Entscheidungsmechanismus

Entscheidungsmechanismus

Als Entscheidungsmechanismus werden im Rahmen der Spieltheorie Entscheidungen bezeichnet, die eine bewusste Wahl zwischen Alternativen oder zwischen mehreren unterschiedlichen Varianten darstellen. Dies geschieht anhand bestimmter Präferenzen und der zur Verfügung stehenden Informationen von mehreren rationalen Spielern. Das Ziel der Entscheidungsfindung ist die eigenen antizipierten erwünschten oder unerwünschten Folgen vom Spieler zu erreichen oder zu vermeiden. Oftmals gibt es spezifische Regeln, wie solche Entscheidungen ablaufen und welche Mehrheitsverhältnisse erforderlich sind, um zu einer Entscheidung zu kommen.[1] János von Neumann zeigte, dass jeder Spieler das rationale Entscheidungsverhalten in bestimmten Konfliktsituationen berechnen kann.[2]

Inhaltsverzeichnis

Anwendungsbereiche und Problematik

Entscheidungsfindungen können im Rahmen der Spieltheorie in nahezu allen Bereichen (von Gesellschaft, Politik bis Unternehmen und privaten Familien- oder Freundeskreis) angekommen werden, an denen mehrere Spielmitglieder beteiligt sind, wie zum Beispiel:

  • Es geht im Familien- oder Freundeskreis um die Aufteilung eines Haushaltsbudgets oder auch um die Bestimmung der Freizeitgestaltung.
  • Unternehmerische Gremien entscheiden über Investitionsprojekte, Produktionsprogramme oder Werbestrategien unter begrenzt verfügbar ökonomischen und ökologischen Ressourcen.
  • Politische Gremien über Fragen der Finanzpolitik, der Sozialpolitik oder auch der Bildungspolitik. Bei politischen Wahlen entsprechen Parteien oder Projekten den Alternativen.

Allerdings ist die Entscheidungsfindung im Alltag nicht immer leicht. Vor allem in Rahmen der Unternehmung steht man bei kollektiven Entscheidungen vor dem Problem, die voneinander abweichenden individuellen Wertvorstellungen von unterschiedlichen Stakeholdern zu einer Gruppenwertvorstellung zusammenzufassen.[3]

Denkbare Lösung und Beispiel

Beispiel

Wie oben genannt ist hier eine wichtige Frage, wie eine Gesellschaft bzw. eine Unternehmung zwischen verschiedenen einzigen Interessenalternativen von ihren Gesellschaftern auswählen soll. Will oder kann eine Gruppe nicht kooperativ in einem Entscheidungsprozess zu einer Entscheidung kommen, so muss diese Entscheidung (aus unterschiedlichen Zielen und Präferenzen der Gruppenmitglieder heraus) in einer Abstimmung getroffen werden.[4]

Abstimmungsregel sind Methoden, welche die Präferenzordnung der einzelnen Gruppenmitglieder zu einer Präferenzordnung der gesamten Gruppe aggregieren. Fraglich ist: Kann eine Aggregierung der individuelle Präferenzen zu sozialen Präferenzen als denkbare Lösung sein, so dass das Verfahren bestimmten Maßgaben der internen Konsistenz, der Effizienz, aber auch der Demokratie genügt? Beispiel:

Eine offene Handelsgesellschaft besteht aus acht Gesellschaftern. Für zukünftige Unternehmensentwicklung werden fünf verschiedene Expansionsprojekte zur Auswahl standen. In einem ersten Schritt hat jeder Gesellschafter die Projekte in eine Reihenfolge (bestes Projekt: 1, schlechtes: 5) gebracht. Nun soll der für die ganze Gruppe bestes Projekt mit Hilfe von Abstimmungsregeln ermittelt werden.

Erstes Experiment: Einfache Mehrheitsabstimmung

Eine einfache Mehrheitsabstimmung bedeutet, dass diejenige Alternative vorgezogen wird, wenn sie die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Als Bewertungsregeln wird pro vergebenen ersten Platz einen Punkt gegeben.

Das Ergebnis wird wie folgende Abbildung dargestellt: Einfache Mehrheitsabstimmung D. h. der Projekt 1 soll vor Projekt 3 vor Projekten 2 und 5 vor Projekt 4 vorgeschlagen werden. Aber: Wenn nur Projekt 1 und Projekt 3 zur Abstimmung stünden, würde die Abstimmung von Projekt 1 und 3 mit 4 zu 4 Stimmen unentschieden ausgehen. Paarweise Abstimmung

Zweites Experiment: Absolute Mehrheit

Regel der absoluten Mehrheit: Die absolute Mehrheit ist dann erreicht, wenn ein Expansionsplan mehr als 50% der Stimmen der Stimmberechtigten auf sich vereinigen kann. Das heißt in dem Fall soll die absolute Mehrheit aus 5 oder mehr Stimmen bei 8 Stimmberechtigten bestehen. Dies erreicht aber keines des Expansionsprojektes (Vgl. zweite Abbildung).

