Akademischer Verein Motiv Berlin

Akademischer Verein Motiv Berlin

Die Akademische Vereinigung Motiv (AV Motiv) ist ein am 1. Juni 1847 von Studenten der Allgemeinen Bauschule, der heutigen Berliner Bauakademie, gegründeter akademischer Verein. Gründungsvater war Professor Wilhelm Stier.

Renaissance Theater, früheres Vereinshaus

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Zweck und Ziel des AV Motiv ist es, Studenten in fachlicher, geistiger und wirtschaftlicher Hinsicht zu unterstützen und darüber hinaus das studentische Leben, den Gedankenaustausch zwischen Studenten aller Fachbereiche und die Pflege der schönen Künste zu fördern.

Im Jahre 1897 hatte der Verein 1821 Mitglieder, von denen viele an der Technischen Hochschule Charlottenburg studierten. Heute sind es 24 studentische Mitglieder und über 100 Alten Herren/Alten Damen.

Geschichte

Gründung

Am 1. Juni 1848 wurden die ersten Statuten für die spätere Vereinigung Motiv durch die Gruppe der neun Gründungsmitglieder um den Studenten Natus herum beschlossen. Als neu eingeschriebene Studenten der Allgemeinen Bauschule (später Königliche Bauakademie zu Berlin) waren sie beeindruckt von der Person und den Vorlesungen des Professors Wilhelm Stier. Gemeinsam mit Studenten älteren Semesters, die ihre Begeisterung teilten, führten sie anlässlich seines Geburtstags am 8. Mai 1847 mit einem dreifach besetzten Quartett ein Ständchen auf und veranstalteten nach der Darbietung mit ihrem Professor einen Ausflug nach Tegel. Die Studenten beschlossen, sich auch in Zukunft regelmäßig zu Gesangsübungen zu treffen und gründeten am 1. Juli in der Chambre-garnie-Wohnung von Natus einen Verein zur Ausbildung und Pflege des Männergesangs. Am 5. Juli unterzeichneten die inzwischen vierzehn Mitglieder die Statuten und tauften den Verein am 28. August auf den Namen „das Motiv“. In den Wintermonaten des Jahres 1847/48 verschob sich das Vereinsziel durch die Einführung eines dritten Bass, der es auch relativ Gesangsunkundigen ermöglichte an den Veranstaltungen des jungen Vereins teilzunehmen.

Februarrevolution und Schließung der Bauakademie

Durch die Februarrevolution 1848 in Paris wurden die Statuten, welche Gespräche über Politik und Religion stark einschränkten, aufgehoben. Im Zuge der politischen Erregung blieben die folgenden Vereinssitzungen schlecht besucht. Am 13. März 1848 fanden die ersten Auseinandersetzungen zwischen Militär und Zivilisten in Berlin statt. Viele der Mitglieder schlossen sich der allgemeinen Bürgerwehr an und waren Teil des Künstler-Korps unter dem geheimen Oberbaurat Hagen. Im November 1848 wurde der Belagerungszustand durch General Friedrich von Wrangel, der mit seinen Truppen in Berlin einzog, verhängt. Die Bürgerwehr ergab sich dem General nach Absprache. Die Bauschule wurde geschlossen.

Anfängliche Bemühungen um das verschulte Lehrsystem der Bauschule zu verändern, scheiterten seitens der Motivmitglieder, die zum studentischen Sprachrohr der Schule geworden waren und wurden aufgrund der Umstände ausgesetzt. Im privaten Kreise fanden sich einige der Mitglieder zusammen und wurden von Professor Wilhelm Stier in dessen Wohnung weiterhin im Hochbau unterrichtet. Die Situation in Berlin entspannte sich in den nächsten Monaten wieder.

Weiteres Wachstum

Im Jahr 1849 erhielt der Verein einen Zuwachs von 76 Mitgliedern und stärkte damit auch die Interessen der Studenten an der inzwischen umbenannten Bauakademie. Jährliche Feste zu Ehren von Wilhelm Stier, das jährliche Fest der Stiftung, die Herausgabe der ersten Liederbücher für Architekten sowie gemeinsame Gesangs- und Schauspieldarbietungen hatten sich bis 1850 fest in der Vereinskultur etabliert.

