Exequaturverfahren

Exequaturverfahren

Unter Exequaturverfahren versteht man das Verfahren der Zulassung ausländischer Vollstreckungstitel oder Schiedssprüche zur Zwangsvollstreckung im Inland (Exequatur). Dabei handelt es sich nicht um das Zwangsvollstreckungsverfahren; vielmehr werden in einem gegenständlich beschränkten Erkenntnisverfahren die Voraussetzungen der Anerkennung der Entscheidung und der Verleihung der Vollstreckbarkeit im Inland geprüft. Erst daran schließt sich die Zwangsvollstreckung an. Das Problem stellt sich immer dann, wenn ein Gläubiger im Ausland einen Titel erstritten hat, den er im Inland vollstrecken will. In der Regel ist dies nicht ohne weiteres möglich, vielmehr muss zunächst ein inländisches Gericht feststellen, ob die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit vorliegen. Zu diesen Voraussetzungen kann etwa die Einhaltung unabdingbarer Verfahrensregeln sowie die Entscheidung durch ein zuständiges Gericht zählen. In Deutschland wird zudem die Verbürgung der Gegenseitigkeit gefordert. (Vgl. § 328 ZPO oder Art. 34 EuGVVO).

In Kalifornien, New York und anderen Staaten der USA sind ausländische Urteile in Zivilsachen prinzipiell auch ohne Verbürgung der Gegenseitigkeit anerkennungsfähig, solange allgemeine rechtsstaatliche Voraussetzungen (z.B. Zustellung an den Beklagten, richterliche Unabhängigkeit) erfüllt sind.[1][2]

In Deutschland ist verfahrensmässig für Vollstreckungstitel aus dem Anwendungsbereich der EuGVVO ein Antrag beim Landgericht, zur Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen aus Nicht-EU-Mitgliedstaaten eine gesonderte Vollstreckungsklage nach § 722 ZPO (soweit nicht Staatsverträge Abweichendes festlegen) erforderlich.

Mit zunehmenden grenzüberschreitenden Rechtsbeziehungen haben einzelne Länder bilaterale Abkommen oder multilaterale Übereinkommen geschlossen, nach denen die Vollstreckbarkeit von Urteilen erleichtert wurde. Insbesondere das Erfordernis der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) wurde durch diese Abkommen in der Regel sichergestellt; daneben enthalten viele dieser Abkommen einen Katalog von internationalen Zuständigkeitstatbeständen, so dass auch das (in Deutschland etwa in § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO enthaltene) Erfordernis der indirekten Zuständigkeit weitestgehend unproblematisch wurde. In allen diesen Fällen bedarf es jedoch zumindest in Deutschland nach wie vor eines Exequaturverfahrens; kein einziger dieser Staatsverträge verlieh ausländischen Vollstreckungstiteln eo ipso die Vollstreckbarkeitswirkung im Inland. Dies geschah für Deutschland erstmals durch die Verordnung 805/2004.

Für die Europäische Union gelten die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen), welche das EuGVÜ (Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) seit dem 1. März 2002 im Verhältnis zu allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks ersetzt sowie die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen). Mit der Verordnung über Europäische Vollstreckungstitel (EG) Nr. 805/2004, die am 21. Oktober 2005 in Kraft getreten ist, wurde die EU-weite Vollstreckung unbestrittener Forderungen (u.a. Anerkenntnis- und Versäumnisurteile, Vollstreckungsbescheide und bestimmte Unterhaltstitel) noch einmal vereinfacht und das bisherige Vollstreckbarerklärungsverfahren für solche Titel abgeschafft.

Insb. in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung schweizerischer Urteile ist das Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (sog. Lugano-Übereinkommen; LugÜ; SR 0.275.11) zu beachten.

Quellen

  1. Uniform Foreign-Country Money Judgments Recognition Act
  2. The Recognition and Enforcement of Foreign Awards in New York State

Weblinks

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