Fibel von Meldorf

Fibel von Meldorf
Umzeichnung der Inschrift der Fibel.

Die Fibel von Meldorf, auch Runenfibel von Meldorf, ist ein archäologischer Fund aus der Nähe von Meldorf in Schleswig-Holstein. Es handelt sich um eine bronzene Rollenkappenfibel (Gewandspange), aus der Eisenzeit zwischen 50 und 100 n. Chr. Die Fibel besitzt auf der Nadelrast vier eingestochene Zeichen, die von einer sicheren Hand mit einem sauberen Tremulierstich ausgeführt wurden. Bei den Zeichen handelt es sich vermutlich um eine Runeninschrift.

Fundgeschichte und Deutung

Im Februar 1979 stieß der Archäologe Michael Gebühr im Magazin des archäologischen Landesmuseums Schloss Gottorf auf die Fibel und deutete die auf ihr angebrachten Zeichen als Schriftzeichen. In der Folge entwickelte sich eine rege Diskussion in der internationalen Fachwelt über die Deutungsmöglichkeiten und Echtheit der Zeichen. Gegen die Deutung als Verzierung spricht das Fehlen vergleichbarer Verzierungen auf den Nadelfüßen anderer Fibeln dieses Typs. Gegen eine Deutung als Runeninschrift spricht vor allem das hohe Alter der Fibel, sowie die fehlende Entsprechung der eingestochenen Zeichen mit bekannten Schriftsystemen vor der allgemeinen Verbreitung der Runenschrift. Weitere Deutungsmöglichkeiten wären eine verkümmerte lateinische Inschrift oder die Imitation lateinischer Schriftzeichen durch einen nicht schriftkundigen Handwerker, eine sogenannte Pseudoschrift. Die Ähnlichkeit der Zeichen mit den später verbreiteten Runen lässt die Deutung als Runeninschrift jedoch am wahrscheinlichsten erscheinen. Da die Runen vermutlich nach dem Vorbild der lateinischen Schrift entwickelt wurden, könnte es sich um eine Übergangsform oder eine Mischung von lateinischen und runischen Zeichen handeln.

Lesung und Deutung der Zeichen sind nach wie vor umstritten; am ehesten handelt es sich um einen Frauennamen im Dativ. Handelt es sich um Runen, so könnte die Gravur rechtsläufig (von links nach rechts) gelesen hiwi heißen und etwa für die Häusliche bedeuten, liest man aber linksläufig (von rechts nach links), könnte es auch eine lateinische Inschrift sein und Idin die germanische Form für Ida heißen.

Falls sich die Zeichen als Runeninschrift entpuppen, so handelte es sich um den ältesten Runenfund überhaupt und zweifellos um eine Frühstufe der Runen, die ab der Mitte des 2. Jahrhunderts zweifelsfrei nachzuweisen sind.

Die Fibel befindet sich in der Dauerausstellung des Archäologischen Landesmuseums Schleswig-Holstein in Schloss Gottorf.

Literatur

  • Klaus Düwel: Die Fibel von Meldorf. 25 Jahre Diskussion und kein Ende - zugleich ein Beitrag zur Interpretationsproblematik und Forschungsgeschichte. In: Stefan Burmeister, Heidrun Derks und Jasper v. Richthofen (Hrsg.): Zweiundvierzig. Festschrift für Michael Gebühr zum 65. Geburtstag. Leidorf, Rahden/Westf. 2007, ISBN 978-3-89646-425-5. S. 167-174
  • Thomas Brock: Runen - die magischen Zeichen. In: Abenteuer Archäologie. 1, 2006. Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg. ISSN 1612-9954. S. 84ff (Volltext als Digitalisat)

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