Evaneszenz

Evaneszenz

Evaneszente Wellen (von lat. evanescere: verschwinden, sich verflüchtigen) sind in der Optik und in der Akustik, z. B. in Rohren oder anderen Leitungen, bekannt.

Beschreibung

Evaneszente Felder hinter der Grenzfläche bei Totalreflexion. Gelb eingezeichnet sind die Ausbreitungsrichtungen der Wellen.

Trifft eine Welle auf ein Medium, in dem sie sich nicht ausbreiten kann, so fällt ihre Amplitude hinter der Grenzfläche nicht unstetig auf Null, sondern klingt von der Grenzfläche an exponentiell ab, ihr Wellenvektor \vec k ist also komplex. Eine solche Welle heißt evaneszent. Dieser Effekt lässt sich nur wellenmechanisch erklären.

In der Quantenmechanik führt dies dazu, dass sich Teilchen in einem klassisch verbotenen Bereich aufhalten können, da in ihm die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten (als Wahrscheinlichkeitsinterpretation einer Wellenmechanik) exponentiell absinken, aber noch vorhanden sind. Dies ermöglicht zum Beispiel den Tunneleffekt.

Evaneszente Wellen treten z. B. in oder hinter Flächen auf, an denen Wellen reflektiert werden. Da keine Energie wegtransportiert wird, gilt dies auch bei vollständiger Reflexion und Totalreflexion an einer Grenzfläche zweier Medien.

Nachweis durch verhinderte Totalreflexion

Aufgrund Auskoppelung evaneszenter Felder verhinderte Totalreflexion im Prisma

Bringt man zwei Glasprismen sehr nahe zusammen (siehe Abbildung), kann man Licht messen, wo keines sein dürfte, nämlich hinter dem zweiten Prisma (transmittierter Lichtstrahl). Aufgrund des evaneszenten Feldes hinter dem ersten Prisma kann aber trotzdem Licht transmittiert werden, falls das zweite Prisma in das evaneszente Feld eintaucht. Die Intensität sinkt exponentiell mit dem Abstand der Prismen. Diesen Effekt nennt man verhinderte oder gestörte Totalreflexion (englisch frustrated total reflection), da eigentlich alles Licht nach oben reflektiert werden müsste. Dies ähnelt dem endlich hohen Potentialtopf in der Quantenmechanik, wo die Wellenfunktion im verbotenen Bereich exponentiell abklingt. Daher ist dieser Effekt auch als optischer Tunneleffekt bekannt. Bei speziellen Strahlteilern wird der beschriebene Effekt ausgenutzt, wobei durch den Abstand der Prismen das Verhältnis der Intensitäten zwischen transmittiertem und reflektiertem Strahl sehr genau eingestellt werden kann.

Der Effekt der gestörten Totalreflexion wird bei der ATR-Spektroskopie ausgenutzt, um Verunreinigungen und Fehler von Oberflächen und dünnen Schichten sichtbar zu machen (siehe auch: Evanescent Wave Scattering). Auch die optische Nahfeldmikroskopie und die interne Totalreflexionsfluoreszenzmikroskopie (TIRF) nutzten evaneszente Wellen.

In Lichtwellenleitern befinden sich evaneszente Wellen im niedrigbrechenden Mantel (englisch cladding) der Faser. Der Mantel verhindert einen Strahlungsaustritt aus dem Faserkern, indem er verhindert, dass sich Schmutz oder Wasser dem evaneszenten Feld um den Kern nähern und so die Totalreflexion stören können.

Die aus Lochblech bestehende Tür von Mikrowellenherden muss durch eine zusätzliche Scheibe geschützt werden, da die Mikrowellen im Ofeninneren zwar nicht durch die Tür gelangen können, jedoch unmittelbar hinter den Löchern evaneszente Felder erzeugen, die bei Annäherung z. B. eines Fingers zur Auskoppelung von Mikrowellen führen würden.

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