Freie Christengemeinde/Pfingstgemeinde

Freie Christengemeinde/Pfingstgemeinde

Die religiöse Bekenntnisgemeinschaft „Freie Christengemeinde – Pfingstgemeinde (FCGÖ)“ erwarb mit Wirksamkeit vom 11. Juli 1998 die Rechtspersönlichkeit als Bekenntnisgemeinschaft.[1] Die Tätigkeit der Glaubensgemeinschaft erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet der Republik Österreich.

Die FCGÖ ist eine pfingstliche Freikirche. Kirchengeschichtlich weiß sie sich mit der weltweiten Pfingstbewegung verbunden.

Die FCGÖ ist die Vereinigung der Angehörigen der örtlichen „Freien Christengemeinden“. Sie ist eine Glaubensgemeinschaft mit kongregationalistischer Verfassung, die in einem Gemeindeverband (Bund) zusammengeschlossen ist und sich in vier Regionen gliedert.

Inhaltsverzeichnis

Grundzüge der Glaubenslehre

  • Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments ist alleinige Grundlage für Lehre und Leben (Sola scriptura; unter dem Alten Testament werden jene 39 Bücher verstanden, welche aus dem Judentum überliefert wurden, also ohne den sogenannten Apokryphen oder deuterokanonischen Schriften)
  • Bekenntnis zur Trinitätslehre von Vater, Sohn und Heiligem Geist als den einen Gott gemäß der altkirchlichen Bekenntnisse.
  • Heilslehre (Soteriologie): Jesus Christus hat das Heil für alle Menschen erworben. Dieses muß durch den Glauben an ihn und die Umkehr von den Sünden persönlich angeeignet werden. Reformatorisch geprägte Rechtfertigungslehre (Sola fide, sola gratia - allein der Glaube, allein die Gnade)
  • Die christliche Gemeinde (Ekklesiologie): Durch den Glauben an Jesus Christus und die Taufe im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes wird man in die Gemeinde eingegliedert. Die Taufe wird als Taufe der Gläubigen verstanden (Religionsmündigkeit), wobei das Alter sekundär ist (Anmerkung: Damit wird aber niemand das Christsein abgesprochen, der ein anderes Gemeinde- bzw. Kirchen- und Taufverständnis hat). Die Gemeinde wird in der Regel von einem ordinierten Pastor gemeinsam mit einem Kollegium von Ältesten geleitet und ist für die Gestaltung ihres Gemeindelebens selbstverantwortlich (im Rahmen der gemeinsamen Interessen des Bundes der Freien Christengemeinden). Die Gemeinden sind finanziell eigenverantwortlich, ihre Aufwendungen (Gottesdiensthäuser, Pastorengehälter, etc.) werden durch freiwillige Spenden ihrer Mitglieder gedeckt.
  • Gottesdienst (Liturgie): Es gibt keinen vorgeschriebenen Gottesdienstablauf, dennoch sind bestimmte Elemente für die meisten gottesdienstlichen Versammlungen prägend: Begrüßung der Gemeinde; Lobpreis Gottes (zumeist mit modernen Liedern und Instrumenten und einem leitenden Sängerteam); freies Gebet: Fürbitte für alltägliche Nöte, vor allem für die Kranken; Gelegenheit für die Charismen des Heiligen Geistes: Zungenrede mit Auslegung, prophetische Rede etc. (vgl. 1 Korinther 12 und 14); Predigt; Abendmahl zumeist ein Mal im Monat, mancherorts aber auch öfter (Empfang in beiderlei Gestalt: Wein, vielfach auch Traubensaft, und Brot); freie Kollekte.
  • Gesellschaftliches Leben: Die Gemeinden betreiben selbst kein politisches Engagement und stellen es ihren Mitgliedern frei, sich gemäß ihrer freien Gewissensentscheidung in das öffentliche Leben einzubringen (z.B. Freiheit zu Militärdienst oder Zivildienst; Mitgliedschaft in politischen Parteien etc.). Für die jeweilige Regierung wird gebetet.
  • Die Vollendung des Reiches Gottes (Eschatologie): Bekenntnis zur sichtbaren Wiederkunft Jesu Christi und der Vollendung des Reiches Gottes. Gericht Gottes über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.

Geschichtliche Entwicklung

Der Bund der FCGÖ, wie er heute besteht, wurde 1946 gegründet.

Vorgeschichte

Schon zu Beginn der 1920er Jahre kommt es durch den Dienst schwedischer Missionare, ausgesandt von den Filadelfiaförsamlingen in Stockholm, zur Gründung einer Pfingstgemeinde in Wien. Fallweise gab es in Wien zwei Gemeinden: Die Freie Christengemeinde „Philadelphia“ und die Freie Christengemeinde „Salem“, die sich aber wieder vereinigten. In jenen Jahren zählte die Gemeinde bis zu 200 Mitglieder. In den umliegenden Orten wurde eifrig missioniert und Hausversammlungen entstanden.

Dann erlebten die Gläubigen die ersten Bewährungsproben. 1936 kam es, bedingt durch eine neue politische Lage, zum Versammlungsverbot. Öffentliche Gottesdienste von staatlich nicht anerkannten Religionsgemeinschaften durften nicht mehr stattfinden, die Gemeindelokale wurden behördlich versiegelt und ausländische Missionare mussten das Land verlassen. Um die Gemeindearbeit nahmen sich nun „Älteste“ an. Man versuchte nach biblischem Vorbild durch „Hin und Her in den Häusern“ den Glauben und die Gemeinschaft miteinander weiter zu pflegen.

Eine weitere missionarische Tätigkeit entwickelte sich gegen Ende der 1920er Jahre im Salzkammergut. Trotz mancher Restriktionen und allgemeiner Ablehnung in der Öffentlichkeit kamen Menschen zum Glauben. In St. Wolfgang und Bad Ischl entstanden Gebetskreise. Das Versammlungsverbot von 1936 wirkte sich auch in diesen Gemeinden aus. Es wird berichtet, dass die Fuschler Gläubigen mit Sturmlaternen ausgerüstet in die nahe gelegenen Wälder gingen, um sich zu versammeln.

Die Gründung der „Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde“

Nach Kriegsende gibt es in Wien etwa 30 Personen, die zur Gemeinde zählen. In dieser Zeit versuchen sich viele kleine Gemeinden und Hausversammlungen neu zu orientieren. Es finden sich Pfingstgläubige im Raum Wien, im Burgenland, im Salzkammergut, in Frankenburg und im Salzburger Land. Ihr Wunsch nach Gemeinsamkeit führte 1946 zur Bildung des Gemeindeverbandes der „Freien Christengemeinden“.

Ein wesentlicher Beitrag kam von Volksdeutschen, die von ihrer Heimat her bereits Gemeindeerfahrung hatten und die mithalfen, die junge Bewegung auf ein gutes und solides Fundament zu stellen. Oberösterreich entwickelte sich in diesen Jahren, bedingt durch die vielen hier betreuten Flüchtlinge (teils bereits gläubig, teils hier zum Glauben gekommen), sehr schnell zum Schwerpunkt. An vielen Orten entstanden Gemeinden.

Ab 1950

Anfangs der Fünfzigerjahre kam es zur Auswanderung vieler Volksdeutscher. Die Zahl der etwa 1948 gezählten 1800 Mitglieder nahm schlagartig ab. Ganze Gemeinden wanderten ab; u. a. nach Kanada, USA, Deutschland, Australien. Es sind nur wenige Volksdeutsche, die im Lande bleiben. Sie beginnen sich zu integrieren und werden auch in der Bevölkerung bald nicht mehr als Fremde oder Ausländer angesehen. Aus Hausversammlungen entstehen Gemeinden, Gemeindehäuser werden gebaut. Doch bis in die Sechzigerjahre hinein entwickelt sich das Werk nur langsam. Kontakte zu den deutschen Brüdern stellen eine gute Beziehung zur Bibelschule Beröa in Erzhausen her.

Ab 1970

Die Gemeinden und ihre Leiter wachsen zusammen und immer mehr gemeinsame Aktivitäten entstehen. Landesweite Jugendtreffen und Kinderlager finden statt, gemeinsame Seminare werden abgehalten, eine Kurzbibelschule entsteht und in späterer Folge ein Programm zum Selbststudium der Bibel von ICI - Internationales Korrespondenz Institut.

Die „Teen-Challenge Arbeit“ von David Wilkerson aus New York erreicht Österreich und Teestuben werden ins Leben gerufen. Im Laufe der Zeit erfährt die Arbeit einen Wandel; heute liegt der Schwerpunkt von Teen-Challenge auf dem Gebiet der Betreuung von Gefangenen und Haftentlassenen.

Die Siebzigerjahre leiten die Hilfe durch Missionare aus dem Ausland ein, die bis heute aus den Ländern Skandinaviens, USA, Holland und Großbritannien kommen. Durch ihren Einsatz entstehen neue Gemeinden. Auch die Möglichkeit der Ausbildung wird durch sie verstärkt gefördert. Das Gemeindebild verändert sich. Nun sind in allen neun Bundesländern Gemeinden zu finden.

Ab 1990

Die Öffnung der Ostgrenzen durch den Fall des eisernen Vorhanges hat zu einer großen Flüchtlings- und Auswanderungswelle geführt. Dadurch sind viele Pfingstgläubige aus Rumänien nach Österreich gekommen. Sie haben sehr bald nach Möglichkeiten gesucht, Gottesdienste in ihrer eigenen Sprache abzuhalten. Über Kontakte zu unseren Gemeinden kam es 1993 zur Bildung eines „Rumänischen Zweiges der Freien Christengemeinden in Österreich“

Gegen Ende 1999 ergibt sich folgender Stand: 1650 Mitglieder (die Freikirche bekennt sich zur Großtaufe, d.h. die Kinder bis zum Alter von 12 bis 14 Jahren sind hier nicht erfasst); 33 Gemeinden und Versammlungsorte (ohne die Hauskreise); ein rumänischer Zweig mit 6 Gemeinden und ca. 300 Mitgliedern.

Ab 2000

Im Jahr 2005 wurden nach fünfjährigen Gesprächen 16 neue Gemeinden in der Freien Christengemeinde - Pfingstgemeinde in Österreich aufgenommen. Sie bilden als „Charismatischer Zweigverband“ und „Vision für Österreich“ eigene Zweigverbände.

Im Jahr 2006 wurden weitere 9 Gemeinden in den „Internationalen Zweig“ der "Freien Christengemeinde - Pfingstgemeinde“ in Österreich aufgenommen.

Laut Volkszählung 2001 bekennen sich 7.186 Personen zur Freien Christengemeinde - Pfingstgemeinde (davon 5.061 mit österreichischer Staatsbürgerschaft und 2.125 mit anderer Staatsbürgerschaft).

Quelle: Statistik AUSTRIA, Bevölkerung 2001 nach Religionsbekenntnis und Staatsangehörigkeit. (Weblink unten).

Die Gemeindeverfassung der FCGÖ

Die Jahreskonferenz

Sie ist das oberste Gremium der Bewegung und besteht aus den Delegierten der Gemeinden und den Mitgliedern des Pastoralrates. Wenn sie als „oberstes Gremium“ bezeichnet wird, so bleibt doch die volle Eigenverantwortung der Gemeinden gewahrt, da sie nur Bereiche behandelt, die über den Rahmen der Gemeinden hinaus gehen. Sie nimmt die einzelnen Jahresberichte ab, bestätigt sie und spricht die Entlastung aus. Sie führt die Wahl des Vorstandes der Bewegung durch.

Der Pastoralrat

Er besteht aus Mitgliedern, die von der Jahreskonferenz bestätigt wurden. In den Pastoralrat kann jeder ordinierte Pastor aufgenommen werden. Der Pastoralrat ist das eigentliche Arbeits- und Leitungsgremium der Bewegung und besteht aus solchen Personen, denen das Vertrauen aller Gemeinden ausgesprochen wurde. Der Pastoralrat ist der Jahreskonferenz verantwortlich und stellt sich damit in das Prinzip des gegenseitigen Vertrauens und der Verantwortlichkeit. Zur Aufgabe des Pastoralrats zählt die Unterstützung zur Gründung von Gemeinden nach biblischem Vorbild. Er ordiniert Kandidaten zu voll- und nebenamtlichen Pastoralassistenten und beurteilt ihre Ordinationsarbeit (Anmerkung: Zum Dienst des Pastors beruft die örtliche Gemeinde). Der Pastoralrat achtet darauf, dass die der Vereinigung angehörenden Gemeinden dem Worte Gottes gemäß geleitet werden, überwacht die unter ihnen verkündigte Lehre und gehandhabten Methoden und ist bevollmächtigt, bei Verfehlungen in Lehre, Praxis oder Wandel die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen, jedoch ohne die Selbstständigkeit der Gemeinde zu verletzen.

Der Vorstand

Der Vorstand ist das Leitungsgremium des Pastoralrats und erhält seine Befugnisse von diesem zugewiesen. Seine Aufgabe ist es, die Bewegung nach innen und außen zu vertreten, Kontakte zu den Gemeinden zu halten und zu anderen Bewegungen und Ländern herzustellen bzw. zu pflegen; er bereitet die Sitzungen des PR vor; er vermittelt bei Meinungsverschiedenheiten bzw. bei Missständen in oder unter Gemeinden, wenn er von einer beteiligten Seite angerufen wird.

Die übergemeindlichen Beziehungen

Die FCGÖ ist Vollmitglied der Österreichischen Bibelgesellschaft.

Die FCGÖ ist Partner der Österreichischen Evangelischen Allianz.

Literatur

  • Eine Bewegung stellt sich vor. 50 Jahre Freie Christengemeinden in Österreich, Lebensbotschaft – Eigenverlag, Salzburg 1997
  • Klaus Winter: Freie Christengemeinde-Pfingstgemeinde (FCGÖ). Selbstdarstellung, in: Johann Hirnsperger, Christian Wessely, Alexander Bernhard (Hg.): Wege zum Heil? Religiöse Bekenntnisgemeinschaften in Österreich. Selbstdarstellung und theologische Reflexion. Styria: Graz u.a. 2001, S.69-85
  • Geschichten die das Leben schrieb. Erinnerungen und Episoden von Nikolaus Betschel, Dynamis: Kreuzlingen 1993, ISBN 3-85645-096-3
  • Franz Graf-Stuhlhofer: Freikirchen in Österreich seit 1846. Zur Quellenlage und zu Methodenfragen, in: Jahrbuch für die Geschichte des Protestantismus in Österreich 124/125 (2008/09) 270-302.

Weblinks

Einzelbelege

  1. Gemäß dem Bundesgesetz BGBL 1 - Nr. 19/1998, mit dem Feststellungsbescheid GZ 7836/18-9c/ 98 vom 20. Juli 1998.

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