einen Flammabriss zu erleiden, wobei das Triebwerk ausging und neu gestartet werden musste, was kurz vor der Landung problematisch war. So lauerten die Mustangs und Thunderbolts in niedriger Höhe in der Nähe der Me-262-Flugplätze, um sich auf die dann trägen Flugzeuge zu stürzen. Deswegen mussten andere Jagdeinheiten mit Fw 190- oder Bf-109-Kolbenjägern speziell zum Schutz dieser Flugplätze abgestellt werden.

Bemerkenswert – als Folge von Produktionsstraffungen, Treibstoff- und Personalmangel – ist die Tatsache, dass es zwar zweisitzige Varianten der Me 262 gegeben hat, die Musterschulung (Vertrautmachen mit dem neuen Flugzeug) jedoch selten im Doppelsitzer stattfand, sondern per „zuschauen und nachmachen“. Die Warte – selbst ohne Flugerfahrung – erklärten den Piloten die Systeme und deren Handhabung, und die Piloten erfragten von ihren Kameraden Anflughöhen und Leistungseinstellungen. Vor dem Hintergrund völlig neuer Technik und der Herausforderung, die ein Strahlflugzeug an seinen Piloten stellt, ein klarer Hinweis auf die verzweifelte Lage der Luftstreitkräfte, kurz vor der Niederlage und mittlerweile ohne funktionsfähige Strukturen den Kampf noch aufrechtzuerhalten (sh. Walter Schuck, „Abschuss“).

Bericht eines englischen Testpiloten

Das Anlassen selbst erforderte flinke Hände, wollte man all die Schalter und Hebel in der erforderlichen Geschwindigkeit betätigen. [...] Erschwert wurde der Anlassvorgang mit all seinen Verrenkungen, die man zu machen hatte, weil die Kanzel sehr eng und die Starthebel und Brandhähne auf der Konsole weit hinten lagen. [...] Das war also die Me 262 gewesen, einmal ›Schwalbe‹, ein anderes Mal ›Sturmvogel‹ getauft. Wie auch immer ihre Bezeichnung heißen mochte – in meinen Augen war sie das bei weitem fortschrittlichste Militärflugzeug ihrer Zeit. Ein großer Wurf, der alles in den Schatten stellte, was wir damals auf alliierter Seite zur Verfügung hatten. Zum Glück für die Gegner Deutschlands stand sie nicht in ausreichender Stückzahl zur Verfügung, um noch auf entscheidende Weise in den Gang der Dinge eingreifen zu können. Es war ein Flugzeug wie geschaffen nach den Herzen richtiger Flieger. Ein Flugzeug, das geflogen werden wollte, eines, das man nicht einfach irgendwie in die Luft hieven durfte. Grundsätzlich war sie mit zu wenig Triebwerksleistung versehen, und die Triebwerke waren obendrein noch ziemlich unzuverlässig, so daß der Adrenalinfluß dauernd auf Hochtouren gehalten wurde. Trotzdem war sie wunderbar zu fliegen!“

Eric Brown, 1977 [7]

Verbände

Me 262 A-1a, Stab/III./EJG 2, geflogen von Kommandeur Oberstleutnant Heinz Bär, Lechfeld, März 1945
Me 262 im Deutschen Museum
Me 262 B-1a/U1 von Briten erbeutet und in den USA 1946 getestet
Tschechische Nachkriegsversion Avia S-92 (Me 262A)
  • Erprobungskommando 262 (Ekdo.- 262) III./ZG 26
  • Einsatzkommando Schenk (E-51) 3./KG 51 „Edelweiß“
    • I./KG 51
    • II./KG 51
    • IV./(Erg.)51
  • Kommando Nowotny III./JG 6
  • Ergänzungsjagdgeschwader 2 – EJG 2
  • Kampfgeschwader (Jagd) 54 – KG(J)54
    • I./KG(J)54
    • II./KG(J)54
    • III./KG(J)54
  • Kommando Welter 10./NJG 11
  • Nahaufklärungsgruppe 6 – NAGr.6
  • Jagdgeschwader 7 – JG 7
    • I./JG 7
    • II./JG 7
    • III./JG 7
  • Jagdverband 44JV 44 (Gallands „Experten“)

