Quark-Gluon-Plasma

Quark-Gluon-Plasma
Bild der Endprodukte einer 100 GeV Gold-Gold-Kollision am Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC). Es wurde angenommen, dass sich bei der Kollision ein QGP bildet.

Das Quark-Gluon-Plasma (Abkürzung QGP) ist ein Zustand der Materie, in dem das Confinement der Quarks und Gluonen aufgehoben ist. Dieser Zustand ist gekennzeichnet durch ein quasi-freies Verhalten der Quarks und Gluonen bei hohen Temperaturen und/oder Baryondichten.

Inhaltsverzeichnis

Das Quark-Gluon-Plasma in der Natur

Man nimmt an, dass das Universum in den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall diesen Zustand durchlief. Im heutigen Universum existiert das QGP höchstens noch im Zentrum von Neutronensternen, wobei einige Theorien dort eine weitere Phase voraussagen, die sich durch Farbsupraleitung (engl. color superconductivity) auszeichnet.

Herstellung des Quark-Gluon-Plasmas auf der Erde

Der Einsatz von Schwerionenbeschleunigern ermöglicht die Erforschung des Quark-Gluon-Plasmas (QGPs) im Labor. Entsprechende Versuche mit Teilchenbeschleunigern werden beim GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, am Europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf und am Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) auf Long Island, New York (siehe Pressemitteilung unten) durchgeführt. Von besonderem Interesse ist dabei die Untersuchung des Phasenübergangs vom Confinement zum QGP. Am RHIC werden Gold-Atomkerne im Beschleunigerring auf 99,9 % der Lichtgeschwindigkeit gebracht und dann aufeinandergeschossen. Mit Teilchendetektoren werden die dabei entstehenden Produkte untersucht. Die Atomkerne zerfallen aufgrund der riesigen Energien und Temperaturen (mehrere Billionen Kelvin) in Zehntausende von Materieteilchen. Es kann gezeigt werden, dass in den ersten Nanosekundenbruchteilen nach dem Zusammenprall Druckschwankungen im Inneren der kollidierten Teilchen in einer Art und Weise ausgeglichen werden, die auf einen Zustand der Materie ähnlich einer Flüssigkeit schließen lassen: Ein Quark-Gluon-Plasma ist entstanden (zur Form des QGPs siehe unten). Ein weiteres Indiz für das Auftreten eines Plasma-Zustandes analog zu einer Flüssigkeit im thermischen Gleichgewicht ist eine geringere Zahl von Jets, also kegelförmiger Teilchenausbrüche aus den kollidierten Atomkernen. Man erklärt dies damit, dass die Teilchen durch das QGP so stark abgebremst und damit energieärmer werden, sodass weniger Energie für einen Jet übrig bleibt.

Entstehung eines Quark-Gluon-Plasmas

Die hohe Energiedichte beim Durchdringen der beiden Atomkerne lässt die Partonen (d. h. die Quarks und Gluonen) sich quasi-frei bewegen. In dieser Phase wechselwirken die Partonen durch inelastische Stöße miteinander, bis ein Gleichgewichtszustand eintritt. Dieser wird als Quark-Gluon-Plasma bezeichnet. Aufgrund des inneren Drucks expandiert das Plasma und kühlt dabei ab. Wird die kritische Temperatur unterschritten, beginnt die Hadronisierung der Partonen. Ein Gleichgewicht ist erreicht, wenn die Temperatur des Hadrongases so gering ist, dass die Hadronen nicht mehr inelastisch miteinander wechselwirken und die Hadronverteilung sich somit nicht mehr ändert. Ändern sich auch die Impulse der Hadronen nicht mehr durch elastische Stöße, spricht man vom Zustand des thermischen Gleichgewichts.

Hierbei ist zu betonen, dass es sich nach diesen Vorstellungen bei der Zustandsänderung nicht um ein bloß qualitatives "crossover"-Phänomen handelt, sondern um einen echten Phasenübergang (zweiter Ordnung), wie bei der Verflüssigung eines Gasvolumens am kritischen Punkt, oder wie beim Übergang vom ferromagnetischen Tieftemperaturverhalten zum paramagnetischen Hochtemperaturverhalten gewisser Systeme.

