Eye Tracking Device

Eye Tracking Device
Eye Tracking Device

Ein Eyetracker, auch Eye Tracking Device (ETD) (englisch für Blickverfolger bzw. Blickverfolgungsgerät) ist ein kopfmontiertes Messgerät, das für Untersuchungen von dreidimensionalen Augen- und Kopfbewegungen unter experimentellen und natürlichen Bedingungen entwickelt wurde. Es ermöglicht umfangreiche Messungen der Augenbewegungen (drei Freiheitsgrade) sowie optional der Kopfbewegungen (sechs Freiheitsgrade).

Inhaltsverzeichnis

Einsatzgebiete

→Hauptartikel: Blickbewegungsregistrierung

Das ETD ist ein wichtiges Instrument zur Untersuchung des sensomotorischen Verhaltens am Menschen, insbesondere des vestibulären und okulomotorischen Systems.

Ein Eyetracker wird überall dort eingesetzt, wo Erkenntnisse über Blickverhalten und Erfassung von Texten und bildlichen Inhalten gewonnen werden sollen, so z.B. in der Werbepsychologie und in der Medienforschung (Wahrnehmungsabfolgen von Plakaten, Zeitungsseiten etc.), aber auch in der klinischen Psychologie und klinischen Linguistik zur Untersuchung von Leseverhalten und Textrezeption (etwa bei Legasthenie oder klinisch relevanten Sprachstörungen). Auch technische Fragestellungen im Bereich der Benutzerfreundlichkeit erfordern oft den Einsatz eines Eyetrackers.

Technische Komponenten

Die technische Ausführung eines Eyetrackers ist je nach Modell etwas unterschiedlich. Dennoch finden sich grundsätzliche Gemeinsamkeiten: jeder Eyetracker besitzt eine Augenkamera, eine Blickfeldkamera und eine Infrarot-Lichtquelle.

Darstellung der Funktionsweise anhand des Modells "EL II"

Das System besteht aus zwei mit entsprechender Software ausgestatteten Computern, einem "Programmrechner" und einem damit verbundenen "Stimulusrechner" inklusive Monitoren sowie aus einem Headset. An diesem befinden sich zwei an seitlichen Halterungen befestigte Kameras zur Aufzeichnung der Augenbewegungen. Eine weitere, oben befindliche Kamera ist auf vier - an einem der beiden Rechner montierten - Infrarotmarker abgestimmt. Damit ist es möglich, jede Art von Fixation auf Bilder oder Handlungen aufzuzeichnen. Das hat u.a. den Zweck, dass auch bei Kopfbewegungen des Probanden keinerlei artefaktische Blickabweichungen berechnet werden. Dieses System bietet außerdem die Möglichkeit, neben den Bewegungen der Pupille auch die Cornealen Reflexionen zu erfassen. Auch Störfaktoren wie der Muskeltremor können so ausgeschlossen werden.

Montage des Headsets

Dem Probanden wird das Kopfband mit den Kameras aufgesetzt. Danach wird die oben befindliche Kamera in Position gebracht. Dafür wird sie möglichst genau auf mittlere Höhe und mittlere Breite des einen der beiden Monitore, nämlich des sogenannten Stimulusmonitors, eingestellt. An diesem Monitor sind auch die referentiellen Infrarotmarker für die Einstellung der Kamera montiert. Für die korrekte Justierung wird einfach entweder der Monitor selbst verschoben oder der Sessel des Probanden in der Höhe verstellt.

Die beiden auf den seitlichen Haltearmen befindlichen Augenkameras werden so geschwenkt, dass sie nicht störend im Blickfeld des Probanden liegen. Sie sollten sich ungefähr auf der Höhe der Nasenspitze befinden und können bereits in die ungefähre Position für die spätere Aufnahme gebracht werden. Die Kameras können mit dem Schwenkarm selbst sowie mittels Klemmen und Feststellschrauben dreidimensional verstellt werden.

Feineinstellung

Mit Hilfe einer mitgelieferten Software kann die Feineinstellung - Ausrichtung der Kamera und Schärfeneinstellung - vorgenommen werden. Letztere funktioniert über die im System integrierte automatische Schwellenwerteinstellung für die corneale Reflexion und die Pupillenerhellung.