Dieses Problem wird in Literatur als Condorcet-Zyklen bezeichnet. Das heißt mehr Entscheider sorgen nicht automatisch für Konstanz und Stabilität, sondern es kann im Falle von bestimmten individuellen Präferenzordnungen über mindestens drei Alternativen kommen. In einem solchen Zyklus wird stets die Alternative, die sich soeben noch mit Mehrheit gegenüber einer anderen durchsetzte, von einer dritten geschlagen.[5]

Drittes Experiment: Borda-Regel

Um das in letztem Kapitel genannte Problem zu umgehen, wird die so genannte Borda-Regel in der Literatur vorgeschlagen. Bei der Borda-Regel wird unter A Alternativen ausgewählt, indem jedes Gruppengesellschafter seiner am meisten präferierten Alternative a Stimmen gibt, der am zweitmeisten präferierten Alternative A-1 Stimmen usw. Somit werden auch die Positionen der Alternativen in den individuellen Präferenzordnungen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen. Die Stimmen werden über die einzelnen Alternativen addiert und die Alternative mit den meisten Stimmen wird ausgewählt. Die Borda-Regel führt zu einer vollständigen Präferenzordnung der Gruppe über alle Alternativen.

Bewertung nach Borda-Regel: Bewertung nach Borda-Regel Unterschiedlich zu vorherigen Experimenten ist das Projekt 3 hier die beste Alternative. Aber die Borda-Regel ist auch nicht unproblematisch. Obgleich die Borda-Regel immer zu einer transitiven Ordnung, die solche Zyklen können nicht auftreten, führen kann, doch kann das Ergebnis der Borda-Regel von „irrelevanten Alternativen“ abhängig sein.[6]

Im Beispiel kann Projekt 4 eine solche irrelevante Alternative sein, weil es keine direkte erste Abstimmung von Gesellschaftern hat. Wenn die Projekt 4 stehe nicht mehr zur Verfügung, dann haben wir wie folgende Abbildung dargestelltes Ergebnis: Abhängigkeit von irrelevanten Alternativen

Ohne das Projekt 4 wird der Bewertungspunkt von 1 bis 4 (vorher von 1-5) berechnet. Wie die Abbildung dargestellt, soll das Projekt 1 (nicht Projekt 3) jetzt vorgeschlagen werden. Demzufolge kann die Borda-Regel in der Praxis leicht manipuliert werden, indem irrelevante Alternativen zusätzlich in die Entscheidung eingebracht werden.[6]

Arrow-Theorem

Das von dem Nobelpreisträger Kenneth Arrow benannte Arrow-Theorem weist nach, dass es dann möglich ist, aus den Präferenzen der Individuen einer Gruppe immer eine eindeutige Präferenz der Gruppe abzuleiten, wenn diese Ableitung gleichzeitig noch einige anscheinend nahe liegende ethische und methodische vier Bedingungen erfüllen soll.[7]

  • Vollständigkeit und Transitivität
  • Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen
  • Pareto-Prinzip
  • Ausschluss eines Diktators

Nach Arrow-Theorem existiert es allerdings kein einziger sozialer Entscheidungsmechanismus, der alle vier Anforderungen erfüllt. Alle kollektiven Entscheidungen, die die Axiome 1 bis 3 erfüllen, verstoßen zwangsläufig gegen die Bedingung der Nicht-Diktatur. Demzufolge zeigt das Resultat, dass es keinen perfekten Entscheidungsmechanismus geben kann, sodass man vielmehr nur in der einen oder anderen Richtung Kompromisse machen muss.

Literatur

  • Avinash K. Dixit: Spieltheorie für Einsteiger: Strategisches Know-how für Gewinner,1997
  • Christian Rieck: Spieltheorie – eine Einführung. Rieck, Eschborn, 2007
  • Hüftle: Gruppenentscheidungen und Spieltheorie, 2006
  • Guillermo Owen: Game Theory. Academic Press, San Diego, 1995
  • János von Neumann: Theory of Games and Economic Behavior, 1944
  • John von Neumann, Oscar Morgenstern: Theory of Games and Economic Behavior. University Press, Princeton NJ 1944, 2004

Weblinks

  • Uni Halle (abgerufen 6. Dezember 2008)
  • bibb.de (PDF; 120 kB; abgerufen 9. Januar 2008)

Einzelnachweise

  1. Hüftle: Gruppenentscheidungen und Spieltheorie. 2006, S. 2.
  2. János von Neumann, Theory of Games and Economic Behavior. 1944, S. 233.
  3. Otto: Entscheidungsfindung in Organisationen. 2005, S. 3.
  4. Hüftle: Gruppenentscheidungen und Spieltheorie. 2005, S. 7.
  5. Kenneth A. Shepsle, Mark Bonchek Analyzing Politics. 1997, S. 49–55.
  6. a b Klaus M. Schmidt: Skript Mikroökonomie. 2006, Kapitel 2005, S. 6
  7. Arrow-Theorem

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