- Finsternisperioden
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Ein Finsterniszyklus ist eine durch das Finsternislimit begrenzte Reihe von Sonnen- oder Mondfinsternissen. Verschiedene Finsterniszyklen unterscheiden sich primär durch verschiedene Finsternisperioden. Eine Finsternisperiode ist die Dauer einer ganzen Anzahl von Lunationen des Mondes. Mit der Finsternisperiode wächst die Zahl der Einzelfinsternisse in einem Zyklus und dessen Dauer. Da die Knotendistanz-Änderung zwischen den Einzelfinsternissen immer kleiner wird, vergrößert sich deren Ähnlichkeit. Je größer die Finsternisperiode ist, umso mehr Reihen (Einzelzyklen) mit gleicher Periode existieren parallel.
Bekannteste Finsterniszyklen sind der Saroszyklus und der Inexzyklus(*)[2]. Ihre Periodendauer ist 223 Lunationen (18,03 Jahre) beziehungsweise 358 Lunationen (28,95 Jahre). Bei Sonnenfinsternissen ist die Gesamtdauer jedes einzelnen Saroszyklus etwa 1270 Jahre, jedes einzelnen Inexzyklus etwa 23.400 Jahre. Vom Saroszyklus gibt es gleichzeitig etwa 38 Einzelzyklen. Kürzere Finsterniszyklen sind der Semester-(*), Hepton-(*), Octon-, Anonymos-(*) und Tritoszyklus(*).
Da die Zyklus-Bildung bei Sonnen- und Mondfinsternissen prinzipiell gleich ist, werden in den folgenden Abschnitten vorwiegend Zyklen aus Sonnenfinsternissen behandelt. Besonderheiten bei Mondfinsternis-Zyklen folgen am Ende.
Zyklus-Bildung
Im Canon der Sonnenfinsternisse von Oppolzer (siehe Abbildung) ist erkennbar, dass Finsternisse in kurzer Folge stattfinden.[1] Es gibt aber keine gleichförmige Reihe mit unendlich vielen Finsternissen und unendlicher Dauer. Markiert sind Zyklen mit einer Finsternisperiode von 6 Lunationen, die je nach bereits etwa 9 Finsternissen enden. Es handelt sich um den Semester-Zyklus. Meistens eine Lunation vor der letzten, manchmal zusätzlich vor der vorletzten Finsternis finden weitere Finsternisse statt. Diese eröffnen den nächsten Semesterzyklus, der den vorherigen überschneidet.
Im Finsternis-Canon lassen sich aber Finsternisse mit wesentlich größeren Perioden als 6 Lunationen zu größeren Zyklen zusammen fassen. Mit der Zyklusperiode wächst die Zahl der übersprungenen Finsternisse. Auslese-Bedingung ist, dass die Periode außer einer ganzen Zahl von synodischen Monaten (Lunationen) möglichst auch eine ganze Zahl drakonitischer Monate enthält. Da Finsternisse bei Mondnähe zu beiden Knoten stattfinden können, gilt die Bedingung auch für eine ganze Zahl plus einen halben drakonitischen Monat. Bei solchen Zyklen [Markierung (*)] finden die Finsternisse nacheinander wechselweise bei Nähe zu auf- und absteigendem Knoten statt. Geeignete Zahlenpaare aus Lunationen und drakonitischen Monaten sind mit Kettenbruch-Rechnungen zu finden.
Bei zwei sich in einer Auslese folgenden Finsternissen verringert sich die Änderung ihrer Knotendistanz um so mehr, je länger die Periode ist. Die im Zyklus enthaltene Zahl von Finsternissen steigt proportional mit der Periode, die Dauer eines Zyklus wächst aber überproportional und übersteigt bald ein Menschenleben deutlich. Von den größeren Zyklen hat dennoch der Saroszyklus praktische Bedeutung. Heute kann ein Beobachter zwar nur fünf bis sechs Finsternisse dieses Zyklus' erleben. Ein Astronom zur Zeit der Antike konnte eigene wissenschaftliche Beobachtungen immerhin über die Periode von etwa 54 Jahren des Exeligmos (Triple Saros) machen. Wesentlich für die Bedeutung des Saroszyklus ist, dass bei ihm die Ähnlichkeit der aufeinanderfolgenden Finsternisse nicht allein durch die relativ kleine Knotendistanz-Änderung bestimmt wird, sondern dass die Sarosperiode auch fast ein ganzzahliges Vielfaches eines anomalistischen Monats ist.
