Fujoshi

Fujoshi

Otaku (jap. Haus, おたく , お宅) bezeichnet im Japanischen extreme Fans und wird in ähnlicher Weise der englischen Wörter Nerd oder Geek benutzt.

Wie Nerd wird auch Otaku oft abwertend gebraucht. Diese Bedeutung von Otakus geht auf eine Mode unter japanischen Jugendlichen, speziell Manga- und Anime-Fans, Anfang der 80er Jahre zurück, sich gegenseitig mit Otaku anzusprechen. Der Kolumnist Akio Nakamori griff diesen Trend 1983 in dem Erotik-Manga-Magazin Manga Burikko auf und taufte die Besucher des Comic Markets Otaku. Bis heute ist der Begriff Otaku eng mit dem Comic Market (für gewöhnlich als Comiket abgekürzt) und den beiden dort vorherrschenden Genres Lolicon und Yaoi verbunden. Der Comiket stellt das „Zentrum der kulturellen Aktivitäten“ der Otaku (Dōjinshi, Cosplay, etc.) dar.

Otaku investieren viel Zeit in ihr Hobby, welches für gewöhnlich einen hohen Grad an Fiktionalität oder Virtualität aufweist: z. B. Manga, Anime, Computerspiele, Sciencefiction, Pop-Idole etc. Von Außenstehenden wird diese Fixierung auf ihr Hobby meist als krankhaft wahrgenommen, Otakus gelten daher in Japan als kindlich bzw. ichbezogen, und man sagt ihnen geringe soziale Kompetenz nach. Aufgrund dieser Vorurteile ist die Bezeichnung Otaku bei den Fans selbst nicht besonders beliebt.

Ein Großteil der Vorurteile gegenüber Otaku geht auf den Fall des Serienmörders Tsutomu Miyazaki zurück, der 1988 und 1989 vier Mädchen im Alter zwischen vier und sieben Jahren missbraucht und ermordet hatte. Miyazaki war Besucher des Comiket und verkaufte dort auch eigene Fanzines. Die Berichterstattung über den daher als Otaku identifizierten Miyazaki lenkte viel Aufmerksamkeit auf den Comiket und prägte nachhaltig das Bild der Otakus in der Gesellschaft. Erst Mitte der 1990er-Jahre verbesserte sich auf Betreiben des von Fans gegründeten Animationshauses GAINAX das Image der Otaku wieder, entscheidend war hierbei der große Erfolg der Otaku-Kultur im Westen.

Inhaltsverzeichnis

Wortursprung

Das Wort Otaku (お宅) setzt sich zusammen aus dem Honorativpräfix o () und taku (), in der Bedeutung von Haus oder Wohnung [einer Person, die nicht zur Familie des Sprechers gehört].

Der moderne Gebrauch im Sinn von Fan/Nerd geht auf eine Modeerscheinung unter Anime- und SF-Fans Anfang der 1980er Jahre zurück. In dem Anime Macross von 1982 verwendete die Protagonistin Lynn Minmay Otaku als Anrede.[1][2] Die Serie fand sehr großen Anklang und einige ihrer Fans ahmten diese übertrieben höfliche Anrede untereinander nach.

Wahrnehmung von Otaku in der japanischen Gesellschaft

Als Bezeichnung für die Fans selbst wurde Otaku (jap. おたく, オタク, ヲタク) wahrscheinlich zuerst von Nakamori Akio in seiner Kolumne Otaku no Kenkyū (Otaku-Forschung) des Magazins Manga Burikko benutzt. (Dieser Gebrauch ist ein Wortspiel: Sagt man dem Tick folgend dein Buch heißt das otaku no hon, was man aufgrund der Mehrdeutigkeit der japanischen Grammatik auch als Buch von Otaku deuten kann. Er interpretierte das Wort also nicht als Pronomen, sondern als Namen, mit denen die Fans sich ansprachen.) In der Kolumne beschrieb er einen Typus von männlichen Fan, der zu seinen Lieblingsserien eigene Geschichten oder Comics verfasst (siehe auch Fan-Fiction, Dōjinshi, Fanzine), sich als seine Lieblingsfigur verkleidet (siehe auch Cosplay), und sich auf Veranstaltungen wie dem Comic Market (abgekürzt Comiket) mit Gleichgesinnten trifft. Seine Eindrücke von diesen Fans, wie sie ihm auf dem Comiket begegneten, waren sehr negativ; er beschreibt sie als unsportliche Stubenhocker, entweder unter- oder übergewichtig, Brillenträger, wahrscheinlich wenig beliebt in der Schule und trifft damit die typischen Nerd-Klischees.

