Elektrostatischer Lautsprecher

Elektrostatischer Lautsprecher
ein Elektrostatischer Lautsprecher

Der elektrostatischer Lautsprecher (kurz: ESL) ist eine Lautsprecherbauart, welcher die elektrostatische Anziehungskraft zugrunde liegt.

Inhaltsverzeichnis

Physikalische Grundlagen

Elektrostatische Lautsprecher nutzen nicht die Lorentzkraft (\vec F = I \cdot (\vec l \times \vec B)),

sondern die elektrostatische Anziehungskraft |\vec F| = Q \cdot U/d

Spannungsansteuerung

Bei Spannungsansteuerung gilt: |\vec F| = Q \cdot U/d mit Q = C \cdot U \Longrightarrow  |\vec F| = C \cdot U^2/d.

Wie man sieht, ist die Kraft nicht linear zum Strom, sondern quadratisch zur Spannung. Zum Erreichen einer brauchbaren Wiedergabe ist damit eine Vorspannung notwendig.

Konstantladung

Für Gegentakt-ESL nach dem Konstantladungsprinzip, und das sind nahezu alle heutzutage gebauten ESL, ist die Antriebskraft linear.

Bei einem Konstantladungs-ESL gilt für die Kraft auf die Membran (die die Ladung trägt):

Es bildet sich ein homogenes elektrisches Feld zwischen den Statoren mit der Stärke E = {U_b \over {2d}}

Die Kraft auf die Ladung der Membran beträgt dann F = Q * EF = {Q* U_b\over {2d}}

In dieser Gleichung ist F proportional zu Ub und somit linear, weil Q und 2d konstant sind.

Das gilt unter der Bedingung, dass die Ladung Q klein ist und praktisch keine eigene Feldwirkung aufweist. Für große Kraftwirkung muss Q jedoch groß werden. Das führt zu einer konstanten Auslenkung der Membran aus der Nulllage heraus zu einem Stator hin, wo sich zusammen mit der mechanischen Vorspannung der Membran ein neuer Nullpunkt ergibt. Aber auch unter diesen Bedingungen lässt sich rechnerisch nachweisen, dass die Kraft/Spannungs-Kennlinie linear bleibt.[1]

Aufbau

Eintaktaufbau

Skizze eines Eintaktaufbaus

Eintaktlösungen arbeiten stabil. Hier halten sich eine anziehende Kraft durch eine konstante elektrische Vorspannung und die mechanische Membranspannung im Gleichgewicht. Das aufmodulierte Audiosignal sorgt für entsprechende Kraftwirkung und damit Auslenkung um diesen Gleichgewichtspunkt herum. Dieses System ist aufgrund der quadratischen Kraft/Spannungs-Kennlinie nur für sehr kleine Auslenkungen verzerrungsarm. Eintakt-ESL werden als Hochtonlautsprecher verwendet, sind in neuen Produkten aber praktisch nicht mehr zu finden.

Gegentaktaufbau

Prinzip eines elektrostatischen Lautsprechers, Ansteuerung konventionell

Als Statoren dienen zwei feste, mechanisch stabile Gitterelektroden. Zur elektrischen Isolierung sind die Statoren mit Polyesterharz beschichtet.[2] Die Statoren sind gelocht, um den Schall entweichen zu lassen. Kraft und Feld weisen dabei im Betrieb in dieselbe Richtung.

Die Membran ist dünn, schwingfähig und elektrisch leitfähig (aber hohem Flächenwiderstand). Als Material für Membran wird u.a. Polyester[2] und Polyester[3] verwendet, welche mit einer elektrisch leitfähigen Schicht versehen ist. Die Membran ist mit etwa 2 bis 20 Mikrometer Dicke extrem dünn[4]

Ansteuerung

Grundsätzlich ist für die Ansteuerung immer eine relativ hohe Spannung (1000 V bis 4000 V) notwendig, was spezielle Endstufen erforderlich macht.

Diese hohe Spannung wird entweder durch (hier sehr sinnvolle) Röhrenverstärker erzeugt oder mittels Transformator (z.B. von 20 V auf 1000 V) hochtransformiert.

Konventionell

Bei der konventionellen Ansteuerung wird die Tonfrequenz an die Statoren angelegt.

Die weitaus überwiegend am Markt zu findenden ESL arbeiten nach dem Konstantladungsprinzip. Hier wird das Musiksignal mit unterschiedlicher Polarität auf die Statoren gegeben und die Membranfolie mittels einer Spannungsquelle auf eine konstante Ladung aufgeladen. Die Membranfolie ist üblicherweise durch eine extrem schwach leitfähige Beschichtung hochohmig. Zwischen den Statoren bildet sich ein homogenes Feld aus, dessen Kraft/Spannungs-Verhältnis völlig linear ist. Aus diesem Grund ist das Verzerrungsverhalten dieses ESL-Typs das Beste aller verwendeten Prinzipien.

