Emil Liebitzky

Emil Liebitzky

Emil Liebitzky (* 5. Oktober 1892 in Dux, Böhmen; † 12. April 1961 in Wien) war ein österreichischer General der Artillerie und führend an der Neugründung des Bundesheeres der zweiten Republik beteiligt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach Absolvierung der K.u.k. Technischen Militärakademie in Mödling bei Wien wurde Liebitzky 1913 als Leutnant zum k. u. k. Festungsartillerieregiment Nr. 1 ausgemustert. Den ersten Weltkrieg erlebte er an den Fronten in Serbien, Galizien, Italien und der Ukraine. Zu Kriegsende war er Major in Generalstabsausbildung. 1920 in das erste Bundesheer übernommen, beendete er dort seine höhere Ausbildung und betrieb nebenberuflich an der Universität Wien das Studium der Staatswissenschaften. 1923 erfolgte seine Promotion zum Dr. rer. pol. 1927 wurde er als Major zum Adjutanten des Bundesministers Carl Vaugoin bestellt. Auf diesem Posten wurde „der kleine drahtige Offizier mit dem ernsten Gesicht“ (Jedlicka) eine im ganzen Bundesheer bekannte Persönlichkeit. 1933 wurde er Oberst. Von 1933 bis 1938 war er österreichischer Militärattaché in Rom. In dieser Funktion ging seine Bedeutung weit über eine normale Attachétätigkeit hinaus. Vor allem kam ihm eine wichtige Rolle dabei zu, die Unterstützung Italiens bei der Sicherung der Unabhängigkeit Österreichs zu erlangen. Hierin war er zunächst erfolgreich, doch je mehr sich Mussolini nach seinem Abessinienabenteuer an Hitlerdeutschland annäherte, desto schwieriger wurde seine Mission.

Nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurde er aus Rom abberufen, von der sogenannten „Muff-Kommission“ als für die deutsche Wehrmacht „nicht tragbar“ beurteilt und mit verkürzten Bezügen pensioniert. Im Verlauf des Krieges wurde er mehrfach von der Gestapo verhört. Über den General Luschinsky fand er Kontakt zu der österreichischen Widerstandsbewegung O5.

Nachkriegszeit

Bei Kriegsende stellte er sich sogleich dem neuaufgestellten Heeresamt zur Verfügung, um nach dessen baldiger Auflösung durch die Alliierten in den Dienst des Finanzministeriums zu treten. Als Leiter der sogenannten „Pensionsabteilung A“ spielte der nunmehrige Hofrat Liebitzky eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der Wiederbewaffnung Österreichs. Dort wurde er zum Begründer der „B-Gendarmerie“, die entscheidend für die spätere rasche und reibungslose Aufstellung des Bundesheeres war.

Mit Abschluss des Staatsvertrages 1955 wurde er zum Leiter der Sektion VI des Bundeskanzleramtes, dem „Amt für Landesverteidigung“. Mit ganzer Kraft wendete er sich gegen alle Reste des Nationalsozialismus und setzte sich für den Aufbau eines demokratischen und wahrhaft österreichischen Heeres ein. Freilich musste auch er erkennen, dass ein rascher Heeresaufbau ohne die Mitarbeit der Kriegsgeneration nicht möglich sein würde. Bei der Aufstellung des Bundesministeriums für Landesverteidigung wurde ihm mit dem Oberst Fussenegger ein kriegsgedienter Generaltruppeninspektor zur Seite gestellt. Die Zusammenarbeit der beiden Offiziere verlief keineswegs ganz reibungslos, doch fanden sie schließlich im Dienst am Aufbau eines österreichischen Heeres zu einer sachlichen und produktiven Zusammenarbeit. Am 12. September 1956 wurde Liebitzky zum General der Artillerie befördert. Während sich Oberst Fussenegger als Generaltruppeninspektor und Leiter der Sektion II den Fragen der Organisation, der Ausrüstung und der Ausbildung, sowie der Kommandoführung im Einsatzfall widmete, bearbeitete der General Liebitzky als Leiter der Sektion I das Personal-, das Ergänzungs- und das Sanitätswesen, das Heeresbudget, alle rechtlichen, disziplinären und militärpolitischen Fragen, das Nachrichtenwesen mit Aufklärung und Spionageabwehr und die Attachéangelegenheiten. Dass das Bundesheer von Anfang an einen demokratischen und österreichischen Weg gegangen ist, ohne Abweichungen oder politische Skandale, ist ohne Zweifel auch dem kompromisslosen Nazigegner und Patrioten Liebitzky mit zu verdanken. Mit Jahresende 1957 erfolgte seine Pensionierung. Nach kaum drei Jahren im Ruhestand verstarb dieser „Gründungsvater“ des österreichischen Bundesheeres.

Literatur

  • Peter Broucek: Liebitzky, Emil. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 14, Duncker & Humblot, Berlin 1985, S. 501–503.
  • Ludwig Jedlicka, Ein österreichischer Militärdiplomat in Rom, in: Vom Justizpalast zum Heldenplatz, Wien 1975, S.211 ff.
  • Walter Blasi, General der Artillerie Ing. Dr. Emil Liebitzky – Österreichs „Heusinger“, Bonn 2002 ISBN 978-3763762392
  • Stefan Bader, An höchster Stelle, Die Generale des Bundesheeres der zweiten Republik, Wien 2004 ISBN 3-902455-02-0

Weblinks


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