Bis 1851 hatte sich die Mitgliederzahl verdoppelt und wies nun 161 Namen im Verzeichnis auf. Auf der Hauptversammlung 1850 wurde beschlossen, den Quartettgesang, der sich oftmals über den Abend bei Veranstaltungen erstreckte, auf ein geringeres Maß zu kürzen. Die geselligen Abende, Trinkfeste und Ausflüge rückten damit ungeachtet der ursprünglichen Statuten weiter in den Vordergrund des Vereinsgeschehens. In den nächsten Jahren wurde die Pflege dieses Vereinsgedankens zur Tradition. Die regelmäßigen Feste, zu denen sich auch eine Weihnachtsfeier hinzugesellte, waren die Aushängeschilder des Vereins. Mangels eigener Räume mussten immer wieder neue Kneipen und Lokale gefunden werden, die eine große Anzahl an Mitglieder bewirten konnte, was den Verein häufig vor Schwierigkeiten stellte.

Der "Sturm und Drang" der Gründerzeit war aber nun vorüber. Eigene Zeitungen des Vereins wurden gedruckt, verschwanden wieder und wurden ein Jahr später neu aufgelegt um danach wieder mangels Interesse zu verschwinden. Dem Gesangsquartett gingen seit 1854 langsam die Sänger und Dirigenten aus, da immer mehr Mitglieder berufs- und studienbedingt verzogen. 1855 kam der frühere Musikmeister Rüppel wieder zurück nach Berlin und sorgte kurzzeitig für eine Renaissance der Idee des gemeinsamen Gesangs, die aber schon 1857 wieder verklungen war. Am 8. Mai 1857 gedachten die Studenten dem im Jahr zuvor verstorbenen Gründungsvater Wilhelm Stier in derselben Weise mit einem Ständchen wie auch schon zu seinen Lebzeiten.

Deutsch-Französischer Krieg

In den 1860er-Jahren erfuhr der Verein weitere Mitgliedszuwächse und eine Stabilisierung der vereinspolitischen Lage. Zwar wurden die Statuten immer wieder geändert, der Zuwachs an Mitgliedern brachte aber auch viele engagierte Organisatoren mit sich. 1865 traten rund die Hälfte der 105 neu eingeschriebenen Studenten der Bauakademie dem Motiv bei. Im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurden etwa 300 Mitglieder des Motivs von der Armee König Wilhelms rekrutiert. Einige davon starben im Feld, andere veranstalteten noch während ihres Einsatzes in Tonnerre eine Zweigversammlung bei der zwischen dem Donner der Geschütze in alter Tradition Quartette gesungen wurden. Der Krieg hatte keine großen Lücken in der Mitgliederzahl hinterlassen. Sechzig der Mitglieder wurden bei ihrer Rückkehr mit dem Eisernen Kreuz geehrt. Zum Begrüßungsfest versammelten sich 1871 über 600 Mitglieder und Gäste. Zum 25-jährigen Stiftungsfest fanden sich ähnlich viele Mitglieder und Gäste und versammelten sich zu unterschiedlichen Veranstaltungen in der Bauakademie, im Konzerthaus und im Zoologischen Garten.

Im Jahr 1897 erreichte der Verein eine Mitgliederzahl von 1570 Mitgliedern (davon knapp 100 aktive Mitglieder, der Rest waren Alte Herren). In den Jahren 1901/02 wurde das erste Vereinshaus in der Hardenbergstraße 6 errichtet. Aus finanziellen Gründen wurde das Haus jedoch 1919 verkauft. Heute befindet sich das Renaissance-Theater in diesem Gebäude. Der Verein residiert heute in der Leibnizstraße 14.

Bekannte Persönlichkeiten

  • Wilhelm Stier (1799-1856), Architekt und Hochschullehrer an der Berliner Bauakademie
  • Konrad Zuse (1910-1995), Bauingenieur, Erfinder und Unternehmer
  • Horst Zuse (1945- ), Hochschullehrer im Bereich der Softwaretechnik

Siehe auch

Literatur

  • Unser Motiv, Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des akademischen Vereins Motiv, Commissionsverlag, Berlin 1897.

Weblink


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