Fachlaufbahn

Fachlaufbahn

Die Fachlaufbahn ist ein betrieblicher Karriereweg, der neben der Führungslaufbahn und der Managementlaufbahn existiert. Sie soll in einer Zeit flacher Hierarchien eine Weiterentwicklungsmöglichkeit für Mitarbeiter bieten, die andernfalls auf der Suche nach einer Aufstiegsmöglichkeit das Unternehmen verlassen und wertvolles Fachwissen mitnehmen könnten. Mitunter umfasst die Fachlaufbahn in Diskussionen und real in einigen Unternehmen auch die Managementlaufbahn.

Inhaltsverzeichnis

Fachtitel

Eine festgeschriebene oder historisch überlieferte Begriffsordnung bezüglich der Einstufungen gibt es nicht, sodass ein solcher Titel in einem Unternehmen nur schwer als gewichtiges Bewertungskriterium für die Bewerbung in einem anderen Unternehmen genutzt werden kann. Dennoch haben sich einige Gebräuche herauskristallisiert, die in englische oder deutsche, mitunter auch gemischte, Bezeichnungen münden.

Ein Hinweis auf eine höherwertige Tätigkeit ist der Begriff Senior. Weiters sind höhere Positionen häufig mit längeren, verallgemeinernden Begriffen bezeichnet, niedere mit kürzeren oder einengenderen. Eine weitere Bestimmung ermöglicht die Anlehnung an qualifizierenden Bezeichnungen in der jeweiligen Berufssparte zum Zwecke der Assoziation. So kann in der Wirtschaft ein Analyst (Assoziation „viel Geld”) einem Consultant („Klinkenputzer”) gegenüberstehen.

Ein Vergleich mit den Bezeichnungen im öffentlichen Dienst ist keinesfalls möglich.

Entwicklung

Ansätze zu Fachlaufbahnen zeigen sich schon früh in der Verwaltungs- und Militärgeschichte der Staaten. Als Beispiele können der Sekretär im klassischen Sinn, der Arzt oder der Militärgeistliche dienen, die meist nur einer hochrangigen Führungskraft (Kanzler, Minister oder Lagerkommandant und Kapitän) unterstanden und meist keiner eigenen Hierarchie vorstanden.

Eine weite Verbreitung setzte jedoch erst in den 1970er Jahren ein, als die Lebenserwartung in den westlichen Staaten deutlich zugenommen hatte und folglich Führungsposten länger von ihren Inhabern besetzt wurden. Zudem änderte sich die Bevölkerungsstruktur von einer Pyramide zu einem Zylinder, weshalb ein Wachstumsfaktor entfiel. Gleichzeitig konnte durch Technisierung die Führungsspanne vergrößert werden. Die bisherigen Karrieremöglichkeiten wurden dadurch eingeschränkt, und es musste ein adäquater Ersatz gefunden werden.

Zweck

Die Fachlaufbahn soll in einem Unternehmen mehreren wichtigen Zwecken dienen: Erstens ergänzt sie die Führungslaufbahn um Karrieremöglichkeiten, um die Mitarbeiter zu Leistungen anzuspornen und von einer Abwanderung abzuhalten. Zweitens bündelt sie das Fachwissen konkret in wenigen Personen, die als Ansprechpartner bekannt sind. Zum dritten eignen sich fachlich kompetente Mitarbeiter nicht unbedingt für die Führungslaufbahn, weil sie Schwächen im Umgang mit Menschen oder den Verwaltungsaufgaben haben.

Analog zur Führungslaufbahn nimmt die Verantwortung in der Fachlaufbahn mit jeder Stufe zu, gleichfalls der Umfang der Aufgaben. Häufig ist dabei neben den fachlichen Fähigkeiten Kommunikationsfähigkeit gefragt, was bei möglichen Aspiranten für die Fachlaufbahn für Schwierigkeiten sorgen kann. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass die Fachlaufbahn trotz hervorragender technischer Fachkenntnisse auf niedrigem Niveau beschränkt ist, weil fachfremde Einflüsse die Entwicklung beeinflussen.

Die Beförderung zur nächsten Stufe ist firmenspezifisch geregelt. Im Idealfall bewertet ein Komitee aus Fachkräften der fraglichen oder einer höheren Stufe die Fähigkeiten des Bewerbers. Durch den konkurrenzbedingten Willen zum Qualitätserhalt ist eine tatsächliche fachliche Eignung gewährleistet. Meist jedoch entscheiden Führungskräfte ohne fachliche Kompetenz über die Beförderung, wobei nicht selten politische Vorgaben oder Statusdenken den Beschluss beeinflussen.

Bewertung

Vorteile

Die fachliche Kompetenz verbleibt bei denen, die sie am besten verkörpern. Die Ansprechpartner sind bekannt und haben auch genügend Zeit, fachliche Probleme zu lösen. Somit wird ein guter Experte nicht zum schlechten Vorgesetzten. Gleichzeitig steigt die Arbeitsmotivation des betroffenen Mitarbeiters, weil er sich auf seine Stärken konzentrieren kann und keine ihm unangenehmen Aufgaben übernehmen muss.