Der breiten Masse wurde dieser neue Term Otaku vor allem durch den Fall des Serienmörders Miyazaki Tsutomu bekannt, der Ende der 80er Jahre 4 sehr junge Mädchen im Alter zwischen 4 und 7 Jahren missbraucht und ermordet hat. Miyazaki hatte eine riesige Videosammlung (über 5800 Kassetten, darunter viele Gewaltvideos) und konnte offensichtlich nicht mehr zwischen seinen Phantasien und der Wirklichkeit unterscheiden. Außerdem war er ein regelmäßiger Besucher der Comiket, hat selbst Fanzines/Dōjinshi hergestellt und verkauft und wurde von den Medien daher als Otaku identifiziert. War das Wort Otaku bisher schon negativ mit „düsterer Stubenhocker” konnotiert, wurde es jetzt auch noch synonym mit „potentieller Serienkiller”.

Die folgende öffentliche Diskussion über Otaku stellte lange Zeit überwiegend negativ dar: Otaku seien unfähig, normale zwischenmenschliche Beziehungen zu führen und bezeichneten sich daher statt mit Namen mit der distanzierenden Anrede Otaku. Die Fixierung vieler Otaku auf junge Mädchen (der so genannte Lolita-Komplex), die bei Miyazaki schreckliche Ausmaße angenommen hatte, war ebenso suspekt wie das Interesse vieler weiblicher Comiket-Besucherinnen an so genannten Homo Manga. Aufgrund des Ausmaßes des Otaku-Trends bezeichnete man bald die komplette japanische Jugend als Otaku Generation. Neben der unterstellten kriminellen Energie der Otaku steht außerdem die Betonung ihrer individuellen Wünsche im Kreuzfeuer der Kritik. Individualismus ist auch in Japan eher negativ bewertet, und Otaku gelten dementsprechend als ich-bezogen und kindisch.

Erst in den 1990er Jahren begannen Autoren wie Okada Toshio oder Nimiya Kazuko das Otaku-Phänomen als eine moderne und positive Jugendkultur zu interpretierten und sich statt auf Ausnahmefälle zu beschränken mehr an die Realität anzunähern. Okada ist Otaku der ersten Stunde, gehörte zu der Clique, die später das Animationshaus GAINAX gründete, und unterrichtete von 1994 bis 1996 an der Universität Tokio so genannte Otakologie und seine Theorie über Otaku-Kultur. Er befasst sich dabei ausführlich mit den Auswirkungen der neuen Medien auf die Jugendkultur. Nimiya beschäftigt sich in erster Linie mit weiblichen Otaku, die zwar gut die Hälfte aller Besucher der Comiket ausmachen, von der Öffentlichkeit aber häufig ignoriert werden, und widerspricht damit der simplen Vorstellung vom Otaku als männlicher tickender Zeitbombe.

Bedeutungserweiterung

Anime und Manga gehören zwar zu den wichtigsten Themen auf dem Comic Market, jedoch sind nicht alle Dōjinshi Comics. Grundsätzlich sind es Fanzines, welche auch Erzählungen, Aufsätze, Interviews, Reviews usw. enthalten können. Dementsprechend sind auf der Comiket eine Vielzahl von ausgefallenen Hobbys vertreten, deren Anhänger man in verschiedene Sorten von Otaku unterscheiden kann. Es gibt z. B. Militär-Otakus (die sich für Uniformen begeistern, entsprechendes Cosplay machen oder am Wochenende im Wald Krieg spielen), PC-Otaku (nannte man früher Hacker), Fußball-Otaku (meist weibliche Fans von bestimmten Spielern) oder die klassischen Manga-Otaku (Manga/Anime Fans), Idol Otaku (Fans von Popsängerinnen), SF-Otaku usw. Auch Leute, die nicht auf die Comiket gehen, benutzen das Wort Otaku, um sich so zu bezeichnen, z. B. als Fitness-Otaku, Geschichts-Otaku o.Ä. So gebraucht hat es keinerlei negative Konnotationen, man bringt lediglich zum Ausdruck, dass man sich hobbymäßig (d.h. nicht beruflich) mit einem Thema beschäftigt und sich darin sehr gut auskennt.