Leider ist aber der Zustand des Deconfinements, d. h. der Existenz des QGP, zu kurzlebig, um direkt nachgewiesen werden zu können. Zudem sind die Vorhersagen direkter Signaturen wie der Energiedichte oder der Temperatur stark modellabhängig. Aus diesem Grund müssen indirekte Signaturen verwendet werden. Eine dieser Signaturen ist die Anreicherung von Strange-(s-)Quarks (Berndt Mueller, Johann Rafelski 1982). Die Temperatur, ab der die Auflösung von Nukleonen und Hadronen in Quarks und Gluonen erwartet wird, entspricht etwa der zur Erzeugung eines  s\bar s -Paares benötigten Energie. Durch Fusion von Gluonen (g) im Plasma  g+g\rightarrow s \bar s werden Strangequarks produziert. Ein weiterer Grund für die vermehrte Produktion von s-Quarks ist die Belegung von Energiezuständen durch leichtere Quarks, so dass ab einem bestimmten Punkt die Erzeugung von s\bar s-Paaren bevorzugt wird. Deren anschließende Hadronisierung führt zu einer Anreicherung Strangeness-enthaltender Teilchen (wie z. B. des φ-Mesons) gegenüber hadronischen Reaktionen ohne Ausbildung eines QGPs. Weitere Signaturen sind zum Beispiel die Unterdrückung relativ hochenergetischer Teilchen, die durch den hohen Energieverlust beim Durchqueren des QGPs verursacht wird, oder das Aufbrechen oder Schmelzen schwerer Quarkonia wie des J / Ψ oder des Υ (Helmut Satz, Tetsuo Matsui 1986). Ein QGP-Nachweis erfordert die Messung vieler verschiedener Signaturen und ein theoretisches Modell für das QGP, das diese Signaturen erklären kann. Aufgrund numerischer Simulationen[1] und experimenteller Befunde vermutet man, dass der Übergang zum Quark-Gluon-Plasma etwa bei einer Temperatur von ~ 4 x 1012 Kelvin stattfindet und zur Universalitätsklasse des dreidimensionalen Ising-Modells gehört. Dreidimensional deshalb, weil von den vier Dimensionen der speziellen Relativitätstheorie eine Variable, die Zeit, bei hohen Temperaturen entfällt; Ising-Modell (n=1) deshalb, weil wie in diesem Modell (bis aufs Vorzeichen) nur ein einziger Freiheitsgrad, z. B. der Strangeness- bzw. Anti-Strangeness-Freiheitsgrad, dominiert. Die angegebene Universalitätsklasse besitzen auch gewöhnliche Flüssigkeiten.

Seit 2008 ist ferner eine Diskussion über einen hypothetischen Vorläuferzustand des Quark-Gluon Plasmas im Gange, den sog. Glasma-Zustand, der einem amorphen (Glas-artigen) Kondensat entspricht, ähnlich wie man in der Festkörperphysik bei manchen Metallen oder Metall-Legierungen unterhalb des flüssigen Zustandes sogenannte „metallische Gläser“ (d.h. amorphe Metalle) bekommt. [2]

Formen des Quark-Gluon-Plasmas

Neuere Erkenntnisse (Stand August 2005, Quelle RHIC) legen nahe, dass der Zusammenhalt zwischen den Quarks und Gluonen im Quark-Gluon-Plasma nicht völlig aufgehoben ist, sondern dass es noch starke Wechselwirkungen und Zusammenschlüsse gibt. Das Quark-Gluon-Plasma verhält sich also zumindest bei Energien knapp über der Bildungsenergie eher wie eine Flüssigkeit (aber nicht wie eine Supraflüssigkeit!) als ein Gas. Erst bei noch höheren Energien gewinnen die Elementarteilchen die völlige Freiheit.

Literatur

  • Spektrum der Wissenschaft 09/05: Zeitreise zum Anfang des Alls (S. 14-15) Volltext

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Frithjof Karsch und Helmut Satz, Quantenmaterie und Supercomputer, http://www.uni-bielefeld.de/presse/fomag/s9_15_satz.pdf
  2. Ein Artikel eines BNL-Mitarbeiters über die Glasma-Hypothese wurde 2008 in einer Fachzeitschrift veröffentlich und ist hier online einsehbar: [1].

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