Der Mitarbeiter sieht Weiterentwicklungsmöglichkeiten und verbleibt mit seinem Wissen im Unternehmen.

Die eingeschlagene Fachlaufbahn ist keine endgültige Entscheidung. An bestimmten Entwicklungspunkten, die jeweils das Unternehmen bestimmt, können Mitarbeiter in die Führungslaufbahn oder Managementlaufbahn wechseln oder umgekehrt.

Nachteile

Nur wenige Unternehmen folgen dem Idealbild.

  • Die Fachlaufbahn wird als Beruhigungstablette für karrierebewusste Mitarbeiter gesehen. Diese Vorgehensweise ist daran zu erkennen, dass es sich zwar um qualifizierte Mitarbeiter handelt, aber der Titel auch auf andere Positionen mit anderen Aufgaben mitgenommen werden kann, ohne die erforderliche Fachkompetenz vorweisen zu können.
  • Direkt daran gekoppelt sind meist höhere Fachpositionen, die nur selten aus den unteren Stufen besetzt werden, dafür aber zum Abservieren unliebsamer Führungskräfte genutzt werden (Querverschiebung). Daraus folgt:
    • Die höheren Fachränge verlieren an Ansehen, und Fachkräfte drängen unerwünscht in die Führungslaufbahn.
    • Beförderungen in der Fachlaufbahn sind selten.
    • Die höheren Fachkräfte werden nicht als kompetent wahrgenommen und somit nicht als Wissensquelle.
  • Nach einer Kienbaum-Studie von 2006 enden die meisten Fachlaufbahnen gehaltlich auf der adäquaten Stufe eines Gruppenleiters, weil das Salär von der Führungskraft festgesetzt wird und traditionell ein Abstand zwischen Führung und Mitarbeitern gewahrt werden „muss”.
  • Während Führungskräfte für die Geschäftsleitung sichtbar sind und dies auch eingeschränkt über Steuerungsgremien für Projektmanager gilt, haben Fachkräfte meist keinen direkten Kontakt und werden deshalb kaum wahrgenommen. Häufig reicht die Fachlaufbahn schon gar nicht bis ans oberste Gremium, sodass Fachkräfte weder nominell noch tatsächlich eine angemessene Wertschätzung erfahren. Damit ist auch das Bilden hochrangiger Netzwerke als Voraussetzung für die weitere Karriere eingeschränkt.
  • In vielen Unternehmen mit Fachlaufbahnen werden die Führungskräfte mit (Projekt-)Management- und höheren Fachaufgaben betraut, sodass eine strikte Trennung nicht gegeben ist. Folglich muss die Fachkraft in Konkurrenz zu seiner eigenen Führungskraft treten, was regelmäßig zu minderen Aufgaben und erhöhter Frustration führt.
  • Während Führungspositionen kaum und Managementstellen selten mit externen Mitarbeitern besetzt werden, müssen die Fachkräfte häufig in Konkurrenz zu externen Kräften treten. Diese werden in vielen Firmen höher und kompetenter geschätzt als die eigenen Mitarbeiter und im Fall von Selbständigen auch deutlich besser bezahlt.
  • Ein Wechsel des Aufgabenbereichs ist meist schwer, weil die fachliche Kompetenz neu aufgebaut werden muss. Ein solches Hindernis entfällt bei den beiden anderen Laufbahnen oder ist zumindest geringer.

Situation

Die aufgezählten Nachteile führen dazu, dass weder Führungskräfte noch Mitarbeiter die Fachlaufbahn ernst nehmen und letztere meist auch nicht besonders erstrebenswert finden. Das führt zu Frustrationen bei den Fachkräften und endet, je nach persönlicher Situation, in innerlicher Kündigung, Wechsel des Unternehmens oder Aufnahme der Selbständigkeit. Die Mehrkosten und der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit sind für die Firma erheblich. Das wird selten wahrgenommen, weil „nur“ Projekte aufwändiger werden oder Arbeit liegen bleibt.

Erstaunlicherweise beklagen die Unternehmensverbände 2008 den vorhandenen und steigenden Fachkräftemangel, bieten aber andererseits ihren Mitgliedern und den Fachkräften keine Hilfeleistung zur Motivation an. Diese Hilfe könnte in festgelegten und allgemein anerkannten Fachtiteln sowie deutlichen Hinweisen in der Fachkräftebehandlung bestehen.

Auch die einzelnen Firmen können hier gegenlenken. Neben einer tatsächlichen Fachlaufbahn, die bis zur Geschäftsleitung führt, sollte in allen Laufbahnen die Stufenspanne (Verhältnis der Mitarbeiter) zur jeweils nächsten Stufe gleich sein und auch die Zahl der Kontakte der Geschäftsleitung zu allen Laufbahnen gemessen und ausgewertet werden; ein grobes Ungleichgewicht sollte nachdenklich stimmen. Als Weiteres empfiehlt sich, den Verlust von Fachkräften in die Kostenrechnung mit aufzunehmen, um so einen Überblick über die bisher versteckten Verluste zu gewinnen.

Quellen


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