Versionen und Bewaffnung

Blick auf den Einbau der beiden linksseitigen MK-108-Maschinenkanonen
Zeichnung

Me 262 A-1a „Schwalbe“Abfangjäger

Me 262 A-1b

  • wie A-1a, aber mit BMW-003-Triebwerken – nur wenige Prototypen

Me 262 A-2 „Sturmvogel“Jagdbomber

  • zwei MK 108 mit je 100 Schuss
  • Aufhängevorrichtungen für max. 1000 kg Bomben

Me 262 A-5 bzw A-1a/U3Aufklärer

  • wie A-1a, aber mit Fotoausrüstung im unteren Bug

Me 262 B-1a – zweisitzige Schulmaschine

  • Bewaffnung wie A-1a, aber reduzierte interne Kraftstoffkapazität, Abwurftanks zum Ausgleich

Me 262 B-1a/U1 – Umbau der Schulmaschinen in Nachtjäger

Me 262 B-2 – endgültige Nachtjagdversion

  • wie B-1a/U1, aber leicht verlängerter Rumpf für größere interne Kraftstoffkapazität, nur wenige Prototypen

Me 262 C „Heimatschützer“ – Prototypen schnell steigender Abfangjäger

  • Bewaffnung wie A-1a
  • die C-1a mit Jumo 004B-2 und einem Raketentriebwerk Walter R.II-211/3 (HWK 509), Testflüge ab Februar 1945
  • die C-2b mit BMW 003R (Kombination eines BMW 003A mit je einem Raketentriebwerk BMW 718), Testflüge ab März 1945
  • die C-3 mit abwerfbarem Zusatz-Raketentriebwerk wurde nicht mehr realisiert

Me 262 Lorin – projektierter schneller Jäger

  • zusätzlich zu den Jumo-004-Triebwerken zwei leichte Lorin-Triebwerke (die erst ab einer gewissen Geschwindigkeit eingeschaltet werden sollten)

Me 262 HG I – (von Hohe Geschwindigkeit) projektierter schneller Jäger

  • verbesserte Aerodynamik (überarbeitetes Leitwerk und niedrigerer Luftwiderstand)

Me 262 HG II – (von Hohe Geschwindigkeit) projektierter schneller Jäger

  • weiter verbesserte Aerodynamik (neue Tragflächen, stärkere Pfeilung)

Me 262 HG III – (von Hohe Geschwindigkeit) projektierter schneller Jäger

  • weiter verbesserte Aerodynamik (Pfeilung 49 Grad)
  • Triebwerke in einem stromlinienförmigen Übergang zwischen Tragflächen und Rumpf

Versuchsweiser Waffeneinbau

  • Je zwei 30-mm-Kanonen MK 108 und MK 103 sowie zwei 20-mm-MG 151/20 im Bug (A-1a/U1)
  • eine Maschinenkanone BK5, 50 mm. Ein Versuchsexemplar (V083, Werk-Nr. 130083)
  • eine Maschinenkanone MK 214, 50 mm, (Me262 A-1a/U4 „Pulkzerstörer“). Zwei Versuchsexemplare (Werk-Nr. 111899 und 170083). Werk-Nr. 170083 wurde von den US-Amerikanern bei Kriegsende erbeutet und stürzte beim Überführungsflug von Melun nach Cherbourg am 11. Juli 1945 ab.