Ein Auslese-Zyklus kann mit jeder Finsternis beginnen. Deshalb existieren gleichzeitig von einem Zyklus mit bestimmter Periode so viel Finsternis-Reihen zusätzlich, wie Finsternisse im Einzel-Zyklus nicht mitgezählt sind. Beim Saros gibt es etwa 38 gleichzeitige Einzel-Zyklen. Jede Finsternis kann Bestandteil jedes Zyklus mit bestimmter Periode sein.
Einzelne Finsternis-Zyklen
Zwischen Semester und Saros sind die Zyklen Hepton (Periode gleich 41 Lunationen), Octon (47), Anonymos (88) und Tritos (135) anzuordnen.[3] Nach dem Saros folgt der sehr große Inex.[4] Auslese-Zyklen können beliebig groß sein. Es gibt keine theoretische Grenze.[5]
Bereits im Altertum bekannte Zyklen mit großer Periode sind beispielsweise ein Zyklus der Maya (405 Lunationen gleich 3 Tritosperioden gleich etwa 33 Jahre) und einer der Griechen (939 Lunationen gleich knapp 76 Jahre).
Annahmen und Genauigkeit
Die angegebenen Zusammenhänge beruhen auf der Annahme je einer kreisförmigen anstatt einer elliptischen Umlaufbahn der Erde und des Mondes und mittlerer Werte für deren Umlaufzeiten. Damit sind die gefundenen Werte für Periode, Zahl der Finsternisse und Dauer des Zyklus ebenfalls Mittelwerte, die für die detaillierte Berechnung einer Finsternis nicht genügen, für die Abstraktion der Periodizität in Zyklen aber ausreichend sind. Die Hilfsgrößen Knoten-Distanz (ekliptikale Winkeldistanz zwischen Neu- oder Vollmond und Knoten) und Finsternis-Limit (Knotendistanz, bis zu der eine Finsternis entstehen kann) sind ebenfalls Mittelwerte.
Den theoretischen Mittelwerten stehen statistische Mittelwerte gegenüber. Letztere schwanken je nach den in der Statistik ausgewerteten Finsternissen, was bei der Verwendung von aus der Literatur entnommenen Werten zu beachten ist. Da jede neue Finsternis nie einer älteren gleicht, ist das Arbeiten mit Mittelwerten ohnehin nicht frei von einem Rest an Willkür.
Rechnungen
Während einer Lunation (29,53059 Tage) bewegt sich die Erde +29,1067° auf ihrer Bahn (360° in 365,2422 Tagen), die Knotenlinie dreht sich in dieser Zeit -1,5638° in der Ekliptik (360° in 18,613 Jahren):
- (29,53059 d ÷ 365,2422 d) · 360° = 29,1067°,
- (29,53059 d ÷ (18,613 · 365,2422 d))· 360° = 1,5638°.
Knoten-Distanz-Änderung beim Semester-Zyklus
Nach 6 Lunationen ist die Erde auf ihrer Bahn +174,6402° voran gekommen, die Knotenlinie hat sich -9,3828° gedreht. Der Neu- oder Vollmond ist +4,0230° (Knoten-Distanz-Änderung, ekliptikaler Winkel) über den Gegen-Knoten hinaus gekommen:
- +174,6402° - (-9,3828°) - 180° = +4,0230°. [6]
Finsternis-Zahl und Zyklus-Dauer für den Semester (Sonnenfinsternisse)
Mit dem Finsternis-Limit ±16,6° [7] ist die Finsternis-Zahl im Mittel 9,25, die Zyklus-Dauer im Mittel 4,5 Jahre:
- (2·16,6° ÷ 4,023°) + 1 ≈ 9,25 [8]
- 9,25 · 6 · 29,53059 d ≈ 4,5 Jahre.
