Farbsupraleitung

Farbsupraleitung

Die Farbsupraleitung ist eine theoretisch aus der Quantenchromodynamik (QCD) erwartete Phase eines Gases aus Quarks und Gluonen.

Die Möglichkeit, dass sich in der QCD eine farbsupraleitende Phase bilden könnte, wurde schon in den 1970er Jahren erwogen. Der Begriff Farbsupraleitung (Color Superconductivity) wurde damals von Steven Frautschi vom Caltech und seinem Doktoranden Bertrand Barrois 1977 geprägt.[1]

In den 2000er Jahren wurde mit Hilfe von Methoden der Vielteilchentheorie der Festkörperphysik neue theoretische Erkenntnisse über die Phasen der QCD gewonnen. Neben dem schon länger untersuchten Quark-Gluon-Plasma,[2] das man auch in Streuexperimenten schwerer Ionen erforscht, ergeben sich bei hohen Dichten und nicht zu hohen Temperaturen auch andere Phasen wie die Farbsupraleitung.

Dabei bilden sich Quark-Quark-Paare, die sich über den Austausch von Gluonen gegenseitig anziehen. Dies ist analog zu den Cooper-Paaren von Elektronen im metallischen Supraleiter nach der BCS-Theorie, die sich mittels Phononen gegenseitig anziehen. Analog erhalten die farbgeladenen Gluonen eine Masse, so dass ihre Reichweite begrenzt ist, wie die der Magnetfelder im Festkörper-Supraleiter („Meissner-Effekt“). Die farb-neutralen Gluonen bleiben dagegen in vielen Farbsupraleitungs-Phasen masselos und bilden zudem mit dem elektromagnetischen Photon neue Mischzustände („rotated photon“). Im Gegensatz zum gewöhnlichen Supraleiter gibt es aber, da Quarks in mehr Variationen, nämlich in den Quantenzahlen Flavor und Farbe, auftreten als Elektronen, auch verschiedene Sorten von Supraleitung. Für den Grenzfall unendlich hoher Dichte können in der QCD störungstheoretische Rechnungen angestellt werden, die bei drei Quark-Flavors die Bevorzugung einer „Color-Flavor-locked-Phase“ (CFL) zeigen, in der bei Quark-Paaren bestimmter Flavor-Kombinationen die zugehörigen Farb-Kombinationen der Quarks festgelegt („locked“) sind. Für andere Bereiche des Phasendiagramms sind Vorhersagen schwieriger, da die sonst in der QCD verwendeten Gitterrechnungen bisher für den Bereich hoher Dichten nicht anwendbar sind.

Solche sehr dichten Materiephasen existieren möglicherweise im Inneren von Neutronensternen, den Relikten von Supernovae, in denen man sich die Materie üblicherweise als Fermigas von Neutronen vorstellt. Neben Kernmaterie aus Nukleonen und Mesonen könnte bei Temperaturen von etwa 10 MeV und Dichten von mehr als dem 10-fachen der typischen Dichte von Atomkernen auch eine Farbsupraleitungsphase existieren. Die Auswirkungen wären aber sehr subtil und würden sich, wie die Theoretiker hoffen, in Effekten wie der Abkühlrate des Neutronensterns nach einer Supernova-Explosion oder in seinem Rotationsverhalten zeigen. Theoretisch erwartet man, dass der Farbsupraleitungszustand auch eine Supraflüssigkeit mit verschwindender innerer Reibung ist, was nach allgemeiner Überzeugung zu einem raschen Abklingen der Stern-Rotation führen würde. In der Natur beobachtet man dagegen viele Pulsare mit relativ stabilen Rotationsperioden teilweise im Millisekundenbereich.

In Schwerionen-Stoßexperimenten lassen sich die für die Beobachtung der Farbsupraleitung nötigen Dichten nicht erzielen - wohl aber hohe Temperaturen, wie sie für die Beobachtung des Quark-Gluon-Plasmas nötig sind.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Barrois Nuclear Physics B 129, 1977, 390, Teil seiner Dissertation
  2. Das bei den üblichen Atomkerndichten im Bereich ab etwa 170 MeV erwartet wird. Die Temperatur wird in der Teilchenphysik meist in Elektronenvolt angegeben, 1 MeV entspricht etwa 1010 Kelvin.

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