Regulär eingesetzte Zusatzbewaffnung

  • 24 × R4M-Raketen Kaliber 55 mm oder
  • 73-mm-Föhn-Raketen oder
  • R 100 BS Kaliber 210 mm oder
  • drahtgesteuerte X-4-Raketen

Darüber hinaus gab es gegen Kriegsende unter anderem Planungen für eine Ausrüstung mit sechs Kanonen und dem Gerät „Wabe“ (s. Ba 349 „Natter“) als Zusatzbewaffnung. Es entstand noch eine ganze Reihe unterschiedlicher Entwürfe, die jedoch nicht mehr realisiert wurden:

Me P.1099A Modell
  • Me P.1099A: Version mit deutlich vergrößertem Rumpf[8][9]
  • Me P.1099B: schwer bewaffneter Zerstörer[10]
  • Me P.1100/I: schwerer Jäger mit Triebwerken am Tragflächenansatz[11]
  • Me P.1100/II: Variante der P.1100 mit den Tragflächen der Me 262 HGIII[12]

Technische Daten

Messerschmitt Me 262 A-1a
Kenngröße Daten
Länge    10,60 m
Flügelspannweite    12,65 m
Flügelfläche    21,70 m²
Höhe    3,84 m
Landegeschwindigkeit    175 km/h
Höchstgeschwindigkeit;     870 km/h in 6000 m Höhe
Besatzung    ein Mann
Rollstrecke    1300 m
Flugzeit auf 9000m    13,2 min.
Reichweite    1050 km
Dienstgipfelhöhe    11.450 m
Gesamtflugzeit    50–90 min.
Selbstabdichtender Kraftstofftank einer Me-262A

Die Me 262 A-1a war mit zwei selbstabdichtenden Kraftstofftanks mit je etwa 900 Litern Fassungsvermögen ausgerüstet; dazu kamen ein Hecktank mit 600 Litern und optional ein Tank mit 170 Litern im Cockpit (eventuell 200 Liter). Ein Tank bestand aus drei Schichten. Die innere Schicht bildete ein beschichtetes Gewebe, die mittlere Schicht bestand aus quellfähigem Naturkautschuk, die äußere Schicht war aus quellbeständigem Synthese-Kautschuk (Perbunan) hergestellt. Beim Einschlag von Geschossen ausfließender Kraftstoff brachte in einer chemischen Reaktion die Mittelschicht zum Quellen und verschloss so die Lecks. Ein Tank war vor und zwei Tanks hinter der Pilotenkanzel eingebaut. Die Form der Tanks war an den dreieckigen Rumpfquerschnitt angepasst.

Die Skalen und Zeiger der Instrumente waren mit radioaktiver Leuchtfarbe versehen, um im Nachteinsatz ohne Beleuchtung abgelesen werden zu können. Aus diesem Grund ist im Cockpit der im Deutschen Museum ausgestellten Me 262 (Werknummer 500071) ein gelbes Klebeband mit der schwarzen Aufschrift „RADIOAKTIV“ angebracht.

Tschechische Nachkriegsversion

  • Avia S-92 – Me 262 A-1a
  • Avia CS-92 – Me 262 B-1a

Analog zur A-1a/A-1b gab es auch andere Versionen in „a“ (Jumo)- und „b“ (BMW)-Ausführung

Gegenwart

Erhaltene Flugzeuge:

Me 262 B-1a/U1 in Johannesburg

Einige Me 262 sind erhalten und in Museen ausgestellt, unter anderem im

Neubauten:

Einige Nachbauten wurden 2004/2005 in Everett im US-Bundesstaat Washington fertiggestellt. Eine dieser Maschinen, die mit geringem Umbauaufwand sowohl als einsitzige als auch als zweisitzige Variante geflogen werden kann, gehört der Messerschmitt Stiftung in Manching. Sie flog am 25. April 2006 mit dem Kennzeichen D-IMTT erstmals. Diese Maschine wurde dann auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Berlin-Schönefeld vom 16. bis 21. Mai 2006 zum ersten Mal vor Publikum geflogen.