Gebrauch im Westen

Die selbsternannten Otaku GAINAX veröffentlichten mit Otaku no Video eine selbstironische Firmengeschichte in Anime-Form, die auch im Westen veröffentlicht wurde. Hiesige Manga/Anime-Fans übernahmen zunächst die Selbstbezeichnung Otaku in der Bedeutung Anime-Fan, ohne sich über die negativen Konnotationen bewusst zu sein. Mit zeitlicher Verzögerung erreichte die schlechte Presse der Otaku aber auch den Westen, und einige Fans sind davon abgekommen, sich selbst als Otaku zu bezeichnen. Ironischerweise sind Otaku in Japan heute nicht mehr so negativ bewertet, nicht zuletzt dank Meldungen über westliche Fans, die sich stolz selbst Otaku nennen, und dem allgemeinen großen Erfolg von japanischen Comics und Zeichentrickfilmen im Ausland.

Tatsächlich sind die Vorurteile gegenüber Otaku und Nerds nicht so verschieden, jedoch gebrauchen im Westen nur die Fans selbst den Term Otaku, und daher fast immer positiv. In Japan wird Otaku sowohl von den Fans wie auch den Kritikern benutzt, also mittlerweile sowohl positiv wie auch negativ.

Im Westen wird Otaku so gut wie immer im Sinne von Manga-Otaku verwendet.

Glossar

Aniparo

Jap. アニパロ. Kurz für Anime Parody. Bezeichnet ein Genre von Fanfiction, bei der Fans aus Animes oder Zeichentrickfilmen bekannte Figuren in selbstgezeichnteten Comics oder Erzählungen auftreten lassen. Diese sind oft bloß dem Namen nach Parodien, um die Bezeichnung Plagiat zu vermeiden und somit Klagen wegen Urheberrechtsverletzung aus dem Weg zu gehen.
Aniparo sind häufig sexueller Natur, siehe auch Lolicon und Yaoi. Aniparo ist eng mit der Idee von Otaku-Kultur verbunden. Neben Zeichentrickfilmen dienen auch Comics oder Videospiele als Vorlagen.

Comic Market

Jap. コミックマーケット. Größter Markt für fanvertriebene Comics oder Dōjinshi. Traditionell ein Sprungbrett für Nachwuchskünstler, ist der Comiket seit dem Aufkommen von Aniparo Ende der 1970er Jahre in Verruf gekommen. Die Verlage betrachten Aniparo als Plagiate und die Otaku als unoriginell.

Cosplay

Jap. コスプレイ. Die Abkürzung für costume play meint meist das Verkleiden als Figur aus einem Manga, Anime oder Videospiel, aber auch Verkleiden im weiteren Sinne.

Dōjinshi

Jap. 同人誌. Abkürzung für Dōjin zasshi (jap. 同人雑誌). Nichtkommerzielle, privat vertriebene Zeitschriften (siehe auch Fanzines). Dazu gehören auch von Fans verfasste Comics oder Erzählungen.

Fujoshi

Jap. 腐女子. Wörtlich: verdorbene(s) Mädchen. Ein Wortspiel, das auf einem homonymen Wort für Frau (jap. 婦女子) basiert. Ironische Selbstbezeichnung der Leserinnen von Yaoi Dōjinshi. Es gibt in Japan die Tendenz alle weiblichen Otaku als fujoshi zu bezeichnen, jedoch sehen sich nicht alle fujoshi als Otaku und nicht alle weiblichen Otaku lesen Yaoi.

Cosplay-Restaurant

Ein auf Cosplay basierendes Restaurant/Café in dem die Kellnerinnen üblicherweise Dienstmädchen-Kostüme tragen und die Rolle der unterwürfigen Dienerin spielen, während der Gast der Gebieter ist.

