- Etmal
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Ein Etmal (aus dem Mittelniederdeutschen: Etmal = wiederkehrende Periode) ist die von einem Schiff von Mittag zu Mittag zurückgelegte Wegstrecke. Mittag ist dabei der lokale Sonnenhöchststand (Schiffsmittag).
Der Schiffsmittag muss für die Standortbestimmung nach der astronomischen Navigation festgestellt werden. Damit hat man nur mit der Bestimmung des Sonnenhöchststandes, also ohne Uhr, eine tägliche feste Mittagszeit an Bord. So bot es sich an, die Strecke zwischen zwei aufeinanderfolgen Mittagen als Maß für den Reisefortschritt des Tages festzuhalten.
In dieser Bedeutung hat sich das Etmal bis heute erhalten. So erwarten und erhalten die meisten Reedereien der Handelsschifffahrt täglich die Mittagsposition und das Etmal des vergangenen Tages per Funk oder Telefon. Diese beiden Werte, das Etmal und die Mittagsposition sind immer noch die wichtigsten täglichen Daten eines Schiffes für die Reederei.
Inhaltsverzeichnis
Feinheiten
Bei einer Reise nach Westen kann man mit einer Uhr, insbesondere einem zur Navigation geeigneten Chronometer, erkennen, dass die Sonne ihren Höchststand jeden Tag etwas später erreicht. Zwischen zwei sogenannten Schiffsmittagen vergehen dann etwas mehr als 24 Stunden, bei Fahrt nach Osten entsprechend etwas weniger. Bei Fahrt nach Westen hat man so ein paar Minuten mehr Zeit, das Etmal zu fahren. Der Zeitunterschied hängt ab von der Fahrtrichtung, der Geschwindigkeit und dem Breitengrad. Alle 15 Längenminuten verändert sich die Tagesdauer um eine Zeitminute. Am Äquator muss man für eine Zeitminute also 15 Seemeilen nach Westen oder Osten fahren. Auf 60° nördlicher oder südlicher Breite, also z.B. in Norddänemark oder bei Kap Hoorn, braucht man dazu nur 8 Seemeilen. Bei schnellen Reisen nahe der Polargebiete, selbst mit traditionellen Segelschiffen, kann regelmäßig eine halbe Stunde gewonnen oder verloren werden und sich das Etmal um fünf bis zehn Seemeilen verändern. Bei der Überfahrt von Hamburg nach New York auf einem modernen Containerschiff mit über 20 Knoten verlängert sich die nutzbare Zeit pro Etmal sogar um etwa 50 Minuten. Und auf einer Fahrt von Bergen nach Südgrönland mit 30 Knoten würde man 100 Minuten gewinnen, was das Etmal um 50 Seemeilen erhöht. Beides verliert man auf der gleichschnellen Rückfahrt.
Eine weitere, jedoch geringere, Abweichung entsteht unabhängig von der Reiserichtung dadurch, dass die wahre Länge eines Sonnentages nur viermal im Jahr exakt 24 Stunden ist (Siehe dazu auch Zeitgleichung). Dieser Effekt hängt allein von der Exzentrizität der Erdumlaufbahn um die Sonne und der Neigung der Ekliptik ab und ist auch unabhängig vom geographischen Ort. Dadurch wird der wahre Sonnentag um den 1. Januar herum etwa 30 Sekunden und Ende Juni 12 Sekunden länger, dagegen Anfang April und Mitte September jeweils etwa 20 Sekunden kürzer. Die in dieser kurzen Zeit (nicht) zurückgelegte Strecke ist in der Regel mittels astronomischer Navigation nicht zuverlässig messbar.
In der Praxis zur Ermittlung des Etmals werden diese veränderlichen Meßzeiten aber ausdrücklich, gemäß der Definition, nicht eingearbeitet, so dass sich das Etmal nur zur ungefähren Berechnung der (Tages-) Durchschnittsgeschwindigkeit eignet. In der traditionellen Segelschifffahrt war der Fehler in der Regel kleiner als 1 % und damit in der Größenordnung der Meßungenauigkeit der astronomischen Ortsbestimmung, in der modernen Seefahrt ist er aber leicht 5 %.