Aber es gibt technische Unterschiede. Beispielsweise werden die Nachbauten nicht vom originalen Jumo-Triebwerk sondern vom modernerem General Electric J85/CJ-610 angetrieben, welche in Jets wie dem Gates Learjet, der Northrop F-5 Freedom Fighter oder der Cessna A-37 Dragonfly eingesetzt werden. Dieser Antrieb ist gut verfügbar und ist zudem auch wesentlich sicherer zu betreiben.

Literatur

  • Manfred Boehme: Jagdgeschwader 7 – Die Chronik eines Me 262-Geschwaders. 1944/45. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1977.
  • Mano Ziegler: Turbinenjäger Me 262. Die Geschichte des ersten einsatzfähigen Düsenjägers der Welt. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1977.
  • Manfred Griehl: Me 262 – Das Vielzweckflugzeug. Podzun-Pallas Verlag, Friedberg 1984.
  • Heinrich Hecht: Der erste Turbinenjäger der Welt – Messerschmitt Me 262. Podzun-Pallas Verlag, Friedberg 1979.
  • Adolf Galland: Die Ersten und die Letzten. Schneekluth, München 1993, ISBN 3-7951-1299-0.
  • Manfred Jurleit: Strahljäger Me 262 – Die Technikgeschichte. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1995.
  • Manfred Jurleit: Strahljäger Me 262 – Im Einsatz. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1995.
  • Hugh Morgan: Me-262 Sturmvogel/Schwalbe. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1996.
  • Eric Melrose Brown: Berühmte Flugzeuge der Luftwaffe 1939–1945. Motorbuch Verlag 1999, ISBN 3-87943-846-3. (Testbericht u. a. der Me 262)
  • Willy Radinger, Walter Schick: Me 262. Aviatic Verlag, [1], ISBN 3-925505-21-0.
  • Wolfgang Czaia: Projekt 262. Tagebuch eines Testpiloten. NeunundzwanzigSechs Verlag.
  • Lutz Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918–1945. Düsseldorf 1997.
  • J. Richard Smith, Eddie J. Creek: Me 262. Konzepte und Entwicklung. HEEL-Verlag, Königswinter 1999.
  • J. Richard Smith, Eddie J. Creek: Me 262. Erprobung und Einsatz. HEEL-Verlag, Königswinter 2001.
  • Walter Schuck: Abschuss! Von der Me 109 zur Me 262 – Erinnerungen an die Luftkämpfe beim Jagdgeschwader 5 und 7. Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-44-1.

Weblinks

 Commons: Messerschmitt Me 262 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Rudolf A. Haunschmied, Jan-Ruth Mills, Siegi Witzany-Durda: St. Georgen-Gusen-Mauthausen – Concentration Camp Mauthausen Reconsidered. BoD, Norderstedt 2008, ISBN 978-3-8334-7440-8
  2. Vergleiche C. Gödecke, Düsenjäger im Dickicht, Nov. 2010
  3. BA/MA Freiburg, Bestand RL 2III/624 und RL 3, Produktionsplanungen
  4. BA/MA Freiburg, Bestand RL 3, Produktionsprogramme
  5. Jurleit, Technikgeschichte, S. 199 zeigt eine etwas andere Tabelle, die auf Angaben von Messerschmitt-Mitarbeitern bei einer Befragung durch die USAAF im Juni 1945 beruht
  6. BA/MA Freiburg, Bestand RL 2III/624
  7. Eric Brown: Berühmte Flugzeuge der Luftwaffe 1939–45, Motorbuch Verlag, Seite 88, 89 und 99
  8. Me P.1099A auf Luft46.com
  9. Bausatzbeschreibung Me P.1099A, Revell, Bünde
  10. Me P.1099B auf Luft46.com
  11. Me P.1100/I auf Luft46.com
  12. Me P.1100/II auf Luft46.com
  13. Deutsches Museum: Messerschmitt Me 262 A-1a
  14. National Air and Space Museum: Messerschmitt Me 262A
  15. Royal Air Force Museum: Messerschmitt Me 262A-2a
  16. National Museum of the United States Air Force: Messerschmitt Messerschmitt Me 262 A

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