- Einigungsmangel
-
Ein Einigungsmangel (Dissens) liegt im Vertragsrecht vor, wenn sich Willenserklärungen nicht decken. Man unterscheidet den offenen Einigungsmangel (§ 154 BGB) und den versteckten Einigungsmangel (§ 155 BGB).
Inhaltsverzeichnis
Offener Einigungsmangel
Von einem offenen Einigungsmangel spricht man, wenn sich die Parteien nicht über alle Vertragspunkte verständigt haben. Dann gilt der Vertrag im Zweifel als nicht geschlossen. Ebenso gilt der Vertrag grundsätzlich als noch nicht zustande gekommen, wenn die Parteien eine Beurkundung vereinbart haben und diese noch nicht stattgefunden hat.
Beispiel
Ein Mann möchte sich bei einem ortsansässigen Händler einen neuen Sportwagen kaufen. Er teilt dem Verkäufer mit, dass man ihm das Auto vor die Haustür liefern soll. Der Händler sagt, dass dies nicht möglich ist. – Es liegt ein offener Einigungsmangel vor. Es kommt kein Vertrag zustande.
Versteckter Einigungsmangel
Beim versteckten Einigungsmangel sind beide Parteien der Ansicht, sie hätten einen bindenden Vertrag geschlossen, also zwei sich deckende Willenserklärungen abgegeben, obwohl sich diese Willenserklärungen tatsächlich nicht decken. In diesem Fall kommt jedoch trotzdem ein Vertrag zustande, sofern man annehmen kann, dass die Parteien den Vertrag auch dann geschlossen hätten, wenn sie keine Einigung über den fraglichen Punkt erzielt hätten. Die entstandene Vertragslücke wird durch Auslegung gefüllt und gegebenenfalls mit Nebenabreden in Vertragstext umgesetzt.
Beispiel
Ein Mann möchte sich bei einem ortsansässigen Händler einen neuen Sportwagen kaufen. Es kommt zu einem Missverständnis: Der Käufer nimmt an, das Auto wird ihm vor die Haustür geliefert; der Händler geht davon aus, dass der Käufer den Wagen selbst abholt. In diesem Glauben schließt man einen Kaufvertrag. Jedoch hätte der Mann den Wagen auch gekauft, wenn er gewusst hätte, dass er ihn selbst abholen muss. Ebenso hätte der Händler den Vertrag geschlossen, wenn der Kunde auf eine Lieferung bestanden hätte. – Es liegt ein versteckter Einigungsmangel vor. Der Vertrag ist trotzdem wirksam. Ob eine Lieferung vor die Haustür vereinbart wurde oder nicht, muss per Auslegung bestimmt werden.
Anwendungsbereich
Es ist herrschende Meinung, dass die § 154, § 155 BGB nicht auf Einigungsmängel über essentialia negotii (z. B. Kaufpreis und Kaufsache) anzuwenden sind, sondern nur auf accidentalia negotii (Nebenabreden). Sinn ist es, dass ein Vertrag nicht wegen eines versteckten Dissenses über unwichtige Nebenpunkte scheitern soll. Ist man sich jedoch über die Kernpunkte uneinig, so soll kein Vertrag zustande kommen.
Abgrenzungen
Zu unterscheiden ist der Einigungsmangel von einer beidseitigen Falschbezeichnung (falsa demonstratio).
Siehe auch
Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!
Wikimedia Foundation.