Inverter-Prinzip

Die Ansteuerung erfolgt folgendermaßen: Die beiden Gitterelektroden werden vorgespannt (z.B. mit +2000 V und −2000 V, meistens durch zusätzliches Netzteil erzeugt). Die Tonfrequenzwechselspannung wird an die Membran angelegt und darf sich zwischen diesen beiden Vorspannungen bewegen.

Die Membran muss weiterhin mechanisch vorgespannt werden, da die Ruhelage labil ist (bei Magnetostaten ist sie indifferent).

Das Inverterprinzip ist patentiert.[5][2]

Die Ansteuerung mit zwei Gleichspannungen unterschiedlicher Polarität auf den Statoren (den Gitterelektroden) ist nur eine und eher selten genutzte Möglichkeit. Es bedarf einer gut leitfähigen Membran, auf die das Musiksignal gegeben wird. Damit handelt es sich um einen Konstantspannungs-ESL, der dem quadratischen Kraft/Spannungs-Verhältnis unterworfen ist und somit nicht über einen linearen Antrieb verfügt. Das System ist nur für kleine Auslenkungen verzerrungsarm.

Kraft auf die Elektrode in der Ruhelage

Spannungsansteuerung

  • Vorspannung: U
  • NF-Spannung: Ub
  • Abstand zwischen einer GE und Membran: d
  • Spannung zwischen GE1 und Membran: U1 = U + Ub
  • Spannung zwischen GE2 und Membran: U2 = UUb
  • Kapazität zwischen einer GE und Membran: C   = \epsilon \cdot A / d
  • Kraft zwischen GE1 und Membran: F_1 = \epsilon \cdot A/d^2 \cdot (U + U_b)^2
  • Kraft zwischen GE2 und Membran: F_2 = \epsilon \cdot A/d^2 \cdot (U - U_b)^2
  • Resultierende Kraft auf die Membran: F   = 4 \cdot U \cdot U_b \cdot \epsilon \cdot A/d^2

Die entstehenden Kräfte sind verglichen mit elektrodynamischen Lautsprechern (in denen bei Vollaussteuerung Werte bis 50 N üblich sind), sehr klein. Werte von U = 2000 V, Ub = 1000 V, d = 4 mm, A = 1,5 m \times 0,4 m = 0,6 m² führen zu gerademal F = 2,6 N. Da aber auch die anzutreibende Masse deutlich geringer ist, ist ein direkter Vergleich nicht sinnvoll.

Vorteile

Ein Elektrostatischer Lautsprecher als Lampenschirm
Elektrostatischer Lautsprecher als Kopfhörer (im Bild ein Stax SRS-Modell mit Verstärker)

Elektrostatische Lautsprecher erlauben viele Designfreiheiten, da sie u.a. keine Boxen als Resonanzkörper benötigen und sehr dünn gefertigt werden können.

Die Membran hat nur eine sehr geringe Masse, was zu gutem Impulsverhalten und Einschwingverhalten führt.

Nachteile

Trotz Gegentaktansteuerung erzeugen größere Schwingamplituden hörbaren Klirr (die beiden Abstände zu den festen Elektroden sind nicht mehr identisch, damit heben sich quadratische Anteile nicht mehr wie in der Rechnung oben heraus). Das Designproblem ist, dass für größere Schwingamplituden notwendige größere Abstände der Elektroden den Kennschalldruck drastisch reduzieren. Im Bassbereich kommt als weiteres Problem hinzu, dass es durch Druckausgleich zwischen Vorder- und Rückseite zum Akustischen Kurzschluss kommt, was die Basswiedergabe weiter verringert und die Schwingungsamplitude weiter erhöht.

Die Schallabstrahlung erfolgt bei Elektrostaten prinzipbedingt relativ stark gerichtet, d. h. bei einer Stereoaufstellung entsteht ein sehr schmaler Bereich des optimalen Hörens (auch „Sweetspot“ genannt).

Durch entsprechende Konstruktionen wird versucht, diesem Phänomen zu begegnen:

  • Krümmung der Oberfläche des Elektrostaten
  • Segmentierung der Abstrahlfläche
  • Verwendung vorgesetzter akustischer Linsen

Eine Basswiedergabe erfordert unverhältnismäßig große Elektrostatenflächen, daher ist dieses Wandlerprinzip für die Basswiedergabe nicht sonderlich geeignet und wird häufig im Bass von zusätzlichen elektrodynamischen Wandlern unterstützt.

Quellen

  1. siehe Baxandall
  2. a b c Technology Review März 2010, Seite 8, "Dünn und Laut"
  3. http://www.sac.de/sac/Files/Download/Tests/sl3_hr_%200297.pdf
  4. http://www.patent-de.com/19980520/DE19641503A1.html
  5. US Patente US 3668335, 7054456 und andere

Literatur

Weblinks


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