Freireligiöse Landesgemeinschaft Hessen

Freireligiöse Landesgemeinschaft Hessen

Die Freireligiöse Landesgemeinschaft Hessen (FLH) ist eine Religionsgemeinschaft, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfasst ist. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts darf sie auch Kirchensteuer erheben. Sie ist Teil der freireligiösen Bewegung. Die selbstständige, unabhängige Landesgemeinschaft ist Mitglied im "Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands" und über diesen in der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union (International Humanist and Ethical Union - IHEU), und sie ist als assoziiertes Mitglied weltweit vertreten im "Weltbund für religiöse Freiheit" (International Association for Religious Freedom - IARF).

Inhaltsverzeichnis

Organisation

Zur Landesgemeinschaft gehören die Gemeinden Darmstadt, Dietzenbach, Egelsbach/Erzhausen/Langen, Frankfurt am Main/Bad Vilbel, Kelsterbach, Langenselbold/Main-Kinzig, Mörfelden-Walldorf, Neu-Isenburg, Wettenberg und Wiesbaden. Die Landesgemeinschaft erteilt Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach mit Benotung im Schulzeugnis.

Geschichte

Unter Leitung von Pfarrer Leberecht Uhlich bildete sich am 29. Juni 1841 aus einem Zusammenschluss rationalistischer evangelischer Pfarrer der Kreis der Protestantischen Freunde. Dieser erhielt wegen seiner Betonung des Lichtes der Vernunft, die auch auf die Heilige Schrift anzuwenden sei, den Beinamen Lichtfreunde. Ausgelöst durch den Vortrag »Ob Schrift, ob Geist« von Gustav Adolf Wislicenus gab der Lichtfreundekreis auf seiner Pfingstversammlung 1844 das protestantische Schriftprinzip zugunsten des im Menschen wirkenden Geistes auf. Innerhalb kürzester Zeit setzten Maßregelungen gegen die rationalistischen Pfarrer ein. Am 1. Oktober 1844 verurteilte der katholische Kaplan Johannes Ronge in einem offenen Brief an den Bischof Wilhelm Arnoldi von Trier die Ausstellungen des sogenannten Heiligen Rockes. Dieser Brief löste eine Reformbewegung weg von Rom aus, die zu einer ersten deutschkatholischen Gemeindegründung unter Kaplan Johann Czerski in Schneidemühl führte. In schneller Folge bildeten sich 1845 im Osten und Südwesten der deutschen Staaten entsprechende Gemeinden, sodass am 23. März in Leipzig auf Anregung von Robert Blum eine erste deutschkatholische Kirchenversammlung mit 15 Gemeinden stattfand. Am 19. Januar 1848 bildete sich in Königsberg unter Leitung von Pfarrer Julius Rupp (Großvater von Käthe Kollwitz) die erste freie Gemeinde auf protestantischer Seite; ein Jahr später folgte eine weitere in Nordhausen unter Pfarrer Eduard Baltzer. 1848 bestanden in ganz Deutschland bereits 250 deutschkatholische Gemeinden und 80 Gemeinden der Lichtfreunde. Die versuchte Vereinigung der deutschkatholischen und der freien protestantischen Gemeinschaften zu einer Religionsgemeinschaft freier Gemeinden in Leipzig und in Köthen wurde 1850 durch polizeiliche Versammlungsauflösungen verhindert. Sowohl in Preußen als auch in anderen Ländern kam es im Lauf der nächsten acht Jahre zu massiven Verfolgungen freier Religionsgemeinschaften.

Am 17. Juli 1859 gründeten rund 100 verbliebene Gemeinden in Gotha den Bund Freireligiöser Gemeinden Deutschlands (BFGD) mit dem Grundsatz: Freie Selbstbestimmung in allen religiösen Angelegenheiten. 1886 schlossen sich 25 freiprotestantische Gemeinden, die sich zehn Jahre zuvor in Rheinhessen gebildet hatten, dem BFGD an. Der BFGD und der bürgerliche Freidenkerverband gingen 1924 im Volksbund für Geistesfreiheit auf. Zur Wahrung der alten freireligiösen Tradition bildeten im Oktober südwestdeutsche Gemeinden den Verband Freireligiöser Gemeinden Süd- und Westdeutschlands.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden 1933 die Geschäftsräume des Volksbundes durch die SA besetzt und zerstört. Gemeinden wurden verboten oder ihre Arbeit behindert. Im Juni 1934 wurde auf dem Bundestag in Leipzig der alte Name "Bund Freireligiöser Deutschlands" erneut angenommen, das 75jährige Bestehen des Bundes wurde gefeiert, anschließend wurden mehrere Abgeordnete verhaftet. Am 20. November wurden die freireligiösen Gemeinden in Preußen verboten. Der Südwestdeutsche Verband benannte sich in "Freie Religionsgemeinschaft Deutschlands" um und entging so dem Verbot. Nach weiteren Verboten außerhalb Preußens und verschiedenen Namensumbenennungen erfolgte am 15. April 1935 die Selbstauflösung des Bundes.

Nach Kriegsende erklärte Carl Peter 1945 in Leipzig den Bund wieder für existent. Eine erste Landesverbandstagung fand unter dem Namen Bund freireligiöser Gemeinden e.V Landesverband Nordrhein-Westfalen statt. Nach und nach nahmen ehemals verbotene Gemeinden auf Orts- und Landesebene ihre Arbeit wieder auf. Zur Pflege des freireligiösen Gemeindelebens schlossen sich 1968 Teile des alten Südwestverbandes zum Verband Freier Religionsgemeinschaften wieder zusammen.

Literatur

  • Eckhart Pilick: Lexikon freireligiöser Personen, Rohrbach/Pfalz: Peter Guhl, 1997
  • Kampe, Ferdinand: Geschichte der religiösen Bewegung der neueren Zeit. 4 Bände. Leipzig 1852-1860.

Weblinks


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