Frank Böttcher

Frank Böttcher

Frank Böttcher (* 1980; † 8. Februar 1997 in Magdeburg) war ein Jugendlicher aus Magdeburg, der in der Nacht vom 7. zum 8. Februar 1997 Opfer eines Überfalls rechtsgerichteter Jugendlicher wurde. Es gab einen Streit darüber, wie die Tat als politisch motiviert anzusehen und polizeistatistisch zu erfassen ist. Im Gedenken an den Tod Böttchers werden in Magdeburg regelmäßig Demonstrationen gegen Rechtsextremismus abgehalten.

Inhaltsverzeichnis

Tathergang

Frank Böttcher, der seit kurzer Zeit der Punk-Szene angehörte, war am Nachmittag des 7. Februars mit einer Straßenbahn zum im Magdeburger Stadtteil Neu Olvenstedt gelegenen Krankenhaus gefahren, um sich dort eine Handverletzung behandeln zu lassen. Den Krankenschwestern berichtete er von einer Gruppe rechtsextremer Skinheads, die ihn auf dem Weg angepöbelt hatten. Auf dem Rückweg traf er am späten Abend des 7. Februar an der Endhaltestelle der Straßenbahn erneut auf einen oder mehrere Jugendliche, die ihn aufgrund seines Aussehens als Punker angriffen. Der oder die Täter rissen ihn zu Boden und traten auf ihn ein. Kurze Zeit später wurden Böttcher mit sieben Messerstichen und Tritten gegen den Kopf tödliche Verletzungen zugefügt.

Ermittlung und Verurteilung

Die Polizei suchte zunächst in verschiedene Richtungen und hielt auch ein Raubdelikt oder einen Streit unter Linken für möglich. Nach Hinweisen aus Skinheadkreisen wurde nach elf Tagen für die Messerstiche der mit Böttcher gleichaltrige Marcus J. als Täter ermittelt. Er gab vor der Jugendkammer des Landgerichts Magdeburg an, sich von der „äußeren Erscheinung“ des Punks „provoziert gefühlt“ zu haben. Marcus J., der während der Tat stark alkoholisiert war, wurde wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt. Weitere Mittäter wurden durch Polizei und Staatsanwaltschaft nicht ermittelt. Die Darstellung, dass es einen einzelnen Täter gegeben habe, ist mehrfach bezweifelt worden.

Die Tat wurde in der Statistik des Sachsen-Anhaltischen Kriminalpolizei nicht als „rechtsextremes Tötungsdelikt“ klassifiziert. Der Innenminister Manfred Püchel begründete dies mit bundeseinheitlichen Richtlinien. Die vom Täter angegebenen Motivation, sich von Frank Böttchers Aussehen provoziert gefühlt zu haben, falle nicht unter dieser Richtlinie, außerdem habe der Täter keiner rechtsextremen Organisation angehört. Ein Antrag der PDS, die Tat in die Statistik aufzunehmen, wurde am 4. September 1997 vom Landtag mehrheitlich abgelehnt.[1]

Weitere Straftaten und Gedenken nach der Tat

Nach der Tat wurde am 3. Januar 1998 auch die Wohnung von Franks älterem Bruder Peter Böttcher von Skinheads überfallen. Dabei wurde Peters Bekannter Gordon G. schwer verletzt.

Diese Ereignisse waren Teil einer Serie von rechtsextrem motivierten Gewalttaten in Magdeburg. Bereits im Jahre 1992 war der 23-jährige Thorsten Lamprecht ermordet worden.

Im Jahre 1998 hatte die Magdeburger Antifa einen Gedenkstein für Frank Böttcher aufgestellt. Dieser wurde mehrmals von rechten Jugendlichen geschändet und zuletzt entwendet. Im Juli des Jahres 2005 wurde ein neuer Gedenkstein vom Magdeburger „Bündnis gegen rechts“ aufgestellt. Anfang Juni 2007 wurde jedoch auch diese Gedenktafel aus Stein mit Werkzeug und grober Gewalt aus der Verankerung gehebelt und entwendet.