Abweichender Sprachgebrauch
Rennyachten
Auf modernen Rennyachten wird die Mittagsposition nicht mehr festgestellt, die Standortbestimmung findet ausschließlich per GPS statt. Damit hat sich die Verwendung von Etmal für die in beliebigen 24 Stunden zurückgelegte Strecke im Sprachgebrauch der Rennyachten etabliert. Im Englischen werden sie korrekter als 24 hour distance bezeichnet. In beliebigen 24 Stunden legt man im Allgemeinen längere Strecken zurück als genau von Mittag bis Mittag.
Fahrtenyachten
Auf Fahrtenyachten mit Übernachtungen im Hafen oder vor Anker hat sich ein abweichender Sprachgebrauch etabliert. Bei Navigation unter Land spielt die Mittagsposition keine Rolle, vielmehr bilden hier die Übernachtungen die Fixpunkte der Reise und entsprechend wird die Wegstrecke eines Tages als Etmal bezeichnet.
Herausragende Etmale
Das Etmal, die Tagesstrecke, wird im Logbuch festgehalten. Herausragende Etmale werden gerne publiziert.
Die schnellsten Schiffe des 19. Jahrhunderts waren die Klipper. So fuhr im Dezember 1854 die 259 Fuß lange "Champion of the Seas" im südlichen Indischen Ozean unter dem Kommando von Kapitän Alexander Newlands ein Etmal von 465 Seemeilen (862 km)[1]. Dies war für die folgenden fast 130 Jahre die größte Tagesleistung, die von einem Segelschiff vollbracht wurde.
Erst die wesentlich kleineren Rennyachten der Neuzeit konnten die Etmale der Klipper übertreffen. Im August 1984 fuhr der 75 Fuß Trimaran "Formule Tag" unter dem kanadischen Skipper Mike Birch ein Etmal von 512,5 Seemeilen (24 hour distance record)[2], wobei die erreichten Etmale der Neuzeit wie oben ausgeführt nicht vergleichbar sind .
Der neue Rekord von 908 Meilen wurde am 1. August 2009 vom französischen 40-Meter-Trimaran „Banque Populaire V“ bei einer Nordatlantiküberquerung von New York nach Europa aufgestellt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der 3 Tage 15 Stunden und 25 Minuten dauernden Ozeanquerung betrug 33 Knoten (61 km/h)[3].
Ein Rekordschritt für Einrumpfschiffe lag bei 602,66 Seemeilen, gehalten von der Volvo Open70 Ericsson 4 erreicht beim Volvo Ocean Race 2008/09 am 29. Oktober 2008. Die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug dabei 25,11 Knoten (= 46,5 Kilometer pro Stunde).
Etmal außerhalb der Seefahrt
Der Gebrauch des Wortes „Etmal“ ist nicht allein auf die Seefahrt beschränkt. In der Bedeutung „Tag und Nacht“ wird es in der Sage „Von König Karl und den Friesen“ der Gebrüder Grimm verwendet:
- Da standen sie ein Etmal (Zeit von Tag und Nacht) in der Runde.[4]
Weblinks
- Internetseite über Etmale
- Segelschiffe: Champion of the Seas
- faz.net: Die schnellsten Trimarane. Jenseits der Vorstellungskraft
Einzelnachweis
- ↑ Boehmer, W. Richard: TREP Analysis of Champion of the Seas One Day Record Run. Nautical Research Journal vol. 24, Washington, 1978. pp 69-71, ill.
- ↑ Die Anerkennung eines 24 hour distance record erfolgt durch das World Sailing Speed Record Council WSSRC. Auch alte Rekorde sind dort gelistet. WSSRC
- ↑ Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. September 2009
- ↑ Das Märchen Von König Karl und den Friesen bei Projekt Gutenberg
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