Einzug der Gladiatoren

Einzug der Gladiatoren

Einzug der Gladiatoren (oder tschechisch Vjezd gladiátorů) ist ein Triumphmarsch des Komponisten Julius Fučík (op. 68) aus dem Jahr 1899. Über den Umweg über die Vereinigten Staaten, wo es üblicherweise schneller gespielt wird, ist er vor allem als Zirkusmarsch bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung und Entwicklung

Julius Fučík schrieb den Marsch am 17. Oktober 1899 in Sarajevo[1], wo er seit 1897 als Militärkapellmeister der österreichisch-ungarischen Armee stationiert war.

Ursprünglich nannte er das Stück Grande Marche Chromatique.[1][2] Der Marsch demonstriert den damals neuesten Stand der Spieltechnik und Bauweise von Blechblasinstrumenten, die in allen Instrumenten und Lagen schnelle und ebenmäßige chromatische Gänge erlaubten. Fučík war aber von der Beschreibung eines Gladiatoren-Auftritts in einem römischen Amphitheater in Henryk Sienkiewiczs Roman Quo Vadis (1895, dt.: 1896) so beeindruckt, dass er den Titel seines Werkes bald änderte.[1][2] Die Formulierung „Einzug der Gladiatoren“ ist 1877 in zwei Beschreibungen Pompejis bekannt und wahrscheinlich älter.[3][4]

Am 10. Januar 1900 erstellt Kapellmeister Anton Fridrich (1849–1924, Khevenhüller-Marsch) in Graz für sich eine Bearbeitung für Streichorchester.[5] Im Juli 1900 ist der bei Hoffmann’s Witwe in Prag erschienene „Concert-Marsch für großes Orchester“ unter dem Titel Einzug der Gladiatoren bei Hofmeister gelistet.[6] Weitere Bearbeitungen folgten. 1903 wird in den Vereinigten Staaten eine von der H.M. Coldstream Guard Band bespielte Tonwalze von Columbia Records mit dem Titel Entry of the Gladiators beworben. Im selben Jahr erschien eine Klavierpartitur mit dem Titel Entry of the Gladiators / Thunder and Blazes (‚Donner und Feuersbrünste‘). Im englischen ist auch die schon seit mindestens dem 18. Jahrhundert[7] bestehende Formulierung Entrance of the Gladiators üblich.

1901[2][8] schrieb der kanadische Komponist Louis-Philippe Laurendeau das Stück um, verwendete ein schnelleres Tempo und einen anderen Schlüssel und veröffentlichte es als Thunder and Blazes.[8][9][10] Laurendeau arbeitete oft für Carl Fischer Music in New York.[11] US-Amerikaner sind es gewohnt den Marsch in einem wesentlich schnelleren Tempo zu hören.[12] Das Stück wurde im nordamerikanischen Zirkus bekannt und zurück nach Europa importiert. Besonders in einer ganz schnellen Fassung ist es die bekannteste Zirkusmusik für Clowns. Es ist auch oft im Repertoire von Mechanischen Musikautomaten zu finden.

Spätestens 1904 veröffentlichte Hermann Ludwig Blankenburg seinen Abschied der Gladiatoren.[13] 1928 wurden beide Stücke vom „Grossen Odeon Orchestra“ auf einer Platte eingespielt (Nr. 85204).[14]

Werkbeschreibung

Bekannt ist vor allem der erste Teil nach einer kurzen, pathetischen Introduktion, in dem die Trompeten das bekannte Motiv spielen. Der zweite Teil wird von chromatischen Figuren im Bass dominiert, die den Kampf der Gladiatoren darstellen. Der dritte Teil ist ein langsames Trio, der den Aufmarsch der Helden und Reiter beschreibt.

Das Stück ist im 2/2-Takt gehalten und hat ein sehr schnelles, geradezu überstürzt wirkendes Tempo. Daher wird es meist parodistisch gebraucht – so etwa als Titelmelodie in dem Film Rosen für den Staatsanwalt –, obwohl es ursprünglich ernst gemeint war.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Werksverzeichnis, Julius Fučík, Musikverlag Rundel
  2. a b c Norman E. Smith: March music notes. Program Note Press, 1986, S. 142; Es wird für den Gesamten Eintrag verwiesen auf Uno Andersson und Compton's Pictured Encyclopedia
  3. Heinrich von Wedell: Pompeji und die Pompejaner: auf Grundlage von M. Monnier's Werk erweitert und nach den neuesten Forschungen berichtigt, Band 9 von Neue illustrierte Jugendbibliothek. F. Hirt, Leipzig 1877, S. 207-208 (online in der Google Buchsuche)
    „Durch diese mächtigen Eingangsthore, die während des Kampfes durch Gitter geschlossen wurden, erfolgte bei Beginn der Spiele unter dem Schmettern der Trompeten und Hörner der feierliche Einzug der Gladiatoren. Zu Fuß und zu Pferde, in glänzendem Waffenschmuck bewegte sich die kriegerische Schaar durch die Arena, die sie zunächst wieder räumte, um dann nach den Bestimmungen der Kampfordnung gruppenweis das Gefechtsfeld zu betreten.“
  4. Reinhold Schoener: Pompeji: Beschreibung der Stadt und Führer durch die Ausgrabungen, W. Spemann, Stuttgart 1877, S. 167 (Online in der Google Buchsuche)
  5. Elisabeth Anzenberger-Ramminger: Anton Fridrich, Leben und Werk. In: Wolfgang Suppan (Hrsg.): Internationale Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik: Kongressbericht Abony/Ungarn 1994. Band 18 von Alta musica. Schneider, 1996, ISBN 3-7952-0847-5, S. 29 (Und am 18. April 1901, ebenfalls in Graz, eine Bearbeitung für Blasorchester)
  6. Hofmeister: Musikalisch-literarischer Monatsbericht. Band: 1900, S. 327.
  7. Christopher Hervey: Letters from Portugal, Spain, Italy and Germany in the years 1759, 1760, and 1761. 2. Band. R. Faulder, London 1785, S. 260 (online in der Google Buchsuche
  8. a b William Emmett Studwell: Lest we forget: a chronological historical survey of some of the most notable songs of the first half of the 20th century. Many musical memories, 2001, S. 2.
  9. William E. Studwell (Hrsg.): Circus Songs: An Annotated Anthology. Routledge, 1999, ISBN 0-7890-0879-3, S. 31 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  10. Paul E. Bierley (Hrsg.); William H. Rehrig, Robert Hoe (Autoren): The heritage encyclopedia of band music: composers and their music. Band 1. Integrity Press, 1991, S. 261.
  11. F. Michael Barnwell, Helmut Kallmann: Laurendeau, Louis-Philippe. In: The Encyclopedia of Music in Canada.
  12. Armin Suppan, Internationale Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der Blasmusik (Hrsg.): Kongressbericht Banská Bystrica 1998. Band 22 von Alta musica. H. Schneider, 2000, ISBN 3-7952-1031-3, S. 141.
  13. Hofmeisters Handbuch der Musikliteratur, Band 13, 1904, S. 78.
  14. The Phonograph monthly review. Band 3, 1928, S. 358.

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