Dusenschön

Dusenschön

Willi Dusenschön (* 1. März 1909 in Hamburg; † unbekannt) war als SS-Führer bei der Bewachung mehrerer Konzentrationslager und später als Bataillonskommandant der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ tätig.

Leben

Dusenschön trat 1928 in die NSDAP (Mitgl.-Nr. 75582) und in die SA ein, wechselte 1931 zur SS und wurde nach einer Zeit der Arbeitslosigkeit hauptamtlicher SS-Führer in Altona, das damals noch nicht zu Hamburg gehörte.[1]

Dusenschön wurde am 4. September 1933 im Alter von 24 Jahren förmlich als Führer der Wachmannschaft des neu errichteten Konzentrationslagers Fuhlsbüttel (Kola-Fu) eingesetzt und wurde zum Schrecken der politischen Häftlinge. Stundenlanges Stehen, Schläge und Fußtritte, Verhöhnungen und Drohungen gehörten dort zum Alltag. Nachts wurden einzelne Opfer in den Zellen mit Peitschen, Koppeln und Stuhlbeinen bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen. Dusenschön beteiligte sich an diesen Übergriffen.

Mehrere Häftlinge verstarben nach schwerer Misshandlung, einige verübten Suizid. Der Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann deckte die Übergriffe und verhinderte Ermittlungsverfahren, indem er rechtswidrig die Einäscherung der Toten anordnete und eine rechtlich vorgeschriebene Obduktion damit umging.

Erst als ein Arzt im Lazarett des Untersuchungsgefängnisses im März 1934 Anzeige erstattete, sah sich die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen genötigt. Kaufmann schlug das Verfahren im Oktober 1934 rechtswidrig nieder und gab seinen innerparteilichen Gegnern damit eine Angriffsfläche. Dusenschön hatte sich schon vorher aus der Schusslinie gezogen und sich Ende Juni 1934 zur SS-Verfügungstruppe versetzen lassen.

Vom Sommer 1935 bis Frühjahr 1941 stand er im Dienst der SS-Totenkopfstandarte und war zunächst im KZ Esterwegen, danach ab 1937 im KZ Sachsenhausen tätig. 1941 wechselte er zur Waffen-SS. Zuletzt war er als Bataillonskommandeur bei der 2. SS-Panzerdivision „Das Reich“ in Frankreich eingesetzt.

Nach Kriegsende

Dusenschön geriet in englische Kriegsgefangenschaft und wurde nach Frankreich ausgeliefert. Ein Militärgericht verurteilte ihn am 27. Oktober 1951 wegen Kriegsverbrechen zu lebenslanger Zwangsarbeit, doch Dusenschön wurde schon im Januar 1956 entlassen.[2]

Im Herbst 1962 stand Dusenschön unter Mordanklage vor dem Hamburger Landgericht. Zur Last gelegt wurde ihm brutale Misshandlungen des damals 39-jährigen jüdischen Sozialdemokraten Fritz Solmitz, der sich als Redakteur des Lübecker Volksboten bei den Nationalsozialisten verhasst gemacht hatte. Solmitz hatte in seiner verzweifelten Lage im Kola-Fu Suizid begangen. Seine genauen Aufzeichnungen, die in einer Taschenuhr verborgen waren, lagen dem Gericht als Beweismittel vor.[3]

Dusenschön kam ohne Strafe davon. Eine Ermordung war nicht nachweisbar. Andere Straftatbestände waren verjährt.[4]

Belege

  1. Alle Daten zu „Leben“ aus: Werner Johe: Neuengamme. Zur Geschichte der Konzentrationslager in Hamburg. Hamburg 1986 (Veröff. der LZ für Politische Bildung), S. 11f.
  2. Henning Timpke: Das KL Fuhlsbüttel. In: Martin Broszat (Hrsg.): Studien zur Geschichte der Konzentrationslager. Stuttgart 1970, S. 19f Anm. 31.
  3. Aufzeichnungen abgedr. bei Johe und bei Timpke.
  4. Verjährt nach [1] / nach anderen Darstellungen wegen „Mangels an Beweisen“ [2] sowie Timpke, S. 19.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Willi Dusenschön — (* 1. März 1909 in Hamburg; † unbekannt) war als SS Führer bei der Bewachung mehrerer Konzentrationslager und später als Bataillonskommandant der 2. SS Panzerdivision „Das Reich“ tätig. Leben Dusenschön trat 1928 in die NSDAP (Mitgl. Nr. 75582)… …   Deutsch Wikipedia

  • KZ Fuhlsbüttel — Der Eingang zum ehemaligen Konzentrationslager Fuhlsbüttel: Altes Torhaus heute Gedenkstätte Das Konzentrationslager Fuhlsbüttel, auch Kola Fu genannt, wurde ab März 1933 innerhalb des Gebäudekomplexes der Strafanstalt Fuhlsbüttel in Hamburg… …   Deutsch Wikipedia

  • Kola-Fu — Das Hamburgische KZ Fuhlsbüttel, auch Kola Fu genannt, bestand förmlich vom 3. September 1933 bis Mitte 1936, als es in „Polizeigefängnis“ umbenannt und von da an unter Verwaltung der Gestapo bis Mitte April 1945 weiter genutzt wurde. Im Winter… …   Deutsch Wikipedia

  • Konzentrationslager Fuhlsbüttel — Das Hamburgische KZ Fuhlsbüttel, auch Kola Fu genannt, bestand förmlich vom 3. September 1933 bis Mitte 1936, als es in „Polizeigefängnis“ umbenannt und von da an unter Verwaltung der Gestapo bis Mitte April 1945 weiter genutzt wurde. Im Winter… …   Deutsch Wikipedia

  • Solmitz — Fritz Solmitz (* 22. Oktober 1893 in Berlin; † 19. September 1933 im KZ Fuhlsbüttel, Hamburg) war ein sozialdemokratischer Politiker, Jurist und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Solmitz im Roman „Die Prüfung“ 3 Ehrungen …   Deutsch Wikipedia

  • Fritz Solmitz — (* 22. Oktober 1893 in Berlin; † 19. September 1933 im KZ Fuhlsbüttel, Hamburg) war ein sozialdemokratischer Politiker, Jurist und Journalist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Solmitz im Roman „Die Prüfung“ 3 …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Du — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • Zwei Ansichten — ist ein Roman von Uwe Johnson aus dem Jahr 1965. Aus dem Gesichtskreis zweier junger Leute, eines westdeutschen Fotografen und einer Ostberliner Krankenschwester, wird über den Mauerbau und seine Folgen erzählt. Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”