Bei der Kalibrierung werden dem Probanden am Stimulusbildschirm in einer Autosequenz zufällige Punkte angeboten, die sich quer über den Bildschirm bewegen. Der Proband erhält die Anweisung, die Punkte mit beiden Augen zu verfolgen. Nach erfolgreicher Kalibrierung folgt die Validierung. Dies läuft wie das Kalibrieren ab, wobei aber die maximale Abweichung der Blickbewegungen in Grad gemessen wird. Dabei muss der Experimentleiter entscheiden, ob die Einstellung verwendbar ist oder ob nachjustiert werden soll. Eine einmal akzeptierte Einstellung lässt sich während des Experiments immer wieder nachjustieren, da zwischen den einzelnen Stimuli jeweils eine neutrale Bildschirmmaske mit Fixationspunkt erscheint. Das System selbst schlägt das besser eingestellte Auge vor.

Systemkonfiguration

Programmrechner und Stimulusrechner sind mittels eines Netzwerkkabels miteinander verbunden. Der Programmrechner steht darüber hinaus mit den Augenkameras und den Infrarotmarkern in Verbindung. Auf dem Stimulusrechner laufen eine Software zur Darbietung der Stimuli und die Programmiersprache Visual C++ für die Programmierung der Experimente. Der Monitor, auf dem die Stimuli präsentiert werden, sollte eine Größe von 17 Zoll aufweisen, da diese gerade für die Durchführung von Leseexperimenten am geeignetsten erscheint. Mit Hilfe eines Joysticks kann der Proband den jeweils nächsten Stimulus anfordern.

Programm- und Stimulusrechner sollten in einer bestimmten räumlichen Position aufgestellt werden, um Spiegelungen und unerwünschte Lichtreize während der Aufnahme zu verhindern. Zudem sollte sich der Programmrechner mit dem Kontrollmonitor außerhalb des Blickfeldes des Probanden befinden, um eine Ablenkung von den dargebotenen Stimuli zu vermeiden.

Das ETD auf der ISS

Eye Tracking Device auf der ISS

Der Eye Tracker wurde ursprünglich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation ISS entwickelt. Anfang 2004 wurde er als Teil des europäisch-russischen Raumfahrtprogramms auf die ISS befördert. Das Gerät wurde von Prof. Dr. Andrew H. Clarke vom Vestibular-Labor der Charité in Berlin in Zusammenarbeit mit den Unternehmen Chronos Vision und Mtronix in Berlin entwickelt und für die Anwendung im Weltraum von der Firma Kayser-Threde integriert.

Bei ersten Experimenten, ausgeführt von Clarkes Team in Kooperation mit dem Moskauer Institut für Biomedizinische Probleme (IBMP), wurde das ETD für die Messung der Listingschen Ebene - einem Koordinatensystem zur Bestimmung der Augenbewegungen relativ zum Kopf - genutzt. Das wissenschaftliche Ziel bestand darin, zu bestimmen, wie die Listingsche Ebene sich unter verschiedenen Gravitationsbedingungen verändert. Insbesondere wurde der Einfluss langfristiger Mikrogravitation an Bord der ISS und nach der anschließenden Rückkehr in die Erdgravitation untersucht.

Die Ergebnisse tragen zum Verständnis der neuralen Plastizität in Vestibular- und Oculomotor-Systemen bei.

Diese Experimente begannen im Frühling 2004 und wurden bis Ende 2008 von einer Reihe von Kosmonauten und Astronauten fortgeführt, die jeweils sechs Monate auf der ISS verbrachten.

