Kalkulationsirrtum

Kalkulationsirrtum

Der Kalkulationsirrtum ist ein Irrtum über Umstände, aufgrund derer der Erklärende eine Leistung falsch angibt, weil er sich verrechnet, vermessen oder verschätzt hat. Hätte er sich über die Umstände (beispielsweise falsche Berechnungsvoraussetzungen) nicht geirrt, hätte er die damit unzutreffende Erklärung nicht geäußert. Der Erklärende hat sich in dieser Konstellation nicht nur falsch erklärt, weil er sich verschrieben oder versprochen hat. Der Kalkulationsirrtum ist im deutschen Zivilrecht grundsätzlich als Motivirrtum unbeachtlich, da unzutreffende oder ungeprüfte Kalkulationen rechtlich der Sphäre des Erklärenden und auf dessen Risiko zugerechnet werden.

Unterschieden wird zwischen internen und externen (offenen) Kalkulationsirrtümern.

Inhaltsverzeichnis

Interner Kalkulationsirrtum

Beim internen Kalkulationsirrtum (auch verdeckter Kalkulationsirrtum) wird dem Erklärungsempfänger lediglich das Berechnungsergebnis offen gelegt, nicht aber die Berechnungsgrundlagen, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Der interne Kalkulationsirrtum ist mithin ein Fehler im Willensbildungsprozess des Erklärenden. Als reiner Motivirrtum berechtigt er nicht zur Anfechtung.[1][2]

Bsp: A baut einen Computer zusammen. Bei der Komponentenzusammenstellung rechnet er jedoch die Teile falsch zusammen, sodass der Kaufpreis anstatt auf 1000 auf 800 Euro festgelegt wird. Eine Anfechtung ist ausgeschlossen, da nicht etwas anderes erklärt wurde, als erklärt werden sollte. A wollte 800 Euro erklären und hat dies in Form der Preisauszeichnung auch getan.[3]

Externer (offener) Kalkulationsirrtum

Beim offenen Kalkulationsirrtum wird neben dem Berechnungsergebnis auch der Berechnungsweg offen gelegt und erklärt. Die Behandlung des offenen Kalkulationsirrtums war streitig. Das Reichsgericht ging noch davon aus, dass die offengelegten Kalkulationsgrundlagen Bestandteil der Erklärung seien. Stimmten Erklärung und Erklärungsinhalt nicht überein, sei ausnahmsweise ein Anfechtungsgrund gegeben, § 119 Abs. 1, 1. Alt. BGB.[4] Diese Ansicht wird heute einhellig abgelehnt, da das Reichsgericht verkannt habe, dass die Einbeziehung der Kalkulationsgrundlagen in die Erklärung auf der Ebene der Willensbildung liege und damit als Irrtum im Motiv unbeachtlich sei. [5][6]

Auslegungsvorrang

Der Interessenlage der Parteien wird durch den Vorrang der Auslegung Rechnung getragen. Wird dabei der Schwerpunkt auf den Rechenweg gelegt, erlangt der wirkliche Wille des Erklärenden - kraft Auslegung - unmittelbare Wirksamkeit. Das falsch wiedergegebene Berechnungsergebnis stellt eine falsa demonstratio dar. Kommt hingegen dem Ergebnis der Vorrang zu, gilt die abgegebene Erklärung. Kann der Widerspruch nicht aufgelöst werden, ist die Willenserklärung perplex, weshalb sie nicht wirksam wird.

Schadensersatz aus Nebenpflichtverletzung

Im Zusammenhang mit einem Kalkulationsirrtum kann stets auch eine Haftung aus Culpa in contrahendo in Betracht kommen.[7]

Einzelnachweise

  1. RGZ 55, 367 (369 f.)
  2. BGH NJW 1998, 3192 (3193)
  3. Preis/Prütting/Sachs/Weigend, Die Examensklausur, 4.Auflage, S.15
  4. RGZ 64, 266 (268)
  5. Larenz/Wolf, § 36 Rnr. 65
  6. Flume, AT II, § 23 Ziffer 4 e)
  7. Examens-repetitorium allgemeines Schuldrecht von Jens Petersen

Weblinks

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