- Es kommt ein Schiff geladen
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Es kommt ein Schiff geladen ist ein adventlicher Choral, der zu den ältesten deutschsprachigen geistlichen Gesängen gehört.
Inhaltsverzeichnis
Text
1. Es kommt ein Schiff, geladen
bis an sein’ höchsten Bord,
trägt Gottes Sohn voll Gnaden,
des Vaters ewigs Wort.
2. Das Schiff geht still im Triebe,
es trägt ein teure Last;
das Segel ist die Liebe,
der Heilig Geist der Mast.
3. Der Anker haft’ auf Erden,
da ist das Schiff am Land.
Gott's Wort tut uns Fleisch werden,
der Sohn ist uns gesandt.4. Zu Bethlehem geboren
im Stall ein Kindelein,
gibt sich für uns verloren;
gelobet muss es sein.
5. Und wer dies Kind mit Freuden
umfangen, küssen will,
muss vorher mit ihm leiden
groß Pein und Marter viel,
6. danach mit ihm auch sterben
und geistlich auferstehn,
Ewigs Leben zu erben,
wie an ihm ist geschehn.Zur Textgestalt
Aufgrund der ältesten erhaltenen Textquelle, einer vor 1450 in dem Straßburger Dominikanerinnenkloster St. Nicolaus in undis entstandenen Handschrift eines Marienliedes, wird der Text dieses Liedes gern dem Mystiker Johannes Tauler zugeschrieben, der in jenem Kloster verkehrte. Dabei wird auf den angeblich für Tauler charakteristischen Gebrauch des Wortes „enphohet“ (‚empfängt‘) verwiesen.[1]
In typisch mittelalterlicher Allegorese wird in Aufnahme biblischer Motive[2] die Schwangere (Jungfrau Maria) mit einem beladenen einlaufenden Schiff verglichen. Aus Taulers Gedankengut geht andererseits hervor, dass das Schiff als Sinnbild des gemuete, der Seele fungiert.[3] In Bewegung gesetzt wird das Schiff durch Segel (= Liebe) und Mast (= Heiliger Geist).
Als Taulers Schriften wegen Verdachts der Ketzerei auf den Index gesetzt wurden, geriet das Lied katholischerseits in Vergessenheit.
Die älteste Überlieferung der Melodie ist im Andernacher Gesangbuch (1608) enthalten. Das Lied ist dort zweisprachig unter dem Titel Vns kompt ein Schiff gefahren sowie dem lateinischen En nauis institoris zu finden.
In Daniel Sudermanns (1550–1631) Straßburger Gesangbuch (1626) wurde das Lied unter dem Titel Es kompt ein Schiff geladen publiziert. Der radikalprotestantische Sudermann nahm es unter der Überschrift Ein uraltes Gesang, so unter deß Herrn Tauleri Schrifften funden, etwas verständlicher gemacht: Im Thon, Es wolt ein Jäger jagen wol in des Himmels Thron in seine Sammlung auf. Durch Hinzufügung der Bethlehem- und Stall-Motivik (v. 4) stellte er einen explizit weihnachtlichen Bezug her.
Ab 1899 (Friedrich Spitta) fand das Lied wieder Eingang in den protestantischen Gebrauch (EG 8; FL 191; MG 245). Im katholischen Bereich erscheint es ergänzt um die Marienstrophe Maria Gottes Mutter / gelobet musst du sein. / Jesus ist unser Bruder, / das liebe Kindelein[4] (GL 114).
Melodie
Die Melodieführung ist durch einen überaus charakteristischen Wechsel zweier Zeilenpaare (dorisch/Dur) gekennzeichnet, der auch rhythmisch (6/4 // 4/4) seine Entsprechung findet.
Literatur
- Hansjakob Becker u.a. (Hrsg.): Geistliches Wunderhorn. Große deutsche Kirchenlieder. 2., durchgesehene Auflage. C. H. Beck, München 2003, ISBN 978-3-406-48094-2, S. 60–68.
Weblinks
- Michael Fischer: Es kommt ein Schiff geladen (2005). In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon des Deutschen Volksliedarchivs
- Quellentexte
- Informationen zum Lied in der Liederdatenbank
- Melodie?/i
Einzelnachweise
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