Operationen

Kosmonaut mit dem ETD auf einer ISS Expedition

Die Untersuchung der Orientierung der Listingschen Ebene während einer langfristigen Raumfahrtmission ist von speziellem Interesse, weil die Listingsche Ebene auf der Erde scheinbar durch das vestibuläre System beeinflusst wird. Dies lässt sich durch Messung der Kopfposition relativ zur Gravitation feststellen. Das Experiment untersucht die Anpassung des Vestibularsystems des Astronauten während des Aufenthalts in der Schwerelosigkeit und nach der Rückkehr zur Erde. Das Experiment soll darüber hinaus klären, in welchem Maße sich die Orientierung der Listingschen Ebene in Abhängigkeit von der Adaption des vestibulären Systems an veränderte Gravitationsverhältnisse, insbesondere an die Schwerelosigkeit, verändert. Eine weitere Frage ist, ob der menschliche Körper während eines langen Raumfluges die fehlenden Inputs des Vestibularsystems durch andere Mechanismen kompensiert. [1]

Missionen

Das ETD kam für diese Studie zwischen 2004 und 2008 zum Einsatz. Während der sechsmonatigen Experimente wurden die Versuche im Drei-Wochen-Rhythmus wiederholt, wodurch die Adaption der Mikrogravitation evaluiert werden konnte. Ergänzend wurden in den ersten Wochen nach der Rückkehr zur Erde äquivalente Messungen bei jedem Kosmonauten oder Astronauten durchgeführt. Inzwischen ist das ETD-System ein universelles Instrument auf der ISS. Zurzeit wird es von einer Gruppe russischer Wissenschaftler des Instituts für Biomedizinische Probleme verwendet, die die Koordination der Augen- und Kopfbewegungen in der Mikrogravitation untersuchen.

Übersicht der Systemkomponenten. [2]

Technologie

Benutzerinterface des ETD

Die digitalen Kameras sind mit leistungsstarken CMOS-Bildsensoren ausgerüstet und werden via bidirektionalen, digitalen Hochgeschwindigkeitsverbindungen (400Mb/s) mit dem zugehörigen Prozessorboard des Host-PC verbunden. Auf diesem PCI-Prozessor-Bord befindet sich die Front-End-Steuerungsarchitektur, welche aus dem digitalen Signalprozessor (DSP) und programmierbaren integrierten Schaltkreisen (FPGA) besteht. Diese Komponenten sind so programmiert, dass sie die pixelorientierte Onlineakquisition und das Messen der 2D-Pupillenkoordinaten ermöglichen. [3]

Für die Aufgabe der Blickbewegungsregistrierung wird eine substanzielle Datenreduktion von den Sensoren und der Front-End-Steuerungsarchitektur ausgeführt. So werden nur vorselektierte Daten vom Bildsensor zum Host-PCs, auf dem die finalen Algorithmen und die Datenspeicherung ausgeführt werden, übertragen. Diese Entwicklung beseitigt die Flaschenhalsprobleme herkömmlicher Frame-by-Frame-Bildverarbeitung und ermöglicht eine wesentliche Steigerung der Bildwiederholungsraten.

Die Steuerungsarchitektur ist in einem PC integriert und ermöglicht die Visualisierung der Augen und der entsprechenden Signale bzw. Daten. Ein wichtiges Entwicklungsmerkmal ist die digitale Speicherung aller Bildsequenzen der Kameras als digitale Dateien auf austauschbaren Festplatten. Auf diese Weise kann die Festplatte mit den gespeicherten Augendaten, nach Abschluss der ISS-Mission zur Erde zurückgesendet werden. Dies gewährleistet eine umfangreiche und zuverlässige Bilddatenanalyse im Forschungslabor und minimiert die Zeit, die für das Experiment auf der ISS benötigt wird.

ETD auf der Erde

Parallel zu der im Weltraum eingesetzten Ausführung des ETD wurde von Chronos Vision auch eine kommerziell anwendbare Version entwickelt, die in vielen europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Laboren für die neurophysiologische Forschung eingesetzt wird.

Quellen

  1. Vestibulo-oculomotor research and measurement technology for the space station era A.H.Clarke; Elsevier Science 1998, 28:173-184
  2. Using high frame rate CMOS sensors for three-dimensional eye tracking. A.H.Clarke, J.Ditterich, K.Drün, U.Schönfeld and C.Steineke; Behavior Research Methods, Instruments & Computers 2002, 34(4), 549-560
  3. High image rate eye movement measurement A.H.Clarke, C.Steineke and H.Emanuel; http://www.zmms.tu-berlin.de/de/veranstaltungen/eyes_tea/Clarke.pdf

Weblinks


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