Linke Gruppen aus Magdeburg nehmen den Tod Böttchers regelmäßig zum Anlass, um zu einer „Frank-Böttcher-Gedenkdemonstration“ gegen Rechtsextremismus aufzurufen. Bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus zum ersten Todestag von Frank Böttcher am 9. Februar 1998 nahmen 2000 Menschen teil. Dabei kam es in der Magdeburger Innenstadt zu Krawallen, als Autonome und Punks die Scheiben zweier Bankfilialen zerstörten, eine Tankstelle plünderten und Autos beschädigten. Sie warfen zudem Steine auf Kameraleute und Pressefotografen.[2] An der Demonstration am 10. Februar 2001 nahmen knapp tausend Menschen teil, von denen nach Angaben der Polizei knapp vierhundert von außerhalb angereist waren.[3]

Am 28. Januar 2002 wurde ein Brandanschlag auf die Magdeburger Gaststätte Zum Reinheitsgebot verübt, die als Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene bekannt war. In der örtlichen Szenezeitschrift Sündenbock erschien ein Bekenntnis für den Anschlag, dass mit „Antifaschistische Zelle Frank Böttcher“ unterzeichnet war.[4]

Einzelnachweise

  1. Protokoll der Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt vom 4. September 1997.
  2. WELT ONLINE: Krawalle bei Gedenkmarsch
  3. RP-ONLINE: Magdeburg:Demo gegen Rechts.
  4. Verfassungsschutzbericht 2002 [1]

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Böttcher — bezeichnet: einen handwerklichen Beruf, siehe Küfer Böttcher oder Boettcher ist der Familienname folgender Personen: Albrecht Böttcher (* 1954), deutscher Mathematiker Anna Böttcher (* 1966), deutsche Schauspielerin Annabelle Boettcher (* 1961),… …   Deutsch Wikipedia

  • Frank Geißler — (* 20. September 1940 in Leipzig) ist ein deutscher Badmintonspieler. Karriere Frank Geißler gewann 1968 seine ersten Medaillen bei DDR Meisterschaften, als er sowohl im Herrendoppel als auch mit dem Team Bronze gewann. 1969 und 1970 folgten zwei …   Deutsch Wikipedia

  • Frank Froehlich — Frank Fröhlich (* 29. März 1964 in Frankfurt (Oder)) ist ein deutscher Akustik Gitarrist und Komponist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Preise und Auszeichnungen 3 Diskografie (Auswahl) 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

  • Frank Fröhlich — (* 29. März 1964 in Frankfurt (Oder)) ist ein deutscher Akustik Gitarrist und Komponist. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Preise und Auszeichnungen 3 Diskografie (Auswahl) …   Deutsch Wikipedia

  • Frank Elbe — (rechts) verleiht das Bundesverdienstkreuz an den Komponisten Martin Böttcher Frank Elbe (* 9. Mai 1941 in Iserlohn) ist ein deutscher Jurist und ehemaliger Diplomat. Elbe wuchs in der Iserlohner Altstadt auf. Nach Abschluss der …   Deutsch Wikipedia

  • Orchester Martin Böttcher — Martin Böttcher (2002) Martin Hermann Böttcher (* 17. Juni 1927 in Berlin, Pseudonyme Michael Thomas, Renardo) ist ein deutscher Filmkomponist, Dirigent und Arrangeur. Inhaltsverzeichnis 1 …   Deutsch Wikipedia

  • Wolfgang Böttcher — (* 27. Juli 1953) ist ein ehemaliger deutscher Badmintonspieler. Seine sportliche Laufbahn begann er bei der BSG Lokomotive Staßfurt. Mit seinem langjährigen Partner Armin Balke gewann er im Herrendoppel im Nachwuchsbereich drei Bronzemedaillen… …   Deutsch Wikipedia

  • Martin Böttcher — (2002) Martin Hermann Böttcher (* 17. Juni 1927 in Berlin, Pseudonyme Michael Thomas, Renardo) ist ein deutscher Filmkomponist, Dirigent und Arrangeur. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Roman Böttcher — Verband Deutschland  Deutschland Geburtstag …   Deutsch Wikipedia

  • Boettcher — Böttcher bezeichnet: einen handwerklichen Beruf, siehe Küfer Böttcher oder Boettcher ist der Familienname folgender Personen: Albrecht Böttcher (* 1954), deutscher Mathematiker Bas Böttcher (* 1974), deutscher Schriftsteller und Medienkünstler… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”