Totale oder ringförmig-totale Sonnenfinsternisse
Die Finsternisse in der Mitte eines Zyklus' sind total oder ringförmig. Sie sind mehrheitlich entweder total oder ringförmig, wenn die Periode auch annähernd ein ganzes Vielfaches des anomalistischen Monats (im Mittel 27,55455 d) ist. Diese Bedingung ist gut erfüllt beim Hepton und beim Saros:
- Hepton: 41 · 29,53059 d = 1210,7542 d ≈ 43,94 anomalistische Monate,
- Saros: 223 · 29,53059 d = 6585,3216 d ≈ 238,99 anomalistische Monate.
Dieser Eigenschaft verdankt der Saros seine Güte und Bekanntheit, es wiederholen sich sehr ähnliche Sonnenfinsternisse.
Verteilung der Sonnenfinsternisse zwischen den Polen
Die ersten und die letzten Finsternisse eines Zyklus' sind partiell und finden in einem der beiden polaren Gebiete der Erde statt. Dazwischen sind sie zentral (total oder ringförmig) und verlagern sich schrittweise über alle geographischen Breiten, bis sie im entgegengesetzten polaren Gebiet aufhören. Finden die Finsternisse im Wechsel bei auf- und absteigenden Knoten (*) statt, so besteht der Zyklus aus zwei ineinander verschachtelten Finsternis-Reihen, von denen die eine von Süd nach Nord, die andere von Nord nach Süd verläuft.
Bei negativem Wert für die Knotendistanz-Änderung läuft die Finsternisreihe in westlicher Richtung in Bezug auf den Knoten. Auf der Erde ist ihr Verlauf zwischen den polaren Gebieten umgekehrt zu einer Reihe mit positiver Knotendistanz-Änderung.
Zyklus-Daten, zusammengefasst
Zyklus syn.M.e =Jahre drak.Monate anom.M.e Kn.Dist.Änd. So-Finst.e Jahre, total Semester 6 0,485 6,5112(*) +4,023° 9,25 4,5 Hepton 41 3,31 44,4930(*) 43,94 -2,509° 14,2 47,2 Octon 47 3,80 51,0042 +1,514° 22,9 87,1 Anonymos 88 7,11 95,4972(*) -0,9772° 35 248,8 Tritos 135 10,92 146,5015(*) +0,5181° 65,1 710 Saros 223 18,03 241,9987 238,99 -0,4772° 70,6 1.272 Inex 358 28,95 388,5001(*) +0,0411° 809 23.410 Vielfache von Finsternis-Perioden
Die den Maya bekannte Finsternisperiode von etwa 33 Jahren ist das Dreifache der Tritosperiode.
Eine ganzzahlige Verlängerung der Saros-Periode führt zum Exeligmos oder Triple Saros mit einer Perioden-Dauer von ungefähr 54 Jahren (3·18,03 Jahre). Seine Bedeutung liegt darin, dass eine Finsternis fast zur gleichen Tageszeit als die vor 54 Jahren stattfindet, denn 669 Lunationen sind fast eine ganze Zahl in Tagen (669·29,53059 d = 19'755,965 d ≈ 19'756 d). Sie ist damit vom gleichen Ort aus beobachtbar, denn das Maximum der Finsternis befindet sich fast auf demselben Längengrad. Diese Tatsache war mindestens bereits im antiken Griechenland bekannt.
Der für die Bildung von lunisolaren Kalendern bedeutende Meton-Zyklus hat die Periode von 235 Lunationen, das ist die fünffache Periode des Octon (47 Lunationen). Wegen dieses Zufalls wird der Meton-Zyklus auch als Finsternis-Zyklus angesehen. Im Vergleich zum Saros mit ähnlicher Periode ist er aber ein unbedeutend kurzer Zyklus mit nur 4 oder fünf Finsternissen. Bei der Verlängerung der Octon-Periode (22,9 Finsternisse) auf den fünffachen Wert wird nur jede fünfte Finsternis gezählt. Der Meton hat sogar nur ungefähr halb so viel Finsternisse wie der Semester mit der kürzesten Periode.
Die Vervielfachung der Periode verringert in gleichem Maße die Zahl der Finsternisse eines Zyklus'.
Mondfinsternis-Zyklen
Halbschatten-Mondfinsternisse sind mit bloßem Auge kaum feststellbar. Im Canon der Mondfinsternisse von Oppolzer werden sie deshalb nicht aufgeführt (siehe nebenstehende Abbildung). [1] In der Astronomie werden sie immer mitgezählt, weshalb sie in neueren Aufstellungen ebenfalls enthalten sind.[9]
Das Finsternis-Limit unter Einschluss der Halbschatten-Mondfinsternisse hat etwa den gleichen Wert wie das für Sonnenfinsternisse unter Einschluss der partiellen Sonnenfinsternisse: ± 16,7° gegenüber ± 16,6°. Die Zyklen aus Mond- und Sonnenfinsternissen sind etwa gleich lang und enthalten etwa gleich viele Finsternisse.
Das Finsternis-Limit ist kleiner, wenn die Halbschatten-Mondfinsternisse nicht mitgezählt werden: ± 10,6°. Ein Mondfinsternis-Zyklus aus leicht erkennbaren Finsternissen enthält somit nur etwa zwei Drittel so viel Finsternisse. Er ist im gleichen Maße kürzer als einer, bei dem die kaum erkennbaren Finsternisse mit gezählt werden. Beim Semesterzyklus sind es 5 bis 6 anstatt 8 bis 10 Finsternisse (siehe Abbildungen).
Literatur
- George van den Bergh: Periodicity and Variation of Solar and Lunar Eclipses, Tjeenk Willink, Haarlem 1955
- Jean Meeus, Hermann Mucke: Canon of Lunar Eclipses, Astronomisches Büro Wien, 1979
- Theodor Oppolzer: Canon der Finsternisse, Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wisenschaften mathematisch naturwissenschaftlicher Classe, L II.Bd., Wien 1887
- J.B.Zirker: Total Eclipses of the Sun, Princeton University Press, 1995
Weblinks
- Robert Harry van Gent: A Catalogue of Eclipse Cycles. In: Webpages on the History of Astronomy. A Catalogue of Eclipse Cycles. 8. September 2003. Abgerufen am 4. Oktober 2008. (engl., Zusammenstellung zahlreicher Zyklen in den Serien der Finsternisse)
Anmerkungen und Einzelnachweise
- ↑ a b c d Theodor Oppolzer: Canon der Finsternisse, Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wisenschaften mathematisch naturwissenschaftlicher Classe, L II.Bd., Wien 1887
- ↑ Bei den mit (*) markierten Zyklen finden die Finsternisse nacheinander wechselweise bei Nähe zu auf- und absteigendem Knoten statt.
- ↑ Die meisten dieser Namen hat van den Bergh geprägt: Periodicity and variation of solar and lunar eclipses, Tjeenk Willink, Haarlem 1955.
- ↑ Van den Bergh (gestorben 1966) erarbeitete diesen Zyklus, was als sein Hauptwerk (Periodicity and variation of solar and lunar eclipses, Tjeenk Willink, Haarlem 1955) zu betrachten ist. Er wählte auch dessen Namen.
- ↑ Robert Harry van Gent: A Catalogue of Eclipse Cycles
- ↑ -180°, weil Wechsel zum Gegen-Knoten
- ↑ durchschnittlicher Wert, siehe Finsternis-Limite
- ↑ +1, weil Zahl der Intervall-Grenzen = Zahl der Intervalle + 1
- ↑ Jean Meeus, Hermann Mucke: Canon of Lunar Eclipses, Astronomisches Büro Wien, 1979
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