Moe

Jap. 萌え. Abgeleitet von moeru (jap. 萌える), d.h. erblühen. Bezeichnet die jeweiligen individuellen Interessen eines Otaku, also die Aspekte eines Werks, bei dem sein Interesse erblüht. Das kann ein bestimmter Figurentyp, ein Zeichenstil oder auch ein bestimmtes Erzählmuster sein. Während man in der Populär-/Massenkultur versucht Werke zu produzieren, die ein möglichst großes Publikum, d.h. den Massengeschmack, ansprechen, eignen sich die in geringen Stückzahlen produzierten Dōjinshi dafür die sehr spezialisierten Interessen der Otaku zu befriedigen.
Gegenteil: nae(ru) (萎える), verwelken.

Lolicon

Jap. ロリコン. Kurz für Lolita Complex. Anfang der 80er in Mode gekommene Aniparo-Variante. Anders als bei Yaoi dienen hier keine schönen Jungs, sondern die jungen Heldinnen aus Zeichentrickfilmen als Vorlage. Lolicon-Dōjinshi waren anfangs nicht sexueller Natur, entwickelten sich aber schnell zur Grundlage für erotische Manga.
Der Lolita-Komplex bzw. die Fixierung auf zweidimensionale Phantasiefrauen ist eng mit dem Konzept des männlichen Otaku verbunden.

Otaku-Kultur

Jap. オタク文化. Bezeichnet Aniparo, Dōjinshi, Cosplay usw.

Otaku-Generation

Jap. オタク世代. Bezeichnet die Idee, dass die gesamte japanische Jugend aus Otaku bestehe. Anders als die vorhergehende Generation sei die Otaku-Generation mit den neuen Technologien wie Video, Computern usw. aufgewachsen und stelle als solche einen neuen Menschentypus (jap. 新人類) dar. Ähnlich wie Miyazaki Tsutomu hätten viele japanische Jugendliche immer weniger sozialen Umgang, der durch die Beschäftigung mit Computern ersetzt würde.

Otaku-Stamm

Jap. オタク族. Siehe Otaku-Generation.

Der Begriff wird in Shadowrun, einem Rollenspiel (auch zu finden im Shadowrun-Buch „Technobabel“ von Stephen Kenson), verwendet. In dem Spiel gibt es Kinder, die ohne Computer in die Matrix (weltweites Computernetzwerk) gehen können. Diese Kinder nennen sich Otaku und leben in Stämmen, versteckt in der Gesellschaft, um die Geheimnisse der Matrix zu ergründen.

Yaoi

Jap. やおい. Seit 1979 in Mode gekommene, früheste Form von Aniparo. Homoerotische Liebesgeschichten über männliche Figuren aus Zeichentrickfilmen. Sowohl die Autoren wie die Leser von Yaoi sind traditionell überwiegend weiblich.
Landläufig werden Yaoi Dōjinshi auch als Homo Manga bezeichnet.

Literatur

  • Michael Manfé: Otakismus. Mediale Subkultur und neue Lebensform - eine Spurensuche. transcript, Bielefeld 2005, ISBN 3-89942-313-5
  • Frederik L. Schodt: Otaku. In: Dreamland Japan: Writings on Modern Manga. Diane Pub Co., 1996, ISBN 0-756-75168-3 (englisch)
  • Sharon Kinsella: Amateur Manga Subculture and the Otaku Panic. In: Adult Manga: Culture and Power in Contemporary Japanese Society. University of Hawaii Press, 2000, S. 70-101, ISBN 0-824-82318-4 (englisch)

Video-Dokumentationen

  • Otaku (1995; Regie: Jean-Jacques Beineix) - in Deutschland bei ACOG als DVD erschienen
  • Otaku no Video von Studio GAINAX eine Mischung aus Anime über Otaku und Interviews mit Otaku

Media

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Magazin EX Taishū, Mai 2006
  2. Nomura Research Institute (野村總合研究所) (Hrsg.): Otaku Shijō no Kenkyū. Taiwan (Originaltitel: オタク市場の研究), ISBN 978-986-124-768-7. 

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