Fugger-Viertel

Fugger-Viertel
Hauptstraße in der Fuggerei

Die Fuggerei in Augsburg ist die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt. Das Ensemble mit acht Gassen und drei Toren ist eine „Stadt in der Stadt“ mit eigener Kirche, „Stadtmauern“ und „Stadttoren“, die bis heute jeden Abend um 22 Uhr vom Nachtwächter geschlossen werden.

Inhaltsverzeichnis

Die Geschichte der Fuggerei

Die Fuggerei wurde 1521 von Jakob Fugger dem Reichen als Wohnsiedlung für bedürftige Augsburger Bürger gestiftet. Im Stiftungsbrief wurde festgelegt, »... es sollen solche häuser, frauen, armen taglöhnern und handtwerkern und burgern und inwonern dieser stadt Augspurg, die es notturftig sein und am besten angelegt ist, umb gottes willen gelichen und darin weder schankung muet und gab nit angesehen...«.

Erbaut wurde die Anlage zwischen 1514 und 1523 unter Federführung des Baumeisters Thomas Krebs. 1582 errichtete der Baumeister Hans Holl in der Siedlung die Kirche St. Markus. Erweiterungen der Fuggerei erfolgten in den Jahren 1880 und 1938. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Siedlung bei einem britischen Fliegerangriff 1944 stark zerstört, jedoch bereits wenig später mit Mitteln aus der Fuggerschen Stiftung von Raimund von Doblhoff nach historischem Vorbild wieder aufgebaut, sodass bereits 1947 die ersten Gebäude wieder bezogen werden konnten.

Die Fuggerei heute

Heute besteht die Fuggerei aus 67 Häusern mit 140 Wohnungen, Verwaltung, einem Brunnen und dem Senioratsgebäude. Die Wohnungen sind etwa 60 m² groß und haben jeweils einen eigenen Eingang. Die im Erdgeschoss liegenden Wohnungen verfügen über einen Garten, die im Obergeschoss über einen Speicher.

Rund 150 Menschen leben derzeit in der Fuggerei, wobei die Aufnahmebedingungen immer noch dieselben sind wie zur Zeit der Gründung: wer in der Fuggerei wohnen will, muss Augsburger, katholisch und unverschuldet in Not geraten sein. Auf den Maurermeister Franz Mozart scheinen diese Kriterien seinerzeit zugetroffen zu haben: von 1681 bis zu seinem Tod 1694 lebte der Urgroßvater des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart in der Siedlung und war damit indirekt ihr "prominentester" Bewohner.

Die Jahres(kalt)miete für eine Wohnung in der Fuggerei beträgt bis heute den nominellen Gegenwert eines Rheinischen Gulden (umgerechnet 0,88 Euro) sowie täglich drei Gebete für den Stifter und seine Familie. Finanziert wird die Sozialsiedlung nahezu ausschließlich aus dem Vermögen der Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungen.

Ausflugsziel Fuggerei

Die Fuggerei ist neben dem Augsburger Rathaus das wohl beliebteste touristische Ziel in der Fuggerstadt. Ihr Besuch ist gegen eine geringe Gebühr möglich. Das Fuggereimuseum beherbergt eine im Originalzustand des 17. Jahrhunderts erhaltene Wohnung, in deren niedrigen Räumen das Leben in den Anfangsjahren der Siedlung eindrucksvoll erlebbar wird.

Mögliche Bewerbung für UNESCO-Welterbe

Im August 2008 wurde der Stadt Augsburg vorgeschlagen, sich um die Aufnahme der Fuggerei in die Weltkulturerbe-Liste zu bewerben.[1] Die Stadt zeigte sich bereit, dies zu unterstützen, sofern es denn im Sinn der Fuggerschen Stiftungsadministration sei.[2] Wolf-Dietrich Graf von Hundt, der Fuggersche Stiftungsadministrator, zeigte sich erfreut, gab aber auch „die Risiken und Nebenwirkungen“ zu bedenken.[3]

Geplante Errichtung eines Biomasse-Heizwerks in der Fuggerei

Die Fuggersche Stiftung plant die Errichtung einer unterirdischen Biomasseheizungsanlage mit einem 13 m hohen freistehenden Kamin am südlichen Rand der Fuggerei, die mit Holzhackschnitzel betrieben werden soll.[4][5] Die Fuggersche Stiftungsadministration begründet dies mit hohen Heizkosten, da die Häuser „so gut wie nicht isoliert sind“;[6] vom Anblick abgesehen, stören sich die Nachbarn an der zu erwartenden Lärm-, Feinstaub- und Geruchsbelästigung, zumal auch eine Versorgung über das Fernwärmenetz möglich wäre.[6][7][8]

Literatur

Sachbücher

  • Ulrich Fugger von Glött: Die Fuggerei. Die älteste Sozialsiedlung der Welt. Wißner, Augsburg 2003, ISBN 3-89639-397-9.
  • Benjamin Scheller: Memoria an der Zeitenwende. Die Stiftungen Jakob Fuggers des Reichen vor und während der Reformation. Akademie, Berlin 2004, ISBN 3-05-004095-5.
  • Marion Tietz-Strödel: Die Fuggerei und Augsburg. Studien zur Entwicklung des sozialen Stiftungsbaus im 15. und 16. Jahrhunderts. Mohr, Tübingen 1982, ISBN 3-16-844570-3.

Belletristik

  • Peter Garski: Das Fuggerei-Phantom. A-C-Verlag, Augsburg 2005, ISBN 3-923914-62-8
  • Reiner Schmidt: Barfuß durch die Finstere Gaß'. Eine Kindheit in der Fuggerei. Wißner, Augsburg 2003, ISBN 3-89639-412-6.

Galerie

Literatur

  • Franz Herre: Die Fugger in ihrer Zeit. 12 Auflage. Wißner-Verlag, Augsburg 2005, ISBN 3-89639-490-8. 
  • Benjamin Scheller: Memoria an der Zeitenwende. Die Stiftungen Jakob Fuggers des Reichen vor und während der Reformation. Berlin 2004 (Akademie), ISBN 3-05-004095-5
  • Marion Tietz-Strödel: Die Fuggerei in Augsburg. Tübingen 1982
  • Ulrich Graf Fugger von Glött: Die Fuggerei. Augsburg 2003
  • Günter Ogger: Kauf dir einen Kaiser / Die Geschichte der Fugger Roman / Droemer Knaur 1979
  • Mathias Wallner und Heike Werner: Architektur und Geschichte in Deutschland. S. 60-61, München 2006, ISBN 3-9809471-1-4
  • Martin Kluger: Die Fugger. Die deutschen Medici in Augsburg und im bayerischen Schwaben. 1 Auflage. context Medien und Verlag, Augsburg 2006, ISBN 978-3-939645-00-9. 

Einzelnachweise

  1. Wird die Fuggerei Unesco Welterbe?, Augsburger Allgemeine, 29. August 2008
  2. Welterbe-Bewerbung nur, wenn die Fugger wollen, Augsburger Allgemeine, 30. August 2008
  3. Der lange Weg zum Ehrentitel, Augsburger Allgemeine, 4. September 2008
  4. Amtsblatt 2008-33 der Stadt Augsburg, 14. August 2008
  5. Amtsblatt 2008-35 der Stadt Augsburg, 29. August 2008
  6. a b Fuggerei: Zoff um Heizwerk in der Sozialsiedlung, Augsburger Allgemeine, 4. September 2008
  7. Fernwärme für die Fuggerei? Augsburger Allgemeine, 5. September 2008
  8. Ringen um Alternative zum Heizwerk, Augsburger Allgemeine, 13. September 2008

Weblinks

48.36878333333310.9040555555567Koordinaten: 48° 22′ 8″ N, 10° 54′ 15″ O


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