- Frozen Shoulder
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Klassifikation nach ICD-10 M75.0 Adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel
- Frozen shoulderICD-10 online (WHO-Version 2011) Als Frozen Shoulder (Syn: Periarthritis humeroscapularis,[1] schmerzhafte Schultersteife und Duplay-Syndrom) bezeichnet man eine weitgehende, schmerzbedingte Aufhebung der Beweglichkeit der Schulter. Einer „schmerzhaften Schultersteife“ können die unterschiedlichsten Ursachen zugrunde liegen, der Begriff beschreibt lediglich die klinische Tatsache der schmerzbedingten Aufhebung der Beweglichkeit. Im Gegensatz zur Blockierung besteht diese in allen drei möglichen Bewegungsebenen.[2]
Inhaltsverzeichnis
Einteilung
Ist die Ursache bekannt, so spricht man von einer „sekundären“ frozen shoulder, ansonsten von einer „primären“ oder „idiopathischen“. Letztere Form wird auch als „adhäsive Kapsulitis“ bezeichnet.[2]
Anatomische Besonderheiten des Schultergelenks
Die Gelenkpfanne am Schulterblatt ist im Verhältnis zum Oberarmkopf sehr klein und die Führung des Gelenkes erfolgt überwiegend durch die Muskulatur und die Gelenkkapsel. Daher ist der Bewegungsumfang im Schultergelenk sehr groß und die Kapsel sehr weit. In jeder Stellung wirft diese Kapsel demzufolge an der einen oder anderen Seite Falten. Werden bestimmte Bewegungen im Schultergelenk aufgrund schmerzhafter Veränderungen dauerhaft vermieden, so kann es zu Verklebungen dieser Falten kommen und es bildet sich ein sogenanntes Kapselmuster aus: Bei der passiven Gelenkuntersuchung zeigt sich eine gelenkspezifische Bewegungseinschränkung des Schultergelenks.
Eine andere mögliche Ursache der Bewegungseinschränkung ist eine Verkürzung von Muskeln, die das Gelenk bewegen und bei Bewegungen in die Gegenrichtung nachgeben müssen.
Auftreten
Der Altersgipfel der primären schmerzhaften Schultersteife liegt bei 40 bis 60 Jahren, Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. In bis zu 30 % der Fälle tritt sie beiderseits auf. Gehäuft ist sie bei Patienten mit Diabetes mellitus, Schilddrüsenfunktionsstörungen und Fettstoffwechselstörungen zu sehen.[2]
Ursachen
Die Ursache der primären Form ist unbekannt, der sekundären können neben Operationen und Verletzungen auch Erkrankungen des Subakromialraumes, langdauernde Immobilisation besonders auch Veränderungen der Rotatorenmanschette zugrunde liegen.[2]
Krankheitsbild
Primäre Form
Sie verläuft chakteristischerweise in 3 Stufen. Zu Beginn ist arthroskopisch eine Synovitis erkennbar, die im weiteren Verlauf zunimmt (ergänzend in diesem Stadium Auftreten einer Gelenkkapselreizung – „Capsulitis“), bis im Endstadium dann eine Atrophie der Gelenkkapsel (Schrumpfung und Verklebung führen zu einer Verkleinerung des Gelenkbinnenraumes) auftritt. Der Krankheitsverlauf kann über 1 bis 4 Jahre gehen, die Prognose ist gut, geringe Einschränkungen können jedoch zurückbleiben.[2]
- Stadium 1 (Initialphase): Im Vordergrund steht ein zunehmender Bewegungsschmerz, der heftig bis unerträglich sein kann und sich insbesondere nachts noch verschlechtert. Eine Bewegungseinschränkung wird häufig von den Betroffenen zunächst nicht bemerkt. Dieses Stadium dauert in der Regel drei bis neun Monate.
- Stadium 2 (Einsteifungsphase): In diesem Stadium lässt der Schmerz langsam nach – es kommt zu einer deutlichen Zunahme der Bewegungseinschränkung, vor allem dann, wenn der Arm nach außen bzw. innen gedreht oder abgespreizt wird. Gegen Ende dieser Phase kann die Schulter vollständig in ihrer Bewegung eingeschränkt sein. Dieses Stadium kann bis zu 15 Monate dauern.
- Stadium 3 (Lösungsphase): Die jetzt versteifte und nicht mehr schmerzende Schulter wird nun langsam wieder beweglicher, weil sich die entzündlichen Veränderungen an der Gelenkkapsel zurückbilden. Das betroffene Schultergelenk ist letztlich in seiner Beweglichkeit nur noch unwesentlich eingeschränkt oder sogar wieder frei beweglich. Dieses Stadium dauert durchschnittlich neun Monate.
Sekundäre Form
Typische Ursachen sind neben Operationen und Verletzungen auch Erkrankungen des Subakromialraumes, langdauernde Immobilisation und besonders auch Veränderungen der Rotatorenmanschette.
- Verkalkende Schleimbeutelentzündung (Syn.: Bursitis calcarea, calcificans)
Der Innenraum eines Schleimbeutels steht nicht in direkter Verbindung mit dem Blutkreislauf. Kommt es – bei irgendwelchen Verletzungen – zu Einblutungen, so kann der Körper das Blut nicht, wie an anderen Stellen des Körpers, resorbieren. Im Lauf der Zeit wird dieses Blut zu einem kalkigen, wenig flüssigen Material, das in dem Schleimbeutel liegen bleibt. Eine ungünstige Bewegung reicht dann oft aus, diesen Kalkpfropfen einzuklemmen. Das umgebende Gewebe schwillt an, der Raum im Schultergelenk wird funktionell verkleinert (die anatomischen Strukturen finden keinen Platz), jede Bewegung schmerzt.
Eine weitere Erklärung für eine Entzündung des Schleimbeutels ist die Kombination von Überlastung durch zu viel Druck durch den beim Abspreizen krankhaft nach oben steigenden Oberarmknochen (Humeruskopfhochstand bzw. gestörter Bewegungsablauf s. u. – wofür der Schleimbeutel als Verschiebeschicht nicht so gut geeignet ist) mit einer auch durch den Druck gestörten Trophik (Versorgungssitutation des Gewebes). Kalk lagert sich gerne da ab, wo der Gewebs-pH-Wert zu gering (sauer) ist.
- Verletzungen der Rotatorenmanschette
Tritt meist in Kombination mit bzw. bedingt durch ein Impingement (s. u.) auf. Neben der Drehung bzw. dem Abspreizen des Oberarmes ist die Rotatorenmanschette in weitaus höherem Maße jedoch dafür verantwortlich, den Humeruskopf in der Pfanne zu halten und das sogenannte „Kaudalgleiten“ einzuleiten, in dem der Oberarmknochenkopf über das so genannte „Rollgleiten“ nach kaudal (fußwärts) bewegt wird, damit er bei der Anteversion nicht unter das Akromion schlägt. Der gemeinsame Ansatz dieser Muskeln ist eine Sehnenmanschette, die um das körpernahe Ende des Oberarmknochens liegt. Zerrungen der Schulter können diese Sehnenmanschette verletzen. Auch die Sehnen der an der Rotation beteiligten Muskeln können durch degenerative Prozesse angegriffen werden, insbesondere wenn sie chronisch verspannt sind. Dafür, daß beim Abspreizen des Armes der Oberarmkopf nicht nach oben steigt und so den Raum für die Rotatorenmanschette zwischen Oberarmkopf und Schulterdach einengt, ist die Kokontraktion der Schulteradduktoren (Musculus latissimus dorsi, Musculus teres major und minor, Musculus pectoralis major und caudale Anteile des Musculus infraspinatus und subscapularis) wesentlich. Eine (Teil-) Ruptur der Rotatorenmanschette, insbesondere des Supraspinatusanteiles, wird gefördert durch eine gestörte Trophik durch chronische Verspannung des Supraspinatusmuskels.
- Impingement-Syndrom
Beim Impingement (Einklemmung) handelt es sich wahrscheinlich um die häufigste Ursache einer schmerzhaften Schultersteife. Die Meinung über die Ursachen des Impingements ist noch nicht einheitlich, meist werden mehrere Ursachen genannt.
Zwischen dem Oberarmkopf und dem „Schulterdach“ zieht die Rotatorenmanschette hindurch. Hier liegt auch die Bursa subacromialis (s. o.). Es ist dort, je nach Form der Knochen, relativ wenig Platz. Als „Schulterdach“ bezeichnet man das Acromion einschließlich des Gelenkes zum Schlüsselbein (Schulter-Eckgelenk) und des zum Rabenschnabelfortsatz des Schulterblattes laufenden Bandes (Ligamentum coracoacromiale). Wenn eine Sehne dazwischen irritiert wird, schwillt diese an, und der sowieso schon geringe Platz wird dann noch mehr eingeengt mit Schmerzen und einer Störung der Struktur der Sehne/Rotatorenmanschette. Dies geschieht vor allem bei gestörtem Bewegungsablauf bei Abspreizbewegungen des Armes (s. u. Verletzungen der Rotatorenmanschette und gestörtes Caudalgleiten).
Aber auch chronische Überbelastungen mit kleinen Abrissen von Sehnen oder Gelenklippe (Bankart-Läsion), forcierte Wurfsportausübung und altersbedingte Atrophien der Rotatorenmanschette an der Schulter kommen infrage.
Arthrotische Veränderungen des Gelenkes, vor allem des Schultereckgelenkes (Acromioclavikulargelenk) haben Osteophyten zur Folge, die in den Raum, in dem der Oberarmkopf bzw. die Rotatorenmanschette bewegt wird, hineinwachsen (Hook). Auch hier ist eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung die Folge.
- Arthrose
Verletzungsfolgen, genauso wie Überlastungen können zu einer Schädigung des Schultergelenkes führen. Besonders schwere Arthrosen finden sich bei Leuten, die wegen anderen Erkrankungen sehr lange Zeit auf Unterarmgehstützen angewiesen waren. Die degenerativen Veränderungen führen dann auch zu einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Im fortgeschrittenen Stadium kann es dann auch, wie bei anderen Gelenken, zum Zustand einer aktivierten Arthrose kommen, zusätzlich zu den degenerativen Veränderungen treten dann noch entzündliche Reaktionen auf.
- Arthritische Reizzustände
Ebenso wie jedes andere Gelenk des Körpers kann auch die Schulter von entzündlichen Prozessen (arthritischen Reizzuständen) betroffen sein. Abhängig vom Typ der Erkrankung kann hier eine Oligoarthritis oder eine Polyarthritis vorliegen.
- Krebs
Seltener, aber in ihren therapeutischen Konsequenzen wesentlich sind Metastasen einer Krebsgeschwulst, die sich in manchen Fällen im Oberarmkopf absiedeln.
- Schulteramyotrophie
Unerkannte Brüche bei Osteoporose können die gleiche Symptomatik auslösen, sind aber meistens mit einem schweren Bluterguss verbunden, der bis in die Hand sickern kann. Diese Brüche werden kaum übersehen.
- Psychosomatik
Nicht vergessen werden darf, dass viele Spannungsstörungen der Schultermuskulatur durch innere Anspannung (mit-) bedingt sind - zu viel auf den Schultern tragen etc.
Diagnostik
Aus dem klinischen Befund und der zuweilen erheblichen Bewegungseinschränkung lässt sich die Schultersteife problemlos feststellen. Da damit aber noch keine Aussage über die Ursache dieser Symptomatik getroffen wurde, muss sich eine eingehendere Untersuchung anschließen. Dazu gehören grundlegend eine konventionelle Röntgendiagnostik und die Bestimmung geeigneter Laborparameter zur Erkennung entzündlicher Ursachen. Ergänzend können NMR und in seltenen Fällen auch Arthrographie[3] oder Arthroskopie sinnvoll sein.
Therapie
Die „frozen shoulder“ hat oft einen langsamen, sich über Jahre hinziehenden Krankheitsverlauf. Die Therapie orientiert sich an der Ursache. In manchen Fällen wird auch eine operative Behandlung (z.B. mittels Arthroskopie) nötig.[4]
Differenzialdiagnosen
Das cervikobrachiale Syndrom geht oft mit Schmerzen einher, die auf die Schulter beschränkt sind. Das Karpaltunnelsyndrom verursacht oft Schmerzen im ganzen Arm einschließlich der Schulter. In beiden Fällen hat eine Behandlung der Schulter keinen Nutzen.
Einzelnachweise
- ↑ Roche Lexikon Medizin, Urban&FischerVerlag, 2003, ISBN 3-437-15150-9; hier online
- ↑ a b c d e Echtermeyer V.: Praxisbuch Schulter, Thieme Verlag, 2004, S. 167 ff, ISBN 3-13-102212-4, hier online
- ↑ Wirth C. J.: Orthopädie und orthopädische Chirurgie, Thieme Verlag, S. 115, ISBN 3-13-125661-3; hier online
- ↑ Duparc J., e.a.: Chirurgische Techniken in Orthopädie und Traumatologie, Urban&FischerVerlag, 2005, S.31, ISBN 3-437-22526-X; hier online
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