- Europäische Akademie Bozen
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Die Europäische Akademie Bozen (kurz EURAC; italienisch Accademia Europea di Bolzano) ist eine postuniversitäre Einrichtung für angewandte Forschung und Weiterbildung. Sie wurde 1992 als privatrechtlicher Verein gegründet und hat ihren Sitz in Bozen (Südtirol, Italien). Etwa 130 Mitarbeiter aus zehn Ländern forschen und lehren dort an zehn fachspezifischen Instituten. Diese lassen sich fünf großen Forschungsbereichen zuordnen.
Inhaltsverzeichnis
Forschungsbereiche
- Forschungsbereich Angewandte Sprachwissenschaft
- Institut für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit
- Forschungsbereich Minderheiten und Autonomien
- Institut für Föderalismus- und Regionalismusforschung
- Institut für Minderheitenrecht
- Forschungsbereich Nachhaltige Entwicklung
- Institut für Alpine Umwelt
- Institut für Angewandte Fernerkundung
- Institut für Regionalentwicklung und Standortmanagement
- Institut für Erneuerbare Energie
- Forschungsbereich Management und Unternehmenskultur
- Institut für öffentliches Management
- Forschungsbereich Lebenswissenschaften
- Zentrum für Biomedizin/Institut für Genetische Medizin
- Institut für Mumien und die Mumie von Similaun
- Institut für Alpine Notfallmedizin
Den fünf unterschiedlichen Forschungssäulen liegt ein gemeinsamer Nenner zu Grunde: Forscher und Forscherinnen verschiedenster wissenschaftlicher wie auch geographischer Herkunft arbeiten flexibel und interdisziplinär zusammen, um Grundlagenforschung auf wirksame und nachhaltige Weise zu ermöglichen. So entwickeln Sprachwissenschaftler und Informatiker Online-Lernprogramme für den Spracherwerb, Rechts- und EU-Experten untersuchen und erarbeiten rechtliche Instrumente zum Minderheitenschutz in der EU, Ökologen und Ökonomen entwerfen Zukunftsszenarien für die Entwicklung des alpinen Raums. Mediziner analysieren Genmaterial der Südtiroler Bevölkerung und Historiker erforschen deren Genealogie, um den Ursachen genetisch bedingter Krankheiten auf die Spur zu kommen.
Seit kurzem verstärkt die EURAC auch ihre Technologie-Forschung: Das neu gegründete EURAC-Institut für Erneuerbare Energie fördert den Ausbau regenerativer Energietechnik in Südtirol. Mit der Überwachung und Auswertung von Pilotanlagen oder Systemsimulationen unterstützt das Institut die Industrie bei der Entwicklung innovativer Technologien.
Arbeitsweise
Besonderes Augenmerk legt die Forschungsstätte auf eine moderne, leistungsorientierte Organisationsstruktur und Unternehmenskultur, welche die wissenschaftlichen Prozesse unterstützen und nachvollziehbar machen. Die EURAC sieht sich den Prinzipien der Vielfalt, des Wettbewerbs und der Transparenz verpflichtet: Ihre Arbeiten und Ergebnisse sind jederzeit öffentlich zugänglich und werden über unterschiedliche Medien kommuniziert. Das Internet-Portal des Hauses berichtet täglich über laufende Kongresse, aktuelle Forschungsergebnisse und Neuerscheinungen, das populärwissenschaftliche Forschungsmagazin ACADEMIA wird vierteljährlich frei Haus an rund 6.500 Abonnenten verschickt, die Schriftenreihe der EURAC Arbeitshefte/Quaderni richtet sich in erster Linie an ein Expertenpublikum. Außerdem kommunizieren die EURAC-Institute ihre Arbeitsergebnisse in Pressekonferenzen, Presseaussendungen und öffentlichen Veranstaltungen.
Geschichte
Die EURAC-Forschungsthemen sind aus Südtiroler Bedürfnissen heraus entstanden. Ursprünglich umfasste das Themenspektrum daher die Bereiche:
- Sprache und Recht zur wissenschaftlichen Unterstützung der rechtlich festgelegten Dreisprachigkeit (italienisch-deutsch-ladinisch) des Landes Südtirol
- Minderheiten und Autonomien zur Förderung und Weiterentwicklung der Südtirol-Autonomie
- Alpine Umwelt, um Fragestellungen an der Schnittstelle Mensch-Umwelt im Berggebiet zu vertiefen
Dazu kam noch der Bereich Management und Unternehmenskultur, der den wirtschaftswissenschaftlichen Sektor abdeckte. Das Institut wurde außerdem mit der Machbarkeitsstudie einer Universität für Südtirol betraut, die die Gründung der Freien Universität Bozen (FUB) zur Folge hatte, welche 1997 offiziell ihre Geburtsstunde erlebte.
Seit 2002 forscht die EURAC auch im Bereich der genetischen Medizin. Südtirol, so hat sich gezeigt, bietet ideale Voraussetzungen für das Entschlüsseln krankheitserregender Gene. Das Land stellt eine kulturell-linguistische Insel mit einer genetisch relativ homogenen Bevölkerung, einem hoch entwickelten Gesundheitssystem und einzigartigen Stammbaumarchiven dar. Der multidisziplinäre Ansatz des EURAC-Instituts für Genetische Medizin umfasst die Sektoren Klinische Forschung, Genetische Epidemiologie/Statistik, Molekulare Genetik, Biomedizinische Informatik, Alpine Medizin-Geschichte und Bioethik.
Lokalbezug und internationale Ausrichtung
Die EURAC betreut neben internationaler und überregionaler Auftragsforschung, in die Wissenschaftler aus ganz Europa eingebunden sind, auch zahlreiche Projekte mit Lokalbezug: In der Grenzregion Südtirol überlagern sich der deutsche, italienische und ladinische Kulturraum. Diese Vielfalt stellt die EURAC-Wissenschaftler vor die einmalige Herausforderung, Projekte von lokalem Interesse modellhaft auch für die Gestaltung europäischer Regionen zu entwerfen. So dienen etwa die Studien zur Südtirolautonomie als wichtige Grundlage für die Entwicklung ähnlicher Autonomiemodelle etwa für Zypern, den Kosovo oder Tibet. Die Forschungsergebnisse im Bereich der Alpinen Umwelt fließen kontinuierlich in die Alpenkonvention ein.
Alpenkonvention
Seit 2002 ist an der EURAC die operative Außenstelle des Ständigen Sekretariats der Alpenkonvention angesiedelt. Im selben Jahr wurde an der Bozner Forschungseinrichtung die EURAC-Koordinierungsstelle Alpenkonvention-IMA eingerichtet. In enger Zusammenarbeit mit EURAC-Wissenschaftlern koordiniert diese Stelle die Kooperationen zwischen EURAC, dem italienischen Umweltministerium, der UNEP und anderen Partnern, um die Umsetzung der Alpenkonvention in Italien sowie anderer internationaler Abkommen zum Schutz von Berggebieten aktiv zu fördern.
Finanzierung
Im Jahr 2005 hatte die EURAC einen Forschungsetat von knapp 9 Millionen Euro zur Verfügung. Davon trug 54% das Land Südtirol; 46% waren Drittmittel aus regionalen, überregionalen und internationalen Projektaufträgen, Mitgliedsbeiträgen, Kursen, Fundraising sowie aus der Teilnahme an EU-Forschungsprojekten.
Weiterbildung
Mit dem 2004 gegründeten Weiterbildungszentrum EURAC education stellt die EURAC ihr Know-how einem breiten Publikum zur Verfügung. EURAC education bietet Kompaktkurse und Seminare für Fach- und Führungskräfte zu allen Bereichen des Managements, wie auch Fachseminare und Master zu den EURAC-Forschungsthemen an. In Zusammenarbeit mit EURAC education und anderen Forschungszentren und Universitäten beteiligen sich die EURAC-Institute an internationalen Masterstudiengängen aus ihrem Fachbereich, darunter der Executive MBA Tourism and Leisure Management, der Executive Master in Amministrazione Pubblica (EMAP) und der Master Innovazione e Management nelle Amministrazioni Pubbliche (MIMAP).
Kongresszentrum
Das auch architektonisch ansprechende Gebäude der EURAC – der Umbau eines ehemaligen Paradebaus der faschistischen Italianisierungspolitik in Südtirol wurde 2002 vom österreichischen Architekten Klaus Kada abgeschlossen – ist Sitz des EURAC Convention Centers. Auf einer Gebäudefläche von über 1300 m² verfügt das Kongresszentrum über ein Auditorium, eine Conference Hall, sechs Seminarräume, ein Kongressbüro, zwei Foyers und das EURAC café. In dem eleganten Komplex können Veranstaltungen für bis zu 320 Teilnehmer untergebracht werden.
Literatur
- Stephanie Risse-Lobis: Eurac – ein Haus für die Europäische Akademie Bozen. Architektur – Geschichte – Wissenschaft. Wien/Bozen: Folio Verlag, 2003. ISBN 3-85256-231-7.
Weblinks
Commons: Europäische Akademie Bozen – Album mit Bildern und/oder Videos und AudiodateienKategorien:- Bildung in